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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman
Autoren: Eva Voeller
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doch endlich anfing zu reden, kam alles in einem völlig konfusen Schwall heraus.
    »Ich sage es dir gleich, denn wenn du damit ein Problem hast, kannst du mich rausschmeißen, dann habe ich noch Zeit, zum nächsten U-Bahn-Schacht abzuhauen. Also, ich habe es nicht absichtlich gemacht. Das heißt, ich habe es schon absichtlich gemacht. Sie gebissen, meine ich. In der Nacht, als ich auch diesen Kerl im Keller gebissen habe. Aber die Herberich habe ich vorher gebissen, im Aufzug, es war wie ein Zwang, ich konnte leider nicht dagegen an. Das Problem war nur, sie hat mich zurückgebissen. Das meinte ich damit, dass es keine Absicht von mir war. Ich will sagen, es war keine Absicht von mir, dass sie mich gebissen hat. In die Hand. Ich habe geblutet. Das wäre an sich nicht schlimm. Ich meine, für meine Hand und so. Aber sie ist jetzt leider ein Vampir.« Ich schöpfte zitternd Luft. »Jetzt weißt du’s.«
    Er stand vor mir und schaute mich an. Seine Augen wirkten seltsam hell. »Ja, jetzt weiß ich’s.«
    »Nein«, widersprach ich sofort. »Das Schlimmste weißt du ja noch nicht. Sie hat Mehmet kaltgemacht, und zwei von ihren Fußpflegern hat sie auch umgebracht. Dann hat sie an Solveig rumgesaugt, weil die immer noch so werden will wie wir. Heute Nacht war die Polizei da, und einer von denen weiß jetzt, was ich bin, und ich habe keine Ahnung, ob er mich nicht doch noch einknasten will.«
    Erschöpft und niedergeschlagen stand ich da, die Arme an den Seiten herabhängend.
    »Es wird gleich Tag«, sagte er. »Wollen wir nicht in den Keller gehen? Dann kannst du mir alles noch einmal erzählen. Und zwar so, dass ich es auch verstehe.«
    Ich schüttelte eigensinnig den Kopf. »Du hast gesagt, dass du mich umbringst, wenn ich jemanden verwandle. Wenn du mir die Hände und Füße abhacken willst, verschwinde ich sofort.«
    Er runzelte die Stirn. »Du weißt von Lucias Ende?«
    Ich nickte krampfhaft und wich einen Schritt in Richtung Haustür zurück, als er auf mich zutrat. Ich drückte die Klinke nieder und öffnete die Tür einen Spalt, bereit, beim kleinsten Anzeichen dafür, dass er ein Hackbeil oder dergleichen zücken würde, die Flucht zu ergreifen.
    »Lucia«, sagte er bestürzt. Und dann war er bei mir und riss mich in seine Arme.
    »Bleib!« Er presste mich an sich und küsste mich wie ein Wahnsinniger – ich glaube, er biss mir sogar ein- oder zweimal in die Zunge, jedenfalls waren auch ein paar köstliche Tropfen Blut im Spiel – und stöhnte mir Liebesbeteuerungen ins Ohr.
    »Mein Mädchen. Meine Königin der Nacht. Meine wundervolle, zauberhafte Geliebte! Ich kann nicht mehr ohne dich sein!« Dann küsste er mich wieder, bis ich zu ertrinken glaubte. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie groß der Stein war, der mir vom Herzen fiel. Es war eher ein Fels. Ein Montblanc.
    Blieb natürlich immer noch die Möglichkeit, dass er mich bloß einwickeln wollte, damit ich weiterhin heißen Sex mit ihm hatte oder seinen beklagenswert unterentwickelten Sinn für Sauberkeit und Ordnung ausglich und ihm das Haus durchputzte.
    Doch um diesen Gedanken weiter zu vertiefen, war ich viel zu durcheinander. Meine Gefühle fuhren Achterbahn, und ich schluchzte und zitterte und lachte in seinen Armen, alles in allem nicht weit von einer Ohnmacht entfernt und völlig erschlagen von der Gewissheit, dass er mir jetzt doch nicht die Hände abhacken würde.
    Dafür las er mal wieder meine Gedanken.
    »Was denkst du von mir?« Entrüstet schob er mich ein wenig von sich, jedoch ohne seinen festen Griff zu lockern.
    »Du hast gesagt, du würdest …«
    »Erinnere dich genauer. Ich sagte, du würdest sterben. Damit wollte ich lediglich zum Ausdruck bringen, dass derjenige, der sich in Gefahr begibt, darin umkommen kann. Ich habe niemals damit sagen wollen, dass ich dich töten würde.«
    »Aber Lucia hast du getötet«, entfuhr es mir.
    Ein Schatten von Schmerz flog über sein Gesicht. »Das war das Schlimmste und Schwerste, was ich je in meinem Leben tun musste, Gott sei mein Zeuge!«
    Und dann erfuhr ich endlich die volle Wahrheit.
    »Sie war ein weltfremdes kleines Ding, völlig verstrickt in ihren religiösen Fanatismus. Sie meinte, die Gabe sei ihr von Gott verliehen, um die Soldaten zu retten.«
    »Du hast dich mit ihr darüber unterhalten?«
    Er nickte. »Nach meiner Verwandlung versteckte ich mich in einem verlassenen Bauernhof. Als es mir nach einer Weile wieder besser ging, suchte ich sie und sprach mit ihr. Sie schlief
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