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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!
Autoren: Rainer M. Schroeder
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waren, Daniel noch zu erreichen, bevor auch er mit seiner Einheit in die Schlacht zog.
    Doch je später es wurde und je näher sie dem Landstrich bei Manassas kamen, desto schwerer wurde das Vorankommen. Nicht wegen der Straßenverhältnisse, sondern wegen der vielen Reiter und Wagen, die ihnen nun entgegenströmten. Und unter ihnen befanden sich viele Unionssoldaten samt ihrem Versorgungstross!
    Erst später sollten sie erfahren, dass sich an diesem Tag zahllose sensationslüsterne Bürger aus Washington und aus anderen umliegenden Orten zu Pferd, mit dem Buggy, der Kutsche oder einem Fuhrwerk auf den Weg nach Manassas gemacht hatten, um aus der sicheren Entfernung einer Hügelgruppe Zeuge der ersten Schlacht zwischen Nord und Süd zu werden. Fest darauf vertrauend, dass die Union mit ihrer dreißigtausend Mann starken Armee den Sieg über die Rebellen aus dem Süden davontragen würde, waren ganze Familien und Freundesgruppen mit reichhaltig bestückten Picknickkörben, Liegedecken und Sonnenschirmen losgezogen, als ginge es zu einem fröhlichen Fest auf dem Land und nicht zu einem mörderischen Aufeinanderprallen von verfeindeten Armeen, bei dem tausende ihr Leben lassen und noch mehr verwundet und verstümmelt werden würden. Aber in den Nachmittagsstunden, nachdem die Kämpfe um Manassas schon seit dem frühen Morgen mit wechselseitigem Erfolg auf einer meilenweiten Front hin und her gewogt hatten, gewannen die Konföderierten immer mehr die Oberhand. Auf Seiten der Union zeigten sich die ersten Auflösungserscheinungen, und sowie die ersten Einheiten vor den erbittert anstürmenden Südstaatlern ihre Stellungen räumten und den Rückzug antraten, verwandelte sich auch die Siegeszuversicht der vielen Schaulustigen in Angst, ins Kreuzfeuer zu geraten und von den Rebellen überrannt zu werden. Die Folge war eine kopflose Flucht zurück nach Norden. Jeder versuchte, der drohenden Gefahr so schnell wie möglich zu entkommen. Und als sich auch noch die militärische Formation der vielen unausgebildeten, freiwilligen Unionssoldaten auflöste und diese unter Missachtung jeglicher Disziplin die Flucht ergriffen, war die Panik komplett.
    An eine Fahrt im Galopp war längst nicht mehr zu denken. Eine nicht abreißen wollende Flut von Soldaten, Zivilisten zu Pferd oder zu Fuß sowie Wagen aller Art verstopften die Straßen. Es war, als müssten sie in einem dicht mit Treibgut übersäten Fluss gegen den Strom schwimmen. Nur mit quälender Langsamkeit kamen sie voran.
    Becky schwitzte Blut und Wasser. Der Norden hatte die Schlacht verloren gegeben und den Rückzug angetreten. Daran gab es gegen Abend keinen Zweifel mehr. Aber wo war ihr Bruder? Lebte er noch?
    Dunkle Gewitterwolken zogen über den Abendhimmel, als sie nördlich von Manassas auf die ersten Verbandsstellen der Unionstruppen stießen.
    Sofort sprang Becky mit Harvey vom Buggy, und während Moharala als Wache beim Wagen zurückblieb, begann sie, Daniel unter den Verletzten und Sterbenden zu suchen, die teilweise unter freiem Himmel lagen. Die schmerzerfüllten Schreie, das Wimmern und Stöhnen und die Gebete verbanden sich zu einem grauenhaften Chor, der geradewegs der Hölle entstiegen zu sein schien.
    Fieberhaft lief Becky mit Harvey durch die Reihen, fragte jeden, der nicht gar zu schwer verwundet war, nach ihrem Bruder und dem Kommando von Captain Henderson.
    Zweimal führte ein hilfreicher Sanitäter sie zu einem toten Trommlerjungen. Beide Male fand Becky vor Angst, sie könnte in das Gesicht ihres toten Bruders blicken, kaum die Kraft, hinzuschauen. Und jedes Mal wurde ihr ganz schwindelig vor Dankbarkeit und Erleichterung, als sie nicht Daniel im blutbesudelten Gras liegen sah, sondern einen fremden Jungen, um den andere Geschwister und Eltern trauern würden.
    Ein Kanonier, der einen blutigen Verband um den Kopf trug, gab ihnen schließlich die erste hilfreiche Auskunft. Er hatte mit seiner Einheit direkt neben dem Lagerplatz von Scott Hendersons Männern campiert. Von ihm erfuhren sie, dass sich das Freiwilligenkommando aus Indiana einer Infanterieeinheit aus Massachusetts angeschlossen hatte. Er wies ihnen auch den Weg zu einem anderen Feldlazarett, das man bei einer Kirche namens Sudley Church aufgeschlagen hatte. Von einem Trommlerjungen, der auf Beckys Beschreibung passte, wusste er nichts. Doch er war selbst in diesem Lazarett versorgt worden und dabei auf einige von Hendersons Männern gestoßen.
    Es war kein weiter Weg bis zur Sudley Church,
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