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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman
Autoren: Eva Voeller
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festlegt, komme ich nicht so gut zurecht.«
    Martin trat hinter mich und küsste mich sacht auf den Hals.
    »Ich habe dir keine Marschroute festgelegt, sondern dich lediglich per Zettelnotiz gebeten, deine Dramaturgie zum Einsatz zu bringen.«
    »Eben. Ich war … nervös. Angespannt. Unter Druck.«
    »Was hast du gemacht?«, rief ich schrill.
    Martin umfing mich von hinten mit beiden Armen und drückte sich an mich. Sein Mund war unter meinem Ohrläppchen und dann in meinem Nacken. Seine wachsenden Zähne bohrten sich durch meine Haut, und seine Zunge tupfte mein Blut weg. Ich stöhnte unwillkürlich. Das hier war eindeutig eine Mischung, die nicht stimmte, aber an Explosivität nicht zu überbieten war. Ich war gleichzeitig außer mir vor Sorge – und ganz wild auf eine Zugabe von diesen netten Nackenbissen.
    »Lass das«, zischte ich über die Schulter.
    »Was?«, fragte Solveig.
    »Das, was immer du vorhast«, erklärte ich.
    »Nun, ich hab’s wohl leider schon getan. Ihm Martins Anschrift gesagt. Deswegen rufe ich auch an, damit du noch rechtzeitig Bescheid weißt.«
    »Du hast ihm … Nein!«, rief ich entsetzt. Ich rieb mir das Genick und drehte mich zu Martin um. »Sie hat’s getan. Sie hat’s wirklich getan!«
    Er war schon auf der Treppe nach oben. »Ich gehe packen. Hol du den Wagen aus der Garage. Ich habe noch ein Haus in Wiesbaden, da sind wir in einer Viertelstunde. Von da sehen wir weiter. Wir nehmen nur Kleidung, ein bisschen Blut und meinen Laptop mit. Der Rest bleibt hier.«
    »Luzie?«, tönte es aus der Leitung.
    Ich antwortete mit einem Zähneknirschen. »Wie konntest du nur?«
    »Ich musste. Er hat gesagt, du wärst in Gefahr, er sagte, du …«
    Ich trennte die Verbindung und schaltete das Handy aus. Dann marschierte ich in den Keller und von dort aus in die Garage. Während das Rolltor metallisch surrend nach oben glitt, verharrte ich plötzlich, die Nase witternd in die Luft gereckt. Während der letzten Schlafperiode war mein Geruchssinn vollständig zurückgekehrt.
    Da war …
    Nein, das war nicht möglich! Doch ich roch es so deutlich wie gestern. Blut, Verwesung, Fußsalbe.
    Wo steckte die alte Vettel? Wie kam sie überhaupt von Frankfurt in den Taunus? Und vor allen Dingen, wie war sie hier reingekommen?
    Blitzartig fiel mir ein, wie nachlässig ich heute bei Morgengrauen die Haustür zugeschoben hatte. Vermutlich war sie nicht richtig ins Schloss gefallen, was Frau Herberich ermöglicht haben musste, sich Zutritt ins Haus zu verschaffen, nachdem Martin und ich uns in die Gruft zurückgezogen hatten. Sie war durch den Keller in die Garage geschlichen und hatte sich dort verkrochen. Womit ihr Versteck ziemlich eingegrenzt war, denn außer Martins Wagen gab es hier nichts.
    Ich hatte es kaum gedacht, als sie auch schon unterm Auto hervorgerollt kam, aufsprang und wie ein Wiesel nach draußen flitzte. Doch sie kam nicht weit. Ich sah sie mit ihren großen, nackten Füßen über die gepflasterte Zufahrt schlittern und wie angewurzelt stehen bleiben. Dann schlug sie einen Haken und kam postwendend zurück in die Garage geschossen. Irgendetwas oder jemand draußen vor dem Haus musste ihr einen ziemlichen Schreck eingejagt haben.
    »Frau Herberich?«, rief Schimanski von draußen. Seine Schritte näherten sich der offenen Garage.
    Weiter denken konnte ich nicht, denn Frau Herberich stürzte sich mit rachsüchtig entblößtem, zahnlosem Kiefer auf mich wie eine Furie.
    »Du kleine Schlampe! Du Flittchen! Es ist bloß deine Schuld!«
    Sie packte mich beim Hals und begann, mich mit erstaunlicher Kraft zu würgen. Ihre grässlich gelben, gebogenen Krallen gruben sich in meine Haut, und ich geriet ernstlich in Atemnot. »Frau Herberich!«, krächzte ich. »Es tut mir leid! Die Sache im Aufzug, meine ich! Wir werden eine Lösung finden!«
    »Ich will keine Lösung! Es geht mir prächtig! Ich war noch nie so fit, und mein Rheuma ist auch weg! Aber du hast die Polizei auf mich gehetzt, du ungezogenes Luder! Dafür wirst du büßen!«
    Sie stieß mich zu Boden und warf sich auf mich.
    »Frau von Stratmann? Sind Sie auch hier drin?« Schimanski war in die Garage getreten; seine Umrisse hoben sich scharf vor dem abendlichen Himmel ab.
    Frau Herberich ließ mich los und sprang mit der Gelenkigkeit eines Kastenteufels aus dem Stand vier Meter weit, direkt in Schimanskis Richtung. Noch im Flug brachte sie von irgendwoher aus ihrem verlotterten, angeschmuddelten Strickkleid ein riesiges Messer zum
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