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Begehrter Feind

Begehrter Feind

Titel: Begehrter Feind
Autoren: Catherine Kean
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ebenfalls.« Ohne etwas auf ihren perplexen Ausdruck zu geben, strich er ihr mit den Fingerspitzen über eine Wange.
    Ein lauter Ruf ertönte vor dem Stall.
    »Nein!«, flüsterte sie und wandte den Kopf ab, so dass seine Hand auf ihre Schulter fiel, bevor Gisela sich hochrappelte.
    Dominic erhob sich auch und fühlte nach dem Messer in seinem Stiefel, dessen Lederscheide sich gegen seine Wade drückte. Sollte tatsächlich Gefahr drohen, könnte er sie beide wenigstens beschützen.
    Gisela war bereits mehrere Schritte zurückgewichen und stand mit geballten Fäusten da. Bei Gott, was würde er darum geben, wenn sie ihm nur vertraute! Könnte er ihr doch bloß beweisen, dass er immer noch der Mann war, den sie vor langer Zeit gekannt hatte.
    Vielleicht konnte er …
    Er griff in seinen Nacken, strich sein Haar beiseite und wand das dünne Lederband auf, das er seit dem Tag ihrer Trennung trug. Vorsichtig zog er die Kette unter seiner Kleidung hervor.
    »Hier«, sagte er und hielt sie ihr hin. Der weiße Anhänger blinkte im Sonnenlicht, das durch die Wandritzen hereinfiel.
    Als sie die Kette nahm, näherten sich Schritte im Stroh. Zwei Männer kamen um die Heuballen herum: der Bäcker nebst dem Helfer des Schmieds, dessen breite Schultern und kräftige Oberarme ihn als einen Mann von beachtlicher Kraft auswiesen. Der Bäcker hielt Dominics Stock in der rechten Hand.
    Dominic behagte die Situation nicht, zumal ihn beide Männer sehr verärgert ansahen.
    Er bürstete sich das Stroh vom Mantel, um den Blick der beiden zu meiden.
    Der Bäcker wandte sich zu Gisela, die die Kette in ihrer Faust verbarg, und ein Ausdruck echter Zuneigung trat auf seine Züge. Das war der Blick eines Witwers, der sich Hoffnung machte, eine Frau umwerben zu dürfen.
    Dominics Magen krampfte sich zusammen.
    »Geht es dir gut, Anne?«, fragte der Bäcker.
    Sie strich sich eine Locke hinters Ohr und nickte. »Ja, danke, mir geht es gut.«
    »So siehst du nicht aus.« Er zeigte auf Dominic. »Ich sah, wie er dir nachlief. Muss schon sagen, war ein recht denkwürdiges Bild. Eben noch humpelte er, dann ließ er den Stock fallen und rannte los.«
    Dominic rang sich ein Lachen ab. Er sollte sich dringend eine Erklärung einfallen lassen, bevor das hier zu einer handfesten Prügelei eskalierte. »Mein guter Mann …«
    »Hätte ich geahnt, dass du kein verkrüppelter Bettler, sondern ein verschlagener Halunke bist, hätte ich dir keinen Krümel gegeben!«, unterbrach der Bäcker ihn gereizt.
    Dominic errötete schuldbewusst. »Es war äußerst freundlich von dir, mir Brot zu geben – wirklich sehr großzügig. Und ich werde auch dafür bezahlen.«
    Der Bäcker schnaubte. »Und ob du wirst! Du weißt es vielleicht nicht, aber Seine Lordschaft, Geoffrey de Lanceau, duldet keine Diebe auf seinem Land.«
    Dominics Mundwinkel zuckten. Als Geoffreys engster Freund kannte er die Einstellung Seiner Lordschaft besser als sonst jemand. Er hatte Seite an Seite mit Geoffrey auf dem Kreuzzug gekämpft, ihm geholfen, sich von den tödlichen Wunden zu erholen, die ihm die Sarazenen zugefügt hatten, und ihn bei der Suche nach den Mördern seines Vaters unterstützt. Dominic wollte schwören, dass einzig Geoffreys Frau Elizabeth ihn besser kannte als er.
    Dominics Stolz drohte seine Entschlossenheit, ernst zu bleiben, zu untergraben. Geoffrey befehligte viele Ritter und Waffenknechte, von denen er einen hätte auswählen können, um die gestohlene Schiffsladung Tuch aufzustöbern. Aber er hatte Dominic mit der Aufgabe betraut, was nicht bloß sein enormes Vertrauen in dessen Fähigkeiten bewies, sondern auch, dass er sich auf ihre Freundschaft verließ.
    Dominic hob beide Hände und sah erst den Bäcker, dann den Schmiedegesellen an. »Hört zu, ich wollte weder euch noch euren Herrn beleidigen. Meine Verkleidung war nötig, um die Knappen zu täuschen, die mich auszurauben versuchten. Wenn ich erklären dürfte …«
    Fluchend schleuderte der Bäcker den Stock zu Boden, der vor Dominics Füßen landete.
    »Ich hatte gehofft, die Sache ohne Kampf zu regeln«, murmelte Dominic, der, noch während er die Worte aussprach, merkte, dass eine gütliche Regelung wohl nicht in Frage kam.
    »Bitte«, Gisela berührte den Arm des Bäckers, »es ist nichts passiert. Ich möchte nicht, dass jemand verletzt wird.«
    Der Bäcker nickte zur Stalltür. »Geh lieber, Anne!«
    Doch sie schüttelte den Kopf. »Nicht, ehe ich weiß, dass dieser Streit beigelegt ist.«
    Sorgenfalten
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