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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer
Autoren: Phoenixfluch
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sie einfach küssen musste, und zwar jetzt und hier. Er zog sie fordernd an sich, schmeckte ihren Mund und genoss den Hauch von Afri-Cola auf ihrer Zunge. Alles hätte er getan, um diese Nacht bei ihr bleiben zu dürfen. Sie seufzte leise in seinen Kuss hinein, ein Geräusch, das sein ganz persönliches Höllenfeuer eine gute Stunde zu früh in seinem Magen entzündete.
    Er drängte die Gedanken zurück und Andrea gegen die kalte Backsteinwand. Direkt an das blutrote Peace-Zeichen, das jemand dorthin gesprüht hatte.
    „Ich verstehe dich nicht, Samuel“, hauchte sie. Er spürte ihre Enttäuschung ebenso sehr wie ihre Erregung. „Man könnte meinen, dich erwartet eine Ehefrau zu Hause.“
    Nicht ganz. „Es gibt keine andere Frau, bitte glaub mir das.“
    „Beweise es mir! Bleib über Nacht. Oder nur endlich ein wenig länger. Morgen zeigen sie den ersten Teil dieser neuen Krimireihe im Fernsehen. Tatort. Alle wollen das schauen. Lass es uns zusammen ansehen, Samuel.“
    Er biss die Zähne zusammen. „So viel ist dir also dein Versprechen wert? Keine zwei Monate sind vergangen und schon reicht es dir nicht mehr, die Tage mit mir zu verbringen?“
    Andrea wurde ungeduldig. „Was haben wir schon von den Tagen? Du arbeitest bis vier oder fünf, hast danach ein paar wenige Stunden für mich und lässt mich wieder allein. Ist es so schwer zu verstehen, dass eine Frau sich nach mehr sehnt? Mein Gott, Samuel, wir müssen nicht gleich heiraten, aber so … so kann ich das nicht mehr!“
    Er griff sich wie nach Halt suchend in den Nacken. Wenn er ihr nur hätte sagen können, warum er ihr nicht geben konnte, wonach er sich ebenso sehnte. „Gib mir ein paar Tage, Andrea“, bat er und suchte erneut mit seinen Lippen die ihren.
    Resigniert seufzte sie und verwandelte seinen zärtlichen Kuss in einen voller Forderung und Verlangen.
    Vom Markt her schlug die Kirchturmuhr die neunte Stunde an. Jede einzelne schwebte, von einem tiefen Klang symbolisiert, an ihnen vorbei die Straße entlang. Vier Schläge, fünf, sechs … Jeder Schlag machte ihm schmerzhaft bewusst, dass seine letzte Stunde anbrach. Dass mal wieder sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Von denen gab es reichlich in seinem Leben. Sieben Schläge, acht …
    Er summte die Melodie des Westernfilms, den sie neulich im Kino in einer Sonntag-Nachmittagsvorstellung angesehen hatten, an ihre Haut und sie kicherte.
    Neun Schläge.
    Und dann ein Zehnter.
    Nein! Er fuhr herum. „Andrea, wie spät ist es?“
    Sie brauchte ihm nicht zu antworten. Als der graublaue Opel Admiral mit quietschenden Reifen um die Kurve geschlittert kam, wusste er, dass es zu spät war. Das Heck schleuderte auf der vereisten Fahrbahn herum, wie der Schwanz einer aufgebrachten Klapperschlange.
    Seinetwegen.
    Er stieß Andrea zur Seite, doch in Panik krallte sie sich an seinem Arm fest, trieb ihre Nägel in seine Handfläche und schrie auf. Ihre Augen, die so graublau wie der Wagen waren, weiteten sich vor Entsetzen. Ein zweiter, grober Stoß warf sie auf die Knie, keinen Meter von ihm entfernt. Er wollte zur Seite weichen, um sie zu retten, denn der Wagen würde ihm folgen, doch ihm blieb keine Zeit. Ein gewaltiger Schlag schmetterte ihn gegen die Wand. Knochen und Metall knirschten. Der Wagen presste ihn hüftabwärts gegen das Gemäuer. Dort, wo der Kotflügel seine Beine zerquetschte und scharfkantiges Metall sein Fleisch zerschnitt, fühlte er Kälte und heißes Blut. Ein bisschen Schmerz. Nachlassend, sein Unterleib und seine Beine wurden bereits taub. Es ging immer schnell für ihn. Nur selten tat es weh. Er konnte Andrea nicht mehr sehen. Dort, wo sie am Boden gekauert hatte, war jetzt das Heck des Wagens. Ein paar Blutspritzer über dem Peace-Zeichen machten ihm klar, dass Andrea dennoch nicht weit war. Entsetzen, Trauer und Schuld versanken in Finsternis. Sein Oberkörper sank langsam, fast gemächlich auf die Motorhaube nieder. Wärme, ja … Wärme. Sein Blick verschwamm. Er sah noch einen Moment in die Augen des Autofahrers, dessen Kopf friedlich auf dem Lenkrad ruhte. Der Blick war leer, nichts als Resignation, weil es vorbei war.
    Auch für ihn war es wieder einmal vorbei. Doch im Gegensatz zu Andrea und dem armen Kerl hinter dem Steuer würde er in acht Stunden erneut hier sein. Nackt, von Schmerzen gequält, die nicht annähernd ausreichen würden, seinen Fehler zu sühnen. Wissend,dass er durch seinen Fluch und seine Schuld seine Geliebte getötet hatte.
    Und dann starb er
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