Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
ist!«
    »Daniel!«, wies Becky ihn zurecht, aber nicht ohne eine Spur von Verlegenheit.
    Harvey lachte. »Tatsächlich? Na, dann musst du mir mal bei Gelegenheit erzählen, wen ich denn so alles ausgestochen habe. Auf der Rückfahrt werden wir ja genug Zeit haben! Aber sag mal, traust du dir mit deiner Verletzung überhaupt die lange Reise zurück nach Indiana zu?«
    »Sicher, ist nur eine läppische Fleischwunde«, versicherte Daniel ein wenig großspurig.
    »Dann lasst uns nicht länger mit dem Aufbruch warten. Es dürfte sicherer sein, möglichst schnell einige Meilen nach Norden zu kommen«, sagte Harvey. »Fahren wir nach Hause!«
    »Ja«, sagte Becky leise und mit einem einzigartigen Gefühl der Glückseligkeit. Zärtlich drückte sie Harveys Hand, und während sie zu Moharala und ihrem Buggy gingen, dachte sie voller Staunen, was für ein Wunder das Leben mit all seinen Irrungen und Wirrungen doch war - und mit was für einem noch größeren Wunder Gott die Menschen mit der Liebe beschenkt hatte. »Ja, nach Hause!«

Nachwort zu Five Points, den Waisenzügen und dem Amerikanischen Bürgerkrieg
    Unsere Welt basiert auf dem Prinzip des Dualismus, der in allen Belangen unseres Lebens offenbar wird: Das Leben ist ohne den Tod nicht zu haben, der Tag findet seinen dunklen Gegensatz in der Schwärze der Nacht, und der Liebe und Friedfertigkeit stehen Hass und Gewalt gegenüber. Ähnlich verhält es sich auch mit der im großen Stil organisierten Verschickung von Waisenkindern, wie die Children’s Aid Society und andere Hilfsorganisationen sie in den Vereinigten Staaten von 1854 an fast achtzig Jahre lang betrieben haben. Die orphan trains, die Waisenzüge, stellten für die betroffenen Kinder Fluch und Segen zugleich dar.
    In den beinahe acht Jahrzehnten, in denen diese Form der Heimplatzierung in den USA praktiziert wurde, brachten orphan trains Kinder fast jeden Alters aus den Großstädten der Ostküste in den Mittleren Westen und andere Teile der Vereinigten Staaten. Und die Farmer und Siedler, die bei den »Präsentationen« ihre Wahl trafen, besiegelten damit das weitere Schicksal des ausgewählten Kindes, wohl ebenso oft zum Guten wie zum Schlechten. Denn den von Mitgefühl und Barmherzigkeit motivierten Pflegeeltern stand die nicht viel geringere Zahl derjenigen gegenüber, die sich von kühlem Nutzendenken leiten ließen und ausschließlich an billigen Arbeitskräften interessiert waren.
    Schon in den ersten Jahren der Verschickung meldeten Zeitgenossen heftige Zweifel an, ob Reverend Charles Loring Brace mit seiner Children’s Aid Society sowie die zahlreichen Nachahmer, die in Boston und anderen Städten der Ostküste bald eigene derartige Unternehmungen zur Rettung von Straßenkindern auf die Beine stellten, nicht mehr Schaden anrichteten als Gutes bewirkten. Und noch heute sind die Historiker sich uneins, wie rechtmäßig und barmherzig es wirklich war, auf diese Weise jahrzehntelang über das Leben von vielen hunderttausend Waisen zu verfügen.
    Zur Ehrenrettung von Charles Loring Brace muss jedoch gesagt werden, dass sich rasend schnell expandierende Städte wie New York Mitte des 19. Jahrhunderts in einem gewaltigen industriellen Umbruch befanden und von einer für uns kaum vorstellbaren Flut von Einwanderern förmlich überschwemmt wurden, mit all ihren negativen Folgeerscheinungen, zu denen ein ebenso großes Elend gehörte, wie man es heute in den Millionenstädten der Dritten Welt findet, wo hunderttausende, ja Millionen unter erschütternd menschenunwürdigen Bedingungen in Slums von der Hand in den Mund leben.
    Allein in den Jahren 1850 bis 1860 strömten über zweieinhalb Millionen Einwanderer, größtenteils arme Leute, in die Vereinigten Staaten. Der entsetzliche Tribut, den das Elend durch Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und andere Umstände in New Yorker Stadtvierteln wie Five Points und anderswo forderte, fiel entsprechend hoch aus. Die Zahl der heimat- und elternlosen dead end kids, der Straßenkinder, wurde in diesen Jahren in New York auf irgendwo zwischen 10 000 und 40 000 beziffert. Genaue Zahlen existieren nicht. Eine gesicherte und wissenschaftlich verbürgte Tatsache ist jedoch, dass im 19. Jahrhundert die Sterblichkeit bei Neugeborenen bei 20% lag, über 70% der in ein Krankenhaus eingelieferten Kinder dort starben und 20% bis 30% aller Kinder zu Waisen wurden, noch bevor sie das 15. Lebensjahr erreicht hatten.
    Angesichts dieser katastrophalen Lage muss wohl nachsichtiger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher