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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten
Autoren: Alexander Kröger
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weh getan in den Monaten danach, in denen du wieder…“, sie höhnte, „deine hergebrachte Freiheit auslebtest. Aber das ist lange vorbei. Du bedeutest mir nichts, und jetzt lass’ mich in Frieden. Ich vergesse die letzten Minuten. Wir wollen hier ordentlich unsere Aufgabe erledigen. Bis Morgen!“ Sie zwängte sich an dem Mann vorbei und stieg rasch die Treppe zu den Zimmern empor.
    Stephan Ramlundt blickte ihr hinterher. In seinem Gesicht standen Enttäuschung und auch Ärger. Er hätte Sandra noch viel sagen wollen: Dass er glaubte, sich geändert zu haben, sich die sogenannten Freunde vom ihm gelöst hatten, seit das Unternehmen in Insolvenz gegangen, der Vater wenig später verstorben war und sich der Lebensstil der Familie im Durchschnittlichen bewegte. Oder sollte gerade das es sein, das sie bewog, ihn abzuweisen? Wäre der frühere Stephan, der mit dem Erbe im Rücken, der willkommenere gewesen?
    „Das ist zweifelsfrei eine Tür, eine Luke“, erläuterte Roman Eiselt. „Hier, das könnte ein Schließmechanismus sein, nur – wie wird er betätigt!“ Er hatte das Gleiten der Sonde über die mit Kreide in kleine Planquadrate aufgeteilte Außenhaut des Shuttles unterbrochen und deutete auf den Monitor. In unscharfen Konturen waren dort einige handgroße, unterschiedliche, ineinandergreifende geometrische Gebilde zu erkennen.
    „Weiter, weiter“, forderte Sandra ungeduldig.
    Roman Eiselt fuhr mit der Sonde Quadrat für Quadrat ab. Trotz zeitaufwendigen Fokussierens zeigte der Bildschirm im Weiteren nichts als ein homogenes Grau.
    Am späten Mittag sprach Sandra Georgius das zusammengefasste Ergebnis auf: „Die Röntgenaufnahmen zeigen bei E fünf, sechs und sieben sowie in der entsprechenden F-, G- und H-Reihe eine Luke, vermutlich mit einem inliegenden Öffnungsmechanismus, dessen Bedienung uns verborgen bleibt. Ohne einen solchen sind Klappen – eine große rechteckige im Heck und drei kleine runde – angeordnet im Dreieck auf der Unterseite (Maße siehe Skizze). Was wir für den Bug halten, ist – von außen visuell nicht erkennbar – durch ein Segment, zweihundertsechzehnkommasechs mal vierundfünfzigkommazwei Zentimeter, anderen Materials unterbrochen – ein Fenster? Die Messung wird mit Ultraschall wiederholt. Die Kollegen Ramlundt und Eiselt werden morgen das entsprechende Gerät und weitere Materialien aus dem Institut heranschaffen. Ich bewache das Objekt, da mit der Montage der Halle begonnen wird. Wir haben uns aus Gründen der Geheimhaltung entschlossen, zunächst die Halle über dem Zelt zu errichten. Außerdem soll eine Krananlage eingebaut werden, die ein Anheben des Shuttles gestattet. Nach wie vor macht uns zu schaffen, dass wir noch nicht wissen, wie wir den Körper öffnen werden. Auch das Aufsägen erscheint uns nicht akzeptabel.“
    „Hier, Ihre Unterschrift.“ Der Polizist hielt Erich Lange den Rahmen mit dem eingespannten Formular und einen Stift hin. Mechanisch nahm der Angesprochene beides und setzte zum Schreiben an.
    „Wollen Sie es nicht erst durchlesen?“, fragte der Ordnungshüter.
    „Es wird schon stimmen“, brummelte Erich Lange. Und in einem Anflug von Galgenhumor: „Ich vertraue Ihnen.“
    Zögernd verließen die Gaffer den Schauplatz.
    Der zweite Polizist löste den weiß-roten Absperrstreifen, der zwischen zwei Bäumen gespannt, den Ort des Geschehens von allzu dreisten Zuschauern getrennt hatte.
    Langsam verrauchte in Lange der Ärger. Er unterschrieb das Unfallprotokoll, ohne es gelesen zu haben, und reichte es seiner Widersacherin, die, als sei sie erstarrt, wie eine Säule neben ihm stand und das Geschehen offenbar noch immer nicht fassen konnte. Langes Frust wich Mitleid. „Es ist doch nur Blech“, sagte er tröstend. „Teures zwar“, setzte er hinzu und wies mit dem Kopf zum arg lädierten Mercedes-Cabriolet, dessen linker Scheinwerfer in die Baumwipfel blickte, als solle des Nachts den Elstern heimgeleuchtet werden. Aus der klaffenden, knittrigen Motorhaube stieg leichter Dampf. „Ah – da kommt schon der Abschleppdienst.“ Er sah gespannt dem mit Orangelicht näher kommenden Fahrzeug entgegen. Als er die Aufschrift lesen konnte, fugte er hinzu: „Ihrer.“
    Die Frau fasste sich ein wenig. Sie hob die Schultern. „Tut mir leid, es ist meine Werkstatt“, sagte sie, und es klang schuldbewusst.
    „Macht doch nichts“, erwiderte Erich Lange. Und etwas sarkastisch lächelnd fügte er hinzu: „Ich habe ja jetzt Zeit.“
    „Was werden Sie
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