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Being

Titel: Being
Autoren: dtv
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Einer Art Vorraum vielleicht … was immer das sein mag. Ein sehr kleiner Ort, mit Maschinen vollgestellt und von stummer Hektik erfüllt. Voller Geräte, Ärzte, Schwestern, Krankenbetten. Monitore, Instrumente, Flaschen, Schläuche.
    Die Geräte summten und surrten.
    Die Ärzte und Schwestern murmelten leise.
    Es war ein Ort klaren Selbstvertrauens, Gefühle hatten hier keinen Platz. Jeder wusste genau, was er tat. Jeder außer mir.
    Die Luft roch nach Metall und sauberen Händen.
    Aus einer schmalen Öffnung am anderen Ende des Gangs leuchtete unter dem Schein eines verborgenen Lichts ein Dunkel auf. Unvertraute Geräusche drangen daraus hervor und ich wusste, dort kam ich hinein.
    In das Dunkel.

    |9| Es passierte so schnell.
    So schnell, so endgültig.

    »Leg dich bitte auf die Liege.«
    Ich kam mir wirklich unbeholfen vor, als ich auf die Liege stieg. Ich fühlte mich dumm, ungeschickt und hilflos.
    Ich stieg drauf.
    Ich setzte mich.
    Ich legte mich hin.
    Jetzt lag ich auf dem Rücken und starrte nach oben zu einer Neonröhre an der Decke. Das Licht wirkte steril, durchdringend.
    Ich blinzelte.
    Schluckte.
    Wartete.
    Nichts geschah.
    Als ich den Kopf hob und mich umsah, entdeckte ich einen Mann in grünem Kittel, der eine Spritze aus ihrer sterilen Verpackung befreite. Wahrscheinlich Dr. Andrews. Er legte die Spritze auf eine Arbeitsplatte aus mattem Metall. Sie bewegte sich ein bisschen. Er hielt sie fest. Er sagte etwas zu einer Schwester. (Was sagte er?) Sie nickte und wandte sich ab. Irgendwo hinter mir summte jemand eine Melodie –
hmm, hmm, hmm.
Schuhe scharrten leise über den weiß gefliesten Boden.
    Mein Nacken war steif.
    Eine Schwester kam herüber und legte mir eine Manschette zum Blutdruckmessen um den Arm. Sie schaute auf den Monitor und las ein paar Zahlen ab.
    Dr. Andrews sagte etwas zu ihr.
    Sie nickte wieder.
    |10| Sie bat mich, den Mund zu öffnen.
    Ich öffnete den Mund.
    Sie sagte, sie würde mir zur Betäubung etwas hinten in den Rachen sprühen. »Tut nicht weh«, sagte sie. »Du darfst nur weder atmen noch schlucken, solange ich spraye.«
    Ich nickte.
    Sie sprühte.
    Es fühlte sich kalt an.
    »Jetzt kannst du schlucken«, sagte sie.
    Meine Kehle fühlte sich taub an und es war schwierig zu schlucken, doch ich schluckte, so gut ich konnte.
    Dr. Andrews hatte jetzt eine Nadel in der Hand. Eine kurze Nadel, an der ein kleines Plastikteil befestigt war. Er trat neben mich und nahm meinen Arm.
    »Okay?«, sagte er.
    »Mh-hmm.«
    Vorsichtig rieb er meinen Handrücken, betrachtete ihn und suchte nach einer Vene. Sprach. Rieb. Sprach …
    Er sprach mit mir.
    »… nur ein ganz leichtes Anästhetikum, Robert, eigentlich eher ein Beruhigungsmittel. Vielleicht verlierst du das Bewusstsein, aber mach dir keine Sorgen, wenn nicht. Es ist nicht unüblich, dass man während der ganzen Untersuchung bei Bewusstsein bleibt.«
    Ich bemühte mich zuzuhören, während er den Rest der Prozedur erklärte, aber irgendwie konnte ich mich nicht konzentrieren. Ich war unsicher und es blockierte mich zu wissen, dass ich zuhören
sollte
. Als er weiterredete, mit ruhiger, überzeugter Stimme, merkte ich, dass meine Empfindlichkeit gegenüber jeder Berührung |11| unnatürlich gestiegen war. Ich spürte alles – die Entschlossenheit seiner Finger auf meinem Handrücken, das gepolsterte Metall der Krankenhausliege, die getrocknete Spucke, die in meinen Mundwinkeln klebte. Das Einzige, was ich nicht spürte, war der hintere Teil meiner Kehle.
    »Okay?«, fragte der Arzt.
    »Mh-hmm.«
    Ich sah genau hin, als er die Nadel in die aus dem Handrücken hervortretende Vene stach.
    Ping
– ein leichter Schmerz, spitz und blank.
    Für einen Moment schloss ich die Augen, dann öffnete ich sie wieder. Der Arzt hielt jetzt die Spritze selbst in der Hand. Betrachtete sie, prüfte sie. Sie wirkte so klein. Ein winziges Kunststoffröhrchen mit einer fast durchsichtigen Flüssigkeit drin …
    Ich fragte mich, wie das ging. Ein Kunststoffröhrchen mit einer fast durchsichtigen Flüssigkeit drin … wie funktionierte das? Wie bewirkte es das, was es bewirken sollte? Was war in der Spritze drin? War der Inhalt vorgefüllt? Ich hatte den Arzt die Spritze nicht aufziehen sehen. Oder doch? Ich wusste es nicht.
    Abwesend, als ob er das schon tausendmal getan hätte, machte er etwas mit der Spritze – schüttelte sie, klopfte dagegen, schwenkte sie zwischen den Fingern hin und her. Ich überlegte, warum Nadel und Spritze getrennt sein
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