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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord
Autoren: Léo Malet
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muffig, weil die Fenster geschlossen waren. Ich zog mein Jackett aus
und warf es über einen Stuhl. Als ich zum Fenster ging, um es zu öffnen und die
kühle Nachtluft hereinzulassen, klingelte das Telefon. Ich ging an den Apparat.
    „Hier Salomon“, meldete sich mein
Freund, der jüdische Juwelier. „Hören Sie, Burma, ich bin früher als vorgesehen
mit meiner Arbeit fertiggeworden und hatte schon Zeit, mir Ihre Ware anzusehen.
Gute Arbeit, wie gesagt, künstlerisch wertvoll und alles, aber leider sind die
Ohrclips nicht echt. Sie sind hereingelegt worden, Burma.“
    „Nein, nicht ich. So was Ähnliches hab
ich mir schon gedacht. Gute Nacht, Salomon.“
    Ich legte auf. In diesem Augenblick
hörte ich die goldene Stimme der engelgleichen Angela.
    „Hände hoch!“ befahl sie mir.
    Ich gehorchte. Sie hielt meinen
Revolver in der Hand, den sie aus meiner Jacke geklaut hatte. Müde sah ich sie
an, ohne etwas zu sagen. So standen wir eine Ewigkeit lang mitten im Raum.
Unten auf der Straße knatterte ein Moped vorbei. Der Schmuck auf dem Tisch
funkelte im Lampenlicht. Er erinnerte mich an einen jener Tierkadaver, die man
manchmal auf dem Lande am Wegesrand entdeckt und auf denen es von emsigen,
grünlich schimmernden Fliegen nur so wimmelt.

11

Die letzte Leiche
     
     
    „Dann ist es also soweit!“ stellte ich
fest. „So was Ähnliches hab ich erwartet. Daß aber ein Revolver mit von der
Partie sein würde, hätte ich nicht gedacht. Und dann noch meiner!“
    „Wenn Sie damit andeuten wollen, daß
ich nicht vorbereitet war, dann irren Sie sich gewaltig!“ erwiderte Angela.
„Ich habe noch einen anderen in meiner Tasche. Aber besser, ich benutze Ihren.
Der sieht leistungsfähiger aus.“
    „Natürlich. Und daß Sie gut
vorbereitet sind, weiß ich verdammt gut. Seit ich Ihnen mit meinem Telefonanruf
in Cannes den Floh ins Ohr gesetzt habe, hängen Sie wie eine Klette an mir. Oh,
ich weiß! Sie werden mir entgegenhalten, daß ich Ihnen die Überwachung
erleichtert habe, indem ich zu Ihnen gezogen bin. Vielleicht. Andererseits
hatte ich aber so die Gelegenheit, aus der Nähe festzustellen, mit welchem
Interesse Sie jeden meiner Schritte verfolgten. So als wollten Sie unbedingt
dabeisein, wenn ich den Schatz ausgraben würde. Und warum wohl? Weil Sie sich
dazwischenwerfen wollten, zwischen mich und die Beute. Nun, der Augenblick ist
gekommen... Dann waren Sie also ebenfalls hinter dem Schmuck her, nicht wahr?
Das Blöde daran ist, daß die Steinchen falsch sind! Jedenfalls sind es die
beiden Proben, die ein Experte untersucht hat. Und wenn die Clips falsch sind,
dann ist es der Rest logischerweise ebenfalls.“
    „Nein“, sagte sie nicht übermäßig
überzeugt.
    „Doch, und Sie wissen das ganz genau.“
    „Unwichtig! Falsch oder nicht, ich
will den Schmuck haben.“
    „Warum?“
    „Nur so.“
    „Nur so! Daß ich nicht lache! Ich
werde Ihnen sagen, warum Sie ihn haben wollen: Damit ich ihn nicht der
Versicherungsgesellschaft aushändigen kann! Denn es ist Ihnen schnurzegal, ob
ich die falschen Klunker habe oder nicht. Was Sie jedoch verhindern wollen,
ist, daß die Gesellschaft sie zu Gesicht bekommt. Und warum? Weil Sie keine
gewöhnliche Diebin sind, die sich das Hab und Gut anderer Leute aneignen will.
Nein, Sie wollen das Ansehen Ihrer Gönnerin schützen. Deren Ansehen würde
nämlich einen empfindlichen Schlag erleiden — von den juristischen Folgen mal
ganz zu schweigen — , wenn herauskäme, daß Madame Alderton die Reliance betrogen hat. Denn darum geht es! Was sich vor zwei Jahren in den Vier
Pinien abgespielt hat, war nie und nimmer ein Diebstahl, jedenfalls nicht
im üblichen Sinn, sondern eine Komödie, die Madame Alderton inszeniert und für
die sich der ihr ergebene Dubaille hergegeben hat. Wie sagten Sie noch? Ein
netter Kerl! Ja, das muß er wohl gewesen sein. Er wußte, daß er als Dieb
dastehen würde, wenn der ,Diebstahl’ bekannt würde. Er hat sich sozusagen
geopfert, und das ist um so mehr das richtige Wort, da er Dolguet
& Co. in die Hände fiel. Ein Programmpunkt, der im Drehbuch nicht
vorgesehen war. Komödie! Tragödie! Versicherungsbetrug! Weil ich so etwas in
der Art gerochen habe, habe ich die beiden Ohrclips von einem Experten
untersuchen lassen. Und siehe da... Aber sagen Sie, könnte ich vielleicht meine
Arme wieder herunternehmen?“
    „Wenn Sie wollen.“
    Ich wollte.
    „Danke. Und was haben Sie jetzt vor?“
    „Madame Alderton hat mich aus der Gosse
geholt“,
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