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Being

Titel: Being
Autoren: dtv
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dünnflüssigen braunen Masse.
    Verschmiert mit irgendetwas.
    Mit irgendetwas von mir.
    Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Der stämmige Typ an der Tür bewegte sich jetzt auf mich zu und zog eine Pistole aus der Innenseite seiner Jacke. Er war riesig – breit und schwer –, mit einem Schädel wie ein Stier und scharfen kleinen Augen. Einen Moment sah ich ihn an und fragte mich, wie sich ein so schwergewichtiger Mann derart schnell bewegen könne, dann – ohne den Blick von ihm zu wenden – stieß ich die Pistole gegen Ryans Kopf.
    »Stehen bleiben«, sagte ich, »oder ich bring ihn um.«
    Der Riese zögerte einen Moment, dann blieb er stehen. Er hatte |31| den Raum halb durchquert.
    »Waffe fallen lassen«, befahl ich ihm.
    Er sah Ryan an.
    »Tu, was er sagt, Cooper«, wies Ryan ihn an.
    Der Riese behielt mich die ganze Zeit im Auge, während er sich bückte und die Waffe auf den Boden legte.
    »Umdrehen«, befahl ich ihm. »Und an die Wand stellen.«
    Meine Stimme klang fremd. Trocken und schwach, ein krächziges Geflüster. Und die Worte –
stehen bleiben oder ich bring ihn um … Waffe fallen lassen … umdrehen … an die Wand stellen –
sie klangen lächerlich. Wie aus einem albernen Spionagefilm. Ich konnte nicht glauben, was ich sagte.
    Nichts von alldem konnte ich glauben.
    Es konnte nicht real sein. Diese Leute konnten nicht real sein. Reale Leute machen so was nicht. Reale Leute tragen keine Waffen. Reale Leute tun solche Dinge einfach nicht. Nie und nimmer. Und was war mit mir? Wieso tat ich so was? Wieso saß ich hier auf einer Krankenhausliege, ganz nackt und blutig, mit aufgeschnittenem Bauch und einer Waffe in der Hand?
    Wie sollte irgendetwas davon real sein?
    Ich warf einen Blick hinab auf meinen wüst zugerichteten Bauch und wusste: Es ist real.
    Es schmerzte.
    Schmerz ist real.
    Ich musste raus hier.
    »Los«, sagte ich zu Casing, »Waffe aufheben und her damit.«
    Er erstarrte für einen Moment, seine Augen zuckten vor Angst, dann beugte er sich langsam hinab, hob Coopers Waffe auf und reichte sie mir vorsichtig.
    |32| »Da rüber«, befahl ich ihm und deutete mit der Waffe zur gegenüberliegenden Wand. »Weg von der Tür. Gesicht an die Wand.«
    Ich wartete, bis er sich zur Wand gedreht hatte, dann richtete ich meine Aufmerksamkeit auf Ryan. Die ganze Zeit hatte er sich nicht gerührt. Er stand nur da – kontrolliert und streng –, die Augen ständig auf mich gerichtet. Ich hielt ihm die Pistole noch immer an den Kopf und jetzt zielte ich mit Coopers Waffe vage in Richtung seines Bauchs, doch es schien ihn nicht nervös zu machen.
    Er sah mich nur an.
    Und ich sah ihn an.
    Dann sprach er.
    »Robert«, sagte er langsam und ruhig. »Ich werde jetzt die O P-Maske abnehmen. Ist das okay?«
    Ich nickte.
    Vorsichtig fasste er nach oben, senkte die Maske von seinem Mund und zeigte ein glattes, selbstsicheres Lächeln. Es überraschte mich nicht. Ohne die Maske sah er so aus, wie er war. Ich wusste nicht, wie er war, doch er wirkte wie einer, der niemals aufgab. Hart. Groß. Er war nicht
groß
und trotzdem war er groß. Groß wie eine glänzende schwarze Wand.
    »Warum nimmst du nicht die Waffen runter, Robert?«, sagte er. »Nimm sie runter, dann können wir reden.«
    »Klappe«, sagte ich.
    Er zog eine makellose Braue hoch, dann senkte er sie wieder. »Was bist du?«
    Ich sah über den Pistolenlauf hinweg in seine Augen. Sie waren silbern, wie silberne Monde. Oder nagelneue Geldstücke.
    |33| Der Raum war weiß.
    Die Pistole war schwarz.
    Meine Finger lagen bleich auf dem Abzug.
    »Was
bist
du?«, fragte er wieder.

    Das ist die Frage.
    Das
ist
die Frage.

    Als ich Ryan sagte, er solle die Klappe halten und sich auf den Boden legen, rührte er sich eine Weile nicht, sondern stand nur da und starrte mir in die Augen. Er schaute nicht auf die Pistole in meiner Hand, doch ich wusste, er überlegte, was ich wohl tun würde, wenn er versuchte, sie sich zu schnappen. Würde ich abdrücken? Würde ich ihn erschießen? Könnte ich es?
    Er wusste, dass ich dazu imstande war.
    Er sah es mir an.
    Es lag in mir.
    Mit einem leichten Kopfnicken ließ er sich langsam auf den Boden nieder.
    »Gesicht nach unten«, befahl ich ihm. »Hände ausgestreckt zur Seite.«
    Er tat, was ich sagte.
    Während ich mit beiden Pistolen auf seinen Kopf zielte, warf ich einen Blick zu dem Anästhesisten hinter mir. Er trug einen losen grünen Kittel mit V-Ausschnitt über einem dünnen weißen T-Shirt . In seinen
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