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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten
Autoren: Alexander Kröger
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und es fiel ihr sichtlich schwer:
    „Übermorgen, Lissi, geht’s zurück.“
    Wie widerwillig griff die Angesprochene zum Notebook,
    „Ich weiß“, notierte sie.
    „Es fällt dir schwer!“
    Lissi antwortete nicht.
    „Ich verspreche dir, dass wir mindestens zwei Mal im Jahr ans Meer fahren, und ich verspreche dir auch, dass ich mich um eine endgültige Lösung bemühe, die uns einen ständigen Aufenthalt am Salzwasser ermöglicht.“
    „Einen endgültigen“, schrieb Lissi.
    „Ja!“ Zum xten Mal bedauerte es Sandra, dass das geschriebene Wort nicht so wie das gesprochene in seiner Modulation Gefühlsregungen wiederzugeben im Stande ist.
    „Und?“, fragte Lissi.
    „Hat es dir gefallen, hier?“
    „Ja.“
    „Ich werde morgen auf der anderen Seite der Klippe an den Strand fahren und dir für die Heimfahrt frisches Wasser schöpfen.“
    Lissi antwortete nicht. Doch dann fragte sie: „Hat es dir auch gefallen?“
    „Sehr!“
    „Du hast die Reise nicht nur meinetwegen gemacht?“
    „Wo denkst du hin. Schau mich an, sehe ich nicht wunderbar erholt aus?“
    „Das freut mich!“
    Am Abend, die Sonne stand schon tief, bereitete Sandra die Abreise vor. Sie räumte das Auto aus, säuberte den Innenraum, sortierte Gegenstände, belud schon mit dem, was nicht mehr gebraucht wurde und notierte Einzukaufendes für die Fahrt.
    Lissi half mit kleinen Handreichungen, soweit ihre Körpermaße dieses zuließen. Später, als sei sie müde, setzte sie sich einige Meter abseits ins Gras und sah Sandra zu.
    Der letzte Tag.
    Nachmittags wollte Sandra noch einmal in der Stadt tanken, einiges besorgen und auf dem Heimweg den Bottich füllen. Der Vormittag aber sollte der Abschied vom Strand sein.
    Das kleine Frühstück verlief schweigsam wie fast immer. Aber schon der Abstieg über den Pfad zum Strand, Sandra hatte unbedingt den Eindruck, wich von denen der anderen Tage ab.
    Längst hatte sich Lissi an die Unwegsamkeit gewöhnt und die Hindernisse stets leicht bewältigt.
    Jetzt blieb sie öfter stehen, schaute hinunter aufs Wasser oder wie träumerisch über die Wellen in die Ferne.
    Auch am Strand verhielt sie sich nicht wie sonst. Sie schritt langsam ins Wasser, schwamm ein paar Mal hin und her, kam wieder heraus und setzte sich neben Sandra, die sich nach ihrem Morgenbad sonnentrocknen ließ.
    Dann, etliches später, rückte Lissi das Notebook zurecht, öffnete es jedoch nicht. Dann richtete sie ihre großen Augen auf Sandra so lange, dass diese ein eigentümliches Gefühl bekroch.
    Lissi stand auf, ging langsam auf das Wasser zu, drehte sich Sandra zu, hob die rechte Hand wie zum angedeuteten Gruß und hechtete dann blitzschnell ins Meer. Nur ab und an tauchte ihr glänzend schwarzer Rücken für Bruchteile von Sekunden auf.
    Schon weit draußen wendete sie sich, Sandra sah die großen Augen auf den Strand, auf sie gerichtet, eine erhobene Hand, und dann tauchte der Körper steil unter, dass die Schwanzflosse aus dem Wasser ragte.
    Gleichmäßig rollten kleine Wellen an den Strand und brachen sich mit ewigem Geräusch.
    Sandra legte den Kopf auf die Knie. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sie erfasst, als hätte sich Lissis merkwürdige Verhalten auf sie übertragen.
    Eine Stunde mochte verstrichen sein. Sandra erwachte aus ihrer Starre, schaute übers Meer.
    Oft blieb Lissi lange im Wasser. Aber sie schwamm meist in Strandnähe, und man sah sie dann und wann während ihrer Kapriolen.
    Jetzt aber teilte kein schwarzer Körper die Wasseroberfläche. Sandras Blick fiel auf das Notebook. Es war zugeklappt, aber die Kontrolllampe brannte.
    Ahnungsvoll öffnete sie und drehte den Minitor in ihr Gesichtsfeld.
    Es stand da: „Leb’ wohl, Sandra! Ich danke dir. Aber meine Welt ist nicht diese und kann es niemals werden. Warte nicht, ich kehre nicht zurück.“

Epilog
    Der Bus hielt vor dem Flachbau, der den Eingang und das Kassenhäuschen zum Shuttlemuseum überspannte. Ein schwatzendes, munteres Völkchen stieg aus, formierte sich, einige lasen die hinter der Glasscheibe ausgestellten Prospekte, andere brachten Fotoapparate in Bereitschaft.
    Fritz Hegemeister – in der Knappenuniform der Freiberger Bergparade – näherte sich von innen der gläsernen Tür, die gehorsam zur Seite rollte. Er stand drei Stufen höher als die Besucher, klatschte in die Hände, die Leute wandten sich ihm zu, unterbrachen ihre Geschäftigkeit.
    „Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie im Shuttlemuseum“, rief er, „ein besonderes, auf der
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