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Begehrter Feind

Begehrter Feind

Titel: Begehrter Feind
Autoren: Catherine Kean
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gekommen war. Manche behaupteten, Landstreicher steckten dahinter, andere beschuldigten die reichen Kaufleute wie den Franzosen Varden Crenardieu, Diebe anzuheuern, um sich Macht zu verschaffen.
    Vor wenigen Wochen erst waren sie beim Töpfer eingebrochen, hatten seinen Ton ruiniert und das Geschirr zerschlagen. Der Töpfer, ein guter Freund des Bäckers, hatte geschimpft, es würde ihn zwei Monatseinkünfte kosten, alles wieder zu reparieren. Das könnte ein guter Grund sein, weshalb der Bäcker misstrauisch gegenüber einem Mann wurde, der sich als Bettler verkleidete.
    Auf jeden Fall hatten sich die beiden Männer höchst bedrohlich verhalten.
    Ein schriller Schrei, gefolgt von Lachen, drang aus dem hinteren Zimmer und erinnerte Gisela daran, dass Ewan auf sie wartete – und auf das Brot, das sie ihm zum Abendessen mitbrachte. Sie ging zum Arbeitstisch, wo sie den Laib ablegte. Ohne die Faust zu öffnen, in der sie die Kette hielt, zog sie sich den Umhang aus und hängte ihn an den Haken neben der Tür.
    Als sie bereits die Hand auf der Türklinke hatte, hielt sie inne. Was, wenn die Männer Dominic ernstlich verletzt hatten?
    Wenn er ohnmächtig und blutend auf dem Stallboden lag?
    Gisela zwang sich, ruhig zu atmen, und holte das Brot vom Tisch. Wütend, wie er gewesen war, kannte sie den Bäcker dennoch als freundlichen, fairen Mann. Vor allem war Dominic ein erfahrener Kämpfer. Ein Krieger, der den Kreuzzug überlebt hatte und zum Ritter aufgestiegen war, konnte sich allemal gegen die beiden anderen verteidigen.
    Sie öffnete die Tür und betrat ihr Heim, das von Kerzenlicht und einem Herdfeuer erleuchtet war. Der Steinkamin, dessen Schornstein in das unbewohnte obere Stockwerk führte, war ein außergewöhnlicher Luxus für ein schlichtes Haus, und nur wegen ihm war Gisela bereit gewesen, die höhere Miete zu zahlen, denn bei einem offenen Kochfeuer würden ihre Stoffe den Rauchgestank annehmen.
    Zum Glück hatte bereits ein vorheriger Bewohner den Zugang zum oberen Stockwerk verriegelt und sogar die Treppe entfernt. Andernfalls hätte Gisela Sorge gehabt, dass Ewan hinauflief und erstickte oder die Treppe hinunterfiel.
    Lachen erfüllte den Raum wie helles Vogelgezwitscher. »Ha!«, rief Ewan. »Ha!«
    Knall!
Bei dem Geräusch von Holz, das auf Holz schlug, fuhr Gisela zusammen.
    »Schon wieder abgewehrt, du Schwächling!«, lachte Ada. Während Gisela die Tür hinter sich schloss, sprang Ewan vor, dessen Blick ganz auf seine Gegnerin fixiert war. Seine Wangen waren rot vor Aufregung, und sein dunkelblondes Haar, das ohnehin schon schwer zu bändigen war, sah vollkommen wild aus.
    In der Rechten hielt er ein Holzschwert, dessen Griff mit kornblumenblauem Stoff umwickelt war – ein Rest Seide, den Gisela übrig behalten hatte, als sie ein Kleid für einen Kunden zuschnitt. Erst kürzlich hatte sie den schmalen Fetzen betont feierlich um den Schwertgriff gewunden. Sie hatte die sorgenvolle Lady gespielt, die ihrem Sir Ewan dem Kühnen ein Lebewohlgeschenk machte, ehe er in die Schlacht gegen den Küchenstuhl zog.
    Immer noch unbemerkt, lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür, das Brot unterm Arm. Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, und ein stechender Schmerz jagte ihr durchs Herz, als sie daran dachte, dass das Haar von Ewans Vater früher wohl genauso wirr gewesen sein musste. Und gewiss hatte auch er mit Spielzeugschwertern gekämpft.
    Ewan knurrte wie eine mürrische Katze und schlug erneut zu.
    »Nicht getroffen!« Ada sprang vor, die ein zweites Holzschwert in der kräftigen Hand hielt. Ihr langer schwarzer Zopf, in dem erste graue Haare zu sehen waren, schwang von einer Seite zur anderen. Ihr rundes Gesicht glänzte vor Schweiß. »Drei Mal hast du mich schon verfehlt, kleiner Ritter. Wie willst du so eine schöne Maid schützen oder Drachen töten?«
    Sie hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da machte Ewan einen Satz auf sie zu und piekte ihr das Schwert gegen den schürzenverhüllten Bauch.
    »Uff!«, stöhnte sie. »Das wirst du mir büßen! Du sollst vor Angst erzittern, du ungezogener kleiner …« Als hätte sie plötzlich bemerkt, dass Gisela da war, verstummte Ada, richtete sich auf und wischte sich errötend über den Bauch. »Ähm … guten Abend.«
    Ewan drehte sich um. »Mama!«, rief er grinsend und stürmte auf sie zu.
    Gisela hockte sich hin und fing den Kleinen mit einem Arm auf, um ihn an sich zu drücken. Genüsslich schloss sie die Augen. »Was für ein
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