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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord
Autoren: Léo Malet
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Unten pfui!
     
     
    Jung und hübsch, elegant und blond,
ausgestattet mit allem, was nötig ist, um sich auf einen Stuhl zu setzen und
gegebenenfalls einen Säugling zu stillen: Das war Françoise Pellerin, von Beruf
Fernsehansagerin. An jenem Frühlingsnachmittag Ende März jedoch arbeitete sie
nicht. Sie saß im Besuchersessel meines Büros in der Rue des Petits-Champs und
erzählte mir ein wenig verlegen, daß ein übelgesinnter Zeitgenosse sie zu allen
möglichen und unmöglichen Tageszeiten anrufe und ihr drohe, sie zu ermorden.
Einfach so! Darum habe sie sich ein Herz gefaßt und sei zu mir gekommen, um
mich zu bitten, sie zu beschützen. Ich gewährte ihr die Bitte und stellte ihr
die üblichen Fragen: Ob sie ihren Feind kenne? Nein. Ob sie glaube, daß der
Anrufer unter ihren Berufskollegen zu suchen sei? Wahrscheinlich, obwohl sie
keinen Grund habe, sich über ihre Kollegen zu beklagen... und umgekehrt. Ob sie
mit jemandem über die Morddrohungen gesprochen habe?
    „Oh, nein, Monsieur Burma! „ seufzte
sie. „Nein, ich... Ich habe zu große Angst... zu große Angst...“
    Und plötzlich stand ihr die Angst
tatsächlich im Gesicht geschrieben. So als hätte sie sich soeben daran
erinnert, daß man in solchen Fällen ein entsprechendes Gesicht machen müsse.
    So als hätte das Wort „Angst“ einen
bestimmten Mechanismus ausgelöst...
    „Hören Sie“, sagte ich, so als hätte
ich nichts bemerkt, „meiner Ansicht nach handelt es sich um einen kleinen
Witzbold, der sich mit Ihnen einen Spaß erlauben will. Aber man kann nie
wissen... Es war richtig, daß Sie zu mir gekommen sind. Übrigens, wie sind Sie
ausgerechnet auf mich verfallen? Hat Ihnen jemand etwas von meinen Talenten
vorgeschwärmt?“
    Diese Frage traf sie unvorbereitet.
Sie fing an herumzustottern, doch dann fiel ihr Blick aufs Telefon.
    „Oh, ich habe im Branchenverzeichnis
nachgesehen“, sagte sie.
    „Ach ja, natürlich“, murmelte ich und
nickte verständnisvoll wie kein zweiter. „Und unter dem guten Dutzend
Privatflics, die in Paris herumlaufen, haben Sie mich ausgewählt... wegen des
Fernsehens.“ Sie sah mich aus großen, runden Augen an. „Aber ja! Begreifen Sie
denn nicht? Ein bekannter Fernsehregisseur heißt Barma... Barma-Burma...“ Ich
bewegte meine Hände wie zwei Waagschalen. „Barma-Burma... Das hat Sie
beeinflußt.“
    „Genau!“ rief sie, erleichtert über
die goldene Brücke, die ich ihr soeben gebaut hatte. „Na ja... So ungefähr muß
es gewesen sein“, verbesserte sie sich, um einen nicht zu erleichterten
Eindruck zu machen. „Barma... Burma... Ich habe meine Wahl wohl unbewußt
getroffen.“
    „Na klar! Jetzt verstehen Sie, wie’s
abgelaufen ist, nicht wahr? Sehen Sie, vor einem Monat habe ich einen Gangster
geschnappt. Unabsichtlich sozusagen, muß ich Ihnen gestehen, auch wenn die Presse
mir einen Lorbeerkranz geflochten hat. Das Ganze hört sich an wie eine
Geschichte zweier Besoffener. Wir standen zusammen in einem Bistro bei den
Hallen, Mairingaud und ich. So hieß nämlich der Gangster.
Mairingaud-die-Meringe. Haben uns in die Wolle gekriegt, sogar aufeinander
geschossen — er hat angefangen! — , die Polizeistreife rückt an... und stellt
fest, daß dieser Mairingaud ein ausgezeichneter Fang ist. Mein Freund Marc
Covet, ein Journalist vom Crépuscule ... Kennen Sie ihn vielleicht? Nein?
Na, macht nichts, da haben Sie nichts verpaßt... Also, Marc Covet vom Crépu hat mir prophezeit, daß die Klienten nach dieser Heldentat haufenweise in meine
Agentur strömen würden. Seitdem hat sich aber kein einziger hier blicken
lassen. Sie sind die erste, und Ihr Besuch hat nichts mit meiner ,Heldentat’ zu
tun. Eine bloße Namensähnlichkeit hat den Ausschlag gegeben... Aber kommen wir
wieder auf Ihren Fall zurück. Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Natürlich
kann ich nicht Tag und Nacht an Ihnen kleben; aber ein paar Tage könnte ich
mich in Ihrer Umgebung aufhalten und unauffällig meine Nachforschungen
anstellen. Wäre es möglich, daß ich Sie an Ihren Arbeitsplatz begleite?“
    „Ganz bestimmt.“
    „Im Moment bin ich in den Studios am
Parc des Buttes-Chaumont. Heute ist mein freier Tag, aber morgen nachmittag bin
ich wieder draußen am Buttes.“
    „Gut. Ich werde auch dort sein.“
    „Wissen Sie, die Studios, das ist eine
Welt für sich. Sie müssen nur die Telefonistin unten an der großen Treppe nach
mir fragen.“
    „Mach ich.“
    Nachdem wir noch die delikate
Honorarfrage geklärt
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