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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord
Autoren: Léo Malet
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Aufklärung
nach.
    „Wie sind Sie auf die Sache mit dem
Versicherungsbetrug gekommen?“ fragte sie, als ich ihre Wissenslücken
geschlossen hatte.
    „Durch ein paar winzige Details, die
mir übrigens erst aufgefallen sind, nachdem Angela mit uns Kontakt aufgenommen
hatte. Als sie sich nicht abschütteln ließ und sie mir auf Schritt und Tritt
folgen wollte, habe ich Verdacht geschöpft. Da haben diese winzigen Details
plötzlich an Bedeutung gewonnen. Viele sind es übrigens nicht. Genau gesagt:
zwei. Erstens: Dubaille. Er hatte als bevorzugter Dauergast in der Villa Vier
Pinien keinerlei Interesse daran, die Juwelen zu klauen. Zweitens: Madame
Aldertons Nervosität während ihrer Abendgesellschaft.“
    „Waren Sie dabei?“
    „Nein. Aber den Privatfilm, den Marcel
gedreht hatte, den hab ich gesehen. Mutter Aldertons perfektes inneres
Gleichgewicht ist sprichwörtlich. Aber auf dem Film zeigt sie sich
seltsamerweise von ihrer nervösen Seite. Das wäre am Tag nach dem Diebstahl
verständlich gewesen, aber nicht am Abend davor. Außerdem gibt es in dem kurzen
Film eine Szene, in der Dubaille seine Geliebte zu beruhigen scheint. Ich habe
mir gesagt, daß die gnädige Frau deshalb nervös war, weil sie wußte, daß etwas
Schlimmes passieren würde, etwas sehr Riskantes. Kurz, ich habe mich gefragt,
ob sie nicht beide — Liebhaber und Geliebte — unter einer Decke steckten, nicht
nur unter einer Bettdecke. Mit anderen Worten: ob der Diebstahl nicht vom Opfer
selbst inszeniert worden war. Davon ausgehend, drängte sich mir die nächste
Frage auf: Warum ließ sich die Besitzerin der Juwelen ihren Besitz stehlen?
Antwort: weil sie in die Schlagzeilen kommen... oder weil sie an Geld kommen
wollte. Der zweite Grund mußte wohl der wahre sein. Aber... Wenn sie Geld
brauchte, warum hat sie dann nicht einen Teil des Schmucks zu Geld gemacht?“
    „Ja, warum nicht?“
    „Aber ganz einfach, Hélène, weil
dieser Schmuck nicht mehr zu Geld gemacht werden konnte. Und er konnte nicht
mehr zu Geld gemacht werden, weil er bereits zu Geld gemacht worden war, ganz
heimlich, still und leise! Übriggeblieben waren nur die Imitationen. Das alles
war natürlich zuerst nur reine Vermutung. Um mir Gewißheit zu verschaffen,
mußte ich den Schmuck, den Dolguet so gut versteckt hatte, finden und einem
Experten zur Untersuchung vorlegen. Wenn die Juwelen echt waren, lag ein
Diebstahl vor, und Angela wich nicht von meiner Seite, weil sie sich selbst die
Beute unter den Nagel reißen wollte. Waren die Juwelen aber falsch, dann war das
der Beweis für einen Versicherungsbetrug, und Angela wollte mich unbedingt
daran hindern, das Corpus delicti der Versicherungsgesellschaft auszuhändigen.
Was sie ja auch tatsächlich versucht hat, allerdings mit mäßigem Erfolg. Aber
was soil’s? Sie hat mich mit meiner eigenen Waffe bedroht, doch ich bin ihr
deswegen nicht böse. Sehen Sie, Hélène, was immer man auch über die alte
Alderton denken mag, mir ist es lieber, daß Angela aus Zuneigung und
Ergebenheit so gehandelt hat. Im Laufe dieses Abenteuers sind mir soviele
Schweine über den Weg gelaufen...“
    „Apropos... Wie kam es, daß Vivonnet
bei Ihnen hereingeschneit ist, einfach so, und das genau im richtigen
Augenblick?“
    „Davon überzeugt, daß ich ‘ne Menge
wußte und ihn früher oder später zum Versteck der Beute führen würde, muß er
wohl jemanden auf mich angesetzt haben. Als ich Mittwochabend aus den
Fernsehstudios am Buttes kam, hatte ich so ein Gefühl, daß ich verfolgt würde.
Ich hab zwar niemanden bemerkt, bin aber trotzdem auf Umwegen zu Salomon
gefahren und hab so meine Verfolger abgehängt. Aber sie hatten mich mit einer
Aktentasche, die ich vorher nicht bei mir gehabt hatte, aus dem Studio kommen
sehen. Diese Beobachtung müssen sie an Vivonnet weitergegeben haben, und der
ist dann bei mir hereingeplatzt. Nicht ganz so zufällig, aber genau im
richtigen Augenblick.“
    Im richtigen Augenblick, ja: als sein
letztes Stündlein schlug.
     
    * * *
     
    Am nächsten Tag ging es Angela schon
sehr viel besser, und am übernächsten war sie wieder so gut wie hergestellt.
Dennoch blieb Hélène sicherheitshalber bei ihr, um Krankenwache zu halten. Von
Zeit zu Zeit gab sie mir telefonisch den Krankenbericht durch.
    Am Sonntag fuhr ich auf einen Sprung
in der Rue d’Alboni vorbei.
    „Sie kommen wie gerufen“, sagte Hélène
ganz aufgeregt. „Angela telefoniert gerade. Man hat sie aus Cannes angerufen.
Soweit ich verstanden
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