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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten
Autoren: Alexander Kröger
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weder Hausbewohnern noch Passanten zu nahe zu kommen. Über diese Vorsichtsmaßnahmen ließ Lissi sich nicht aus. Freilich konnte Sandra sich vorstellen, dass die Andersgeartete legte man menschliche Maßstäbe zu Grunde, unter diesem Versteckspiel litt, obwohl sie gewiss einsah, dass ihr eine Öffentlichkeit wesentlich mehr Unbill bereiten würde.
    Diese Spaziergänge munterten Lissi zeitweise auf. Einmal fuhren sie nachts zum Hufeisensee, und die Exterranerin tummelte sich wie früher ausgelassen im Wasser. Anschließend fühlte sie sich überaus matt und erschöpft, als habe das Süßwasser ihren Körper ausgelaugt, und erst in der Badewanne erholte sie sich wieder.
    Die Sorge um die Außerirdische machte Sandra arg zu schaffen. Langsam wurde sie sich bewusst, dass sie den gegenwärtigen Zustand würde nicht durchhalten können, dass Constanze van Haarden letztlich Recht behalten würde mit ihren Bedenken. Lange trug sie sich mit einem Gedanken, einer Idee. Und je bedenklicher ihr Lissis Zustand erschien, umso mehr nahm diese Formen an. Ans Meer! Mit Lissi ans Schwarze Meer, das mit dem seinen ihrem Wohlfühlwasser am nächsten kam.
    Sandra besprach den Plan mit Constanze. Das größte Problem bildete die Reise dorthin und nicht diese an sich, sondern das Überschreiten der Grenzen. Und wieder erklärte sich die Freundin bereit, am Rande der Gesetzlichkeit zu helfen. Sie stellte Bescheinigungen mit polizeilichem Siegel und unleserlicher Unterschrift aus, die für den Transport eines kostbaren, besonderen Meeresbewohners galt, bestimmt für das Delphinarium in Burgas. Die Frauen hofften damit, weil gewiss ein Einzelfall, die Grenzwächter zu täuschen. Selbst ein fingiertes Impfzeugnis befand sich in den Papieren. Und natürlich war auch für die Rücktour vorgesorgt. Wieder gingen sie davon aus, es zum Wohle Lissis zu tun und dass niemand dabei zu Schaden kam.
    Lissi zeigte sich erfreut, aber nicht so heftig, wie Sandra Georgius es sich vorgestellt hatte. Sie tröstete sich mit dem Gemeinplatz, dass der Appetit beim Essen käme.
    Mit den immerhin abenteuerlichen Reisemodalitäten hatte sie keine Probleme. Um Lissis Wohlbefinden während der Fahrt zu garantieren und die Angaben für die Grenzer glaubwürdig zu gestalten, erstand Sandra einen gebrauchten Kleintransporter. Sie ließ einen Bottich einbauen, in dem sich Lissi während der Kontrollen unbedingt aufhalten sollte. Es blieb Platz genug für Schlafgelegenheiten und eine kleine Campingausrüstung.
    Sandra hatte deshalb Bulgarien gewählt, weil sie sich durch frühere Reisen an dessen Schwarzmeerküste ein wenig auskannte. Außerdem ging sie davon aus, dass wegen der politischen Umsturzwirren der letzten Jahrzehnte der Massentourismus noch danieder lag, sodass sie mit menschenleeren Stränden rechnen konnte.
    Sie fuhr ohne Eile, und sie freute sich, dass Lissi wieder lebhafter und mit Freude die Reise genoss, auf vieles, das die Straße säumte, aufmerksam machte und es oft hinterfragte.
    Lissi wurde nachgerade fröhlich, als der erste Grenzübergang, der nach Tschechien, reibungslos verlief.
    Ungarn gefiel der Exterranerin so gut, dass Sandra vorschlug, einen Tag lang zu bleiben. Sie fuhr Abstecher in die Pußta, und sie erschlichen sich nachts sogar einen Zugang zu einem Bad, in dem sich Lissi, diesmal kurz, austobte.
    Durch frühere ungute Erfahrungen gewarnt, hatte Sandra Georgius Bedenken vor dem Transit durch Rumänien, noch mehr aber vor einer Durchquerung Jugoslawiens, sodass sie sich für Ersteres entschloss.
    Voller Vorurteile näherte sie sich der Grenze, reihte sich in die Autoschlange ein und harrte bang der Kontrolle. Als hätte sich in 20 Jahren nichts verändert, kamen sie wieder an den Fahrzeugen entlang, der Offizier mit unbeweglicher bedeutenden Miene und zwei Begleiter mit Kalaschnikows.
    Der Anführer studierte die Papiere, befahl mit einer Daumenbewegung, die hintere Tür zu öffnen, Lissi pustete verabredungsgemäß ein Luft-Wassergemisch aus ihrer Atemöffnung, so sacht jedoch, dass sie den Geschniegelten nicht besprühte. Trotzdem wich dieser pikiert zurück, bedeutete, die Tür zu schließen, reichte die Papiere und winkte mit einer unnachahmlich herablassenden Bewegung der Hand zum Weiterfahren, der Sandra, so hurtig, wie sie konnte, folgte.
    Sie wählte die Tour durch die Karpaten, zur Donaubrücke nach Giurgiu und atmete auf, als sie am anderen Donauufer ankamen.
    Sie hatte einen Platz in Erinnerung, weit im Süden an der
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