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Begegnung im Schatten

Begegnung im Schatten

Titel: Begegnung im Schatten
Autoren: Alexander Kröger
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mit ihm an erfolgreichen Ausgrabungen in Ostafrika teil, war dem weltweit bekannten Archäologen dort als äußerst zielstrebig und von der Arbeit besessen aufgefallen, und er hatte sie nach ihrem ausgezeichneten Examen an der Universität Fraunheim an sein renommiertes Institut nach Hallsdorf geholt. Mit ihrer Promotion über die Ausbreitung und Siedlung slawischer Volksstämme im mitteleuropäischen Raum konnte sie wertvolle, neue Erkenntnisse gewinnen, die die Fachwelt aufhorchen ließen. Es ist also Professor Kalisch nicht schwer gefallen, gerade diese seine Lieblingsschülerin mit der außergewöhnlichen Aufgabe zu betrauen, trotz ihrer Jugend und damit ihres Erfahrungsdefizits. Aber wer schon hätte auf diesem Gebiet Erfahrung!
    In der Tat: Im engsten Kreis hatte man sich verständigt, die Herkunft des aus der Kohle geborgenen Körpers bis zu einer anderen Erkenntnis einem außerirdischen Ursprung zuzuschreiben – eine Sensation unvorstellbaren Ausmaßes! Und eigentlich hätte es deswegen unbedingt der Bildung einer unabhängigen internationalen Expertenkommission mit Kontakt zur UN bedurft, wollte man dem Ereignis einigermaßen gerecht werden.
    „Selbstverständlich!“, hatte Kalisch, daraufhin angesprochen, erwidert. Es sei dazu jedoch viel zu früh. Zunächst müsse man Gewissheit haben, eine begründete Vermutung, vielleicht erste Untersuchungsergebnisse, um aussagen zu können, worum es sich tatsächlich handelt. Und schließlich – ,aha, des Pudels Kern’, so Sandra Georgius’ Gedanken – ginge es auch um eigene Reputation. Oder sollte man sich vielleicht aus dem Fall hinausdrängen lassen? Höheren Orts ginge man mit dieser Sicht auf das Ereignis konform. Deshalb auch oberstes Gebot zunächst: so wenig Eingeweihte wie möglich!
    Gerade dieser Umstand machte Sandra Georgius arg zu schaffen, flößte ihr gelinde Angst ein. Wie sollte sie mit nur drei Leuten ein Konzept – so der Auftrag – für das weitere Vorgehen erstellen? Die geringste Unachtsamkeit, der kleinste Fehler – und Unwiederbringliches war der Menschheit verloren. Ja, so groß musste man das sehen. Eine unerträgliche, erdrückende Verantwortung – ihre Verantwortung!
    Freilich, Kalisch wird prüfen, sicherlich auch noch den einen oder anderen Experten hinzuziehen, bevor gehandelt wird. Aber sie, Sandra Georgius, würde die Voraussetzungen liefern aus drei zusammengefassten Meinungen – na gut, von wohlausgebildeten Leuten, einem Anthropologen, einem Metallphysiker und einer Archäologin. Es tröstete allerdings nur wenig, dass es weltweit keine Menschenseele gab, die im Umgang mit außerirdischen Phänomenen die geringste Erfahrung hatte – von den Phantasien einiger Schriftsteller abgesehen.
    Stephan Ramlundt und Roman Eiselt ließen Sandra Georgius höflich den Vortritt – und versperrten sich damit den Weg in das Zeltinnere.
    Überwältigt stand die Frau wie erstarrt.
    Trotz aller Beschreibung und Kalischs Fotos war sie vor Überraschung keiner Bewegung fähig.
    Angestrahlt von grellen Scheinwerfern und von Fritz Hegmeister aufs Sauberste geschrubbt bot sich das Objekt in einem eigenartigen, unwirklichen Glanz, und es war, als irisiere seine Oberfläche millionenpunktig.
    Erst als Eiselt die Bewegungslose sanft an den Schultern fasste und sie sacht weiter in den Raum schob, fand sie ins Geschehen zurück, und die beiden Männer kamen ebenfalls zu dem faszinierenden Anblick.
    Weniger beeindruckt als seine Chefin schritt der Physiker nach Sekunden des Zögerns auf den Körper zu, maß ihn mit Blicken, tatschte dann respektlos mit beiden flachen Händen auf die Oberfläche und schüttelte anschließend anerkennend den Kopf. „Das wird eine harte Nuss“, bemerkte er.
    Roman Eiselt, der älteste der drei Experten, Absolvent des bekannten Moskauer Stahlinstituts, hatte frühzeitig bei einem Autounfall beide Eltern verloren, war nach dem Tod der Großmutter in einem Kinderheim aufgewachsen, hatte das Metallkochen von der Pike auf gelernt und erst nach mehrjähriger praktischer Tätigkeit mit dem nötigen Ersparten das Studium aufgenommen. Ein gutmütiger Mensch war er, bis zur Selbstaufgabe, und er konnte – ein scheinbarer Gegensatz – außerordentlich starrköpfig sein, der eigentliche Grund für eine kürzlich gescheiterte Liaison. Durch und durch Pragmatiker, verfallen dem Spruch: ,Nicht gehen, geht nicht’, pflegte er an scheinbar Aussichtslosem so lange herumzutüfteln, bis ein Weg oder wenigstens ein Kompromiss
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