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Bateman, Colin

Bateman, Colin

Titel: Bateman, Colin
Autoren: Ein Mordsgeschaeft
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Lawrence Block zu finden.« Jeff
entdeckte mich; Er lächelte und reckte triumphierend den Daumen in die Höhe.
Dann sagte er: »Nein, keine Ursache«, und legte auf. Während ich mich der Kasse
näherte, bemerkte er: »Sie sehen ein bisschen bleich aus, was ist los?«
    Ich suchte mit beiden Händen
Halt an der Theke, holte tief Luft und erklärte: »Der Besitzer einer Firma, die
sich auf das Reinigen und Reparieren von Lederwaren spezialisiert hat, bedroht
mein Leben.«
    Jeff dachte eine angemessene
Zeit darüber nach. Schließlich konstatierte er: »Irgendjemand hat die ganzen
Grishams vollgekritzelt.«
     
    3
     
    Am nächsten Tag war ich immer
noch am Leben, und niemand hatte den Laden bis auf die Grundmauern
niedergebrannt, woraus ich schloss, dass ich die Bemerkung des Lederreinigers
missverstanden hatte und er mir wohl eher mit seinen Anwälten gedroht hatte als
mit Schlägen. Trotzdem hatte ich nicht vor, mein Glück über Gebühr zu
strapazieren, indem ich ihn erneut anrief und ihm weitere Fragen zu Mrs. Gearys
Hose stellte. Stattdessen probierte ich es lieber übers Internet. Ich führe
eine Datenbank mit den Adressen meiner treuen Kunden, und sie bekommen von mir
monatlich per E-Mail ein Rundschreiben. So was nennt man Kundenbeziehungen pflegen.
Ich versuche ihnen irgendwelche Neuerscheinungen aufzuschwatzen, und im
Gegenzug laden sie ihren persönlichen Seelenmüll bei mir ab. Es ist ermüdend,
aber notwendig. In diesem Rundbrief wollte ich jedoch nichts verkaufen, sondern
bat lediglich diejenigen meiner geschätzten Kunden, die in Belfast und
Umgebung lebten, nach einem Paar Lederhosen Ausschau zu halten, deren detaillierte
Beschreibung ich als Anhang mitschickte. Schließlich fügte ich noch die Worte
»stattliche Belohnung« hinzu, ohne bis ins Detail auszuführen, dass es sich
dabei um einen Büchergutschein über 10 Pfund und eine Ausgabe von Harry Potter und der Gefangene
von Askaban handelte,
eigenhändig signiert von Jehovas Rache Grisham.
    Die nächsten drei Tage hörte
ich nichts, doch dann gingen langsam die ersten Rückmeldungen ein, und aus
einem tröpfelnden Rinnsal wurde bald ein rasch fließender Strom. Die Hose war
erneut auf der Royal Avenue gesichtet worden, außerdem in einem Kino auf der
Belfast Road, während eines Konzerts in der Waterfront Hall, und schließlich
noch zwei weitere Male auf der Royal Avenue. Ganz offensichtlich war die Royal
Avenue ihr bevorzugter Aufenthaltsort. Sämtliche Informanten, die ihr dort begegnet
waren, gaben einen Zeitpunkt zwischen 12.30 und 13.30 Uhr an und beschrieben
ihre Trägerin, ich zitiere, als »kräftiges Mädchen«, das zu viel Make-up benutzte
und über der Hose einen weißen Kosmetikerinnenkittel trug. Ich beschloss, dem
dortigen Parfüm-und-Paracetamol-Händler, einer Filiale der Drogerie- und
Apothekenkette Boots, einen Besuch abzustatten. Wie der Zufall es wollte,
musste ich mir dort ohnehin ein Rezept abholen, also schlug ich zwei Fliegen
mit einer Klappe. Während ich in der Apothekenabteilung Schlange stand,
musterte ich die Theken für Kosmetik, und es dauerte nicht lange, bis ich
tatsächlich mit einem ersten Blick auf Mrs. Gearys Lederhose belohnt wurde. Ein
Schauer der Erwartung, ja der Erregung, lief mir den Rücken hinunter. Einige
Minuten lang beobachtete ich, wie die Hose sich auf der Kundenseite der Theke
auf und ab bewegte, während ihre hünenhafte Trägerin einer bleichen Kundin in
pinkfarbenem Hosenanzug Make-up ins Gesicht klatschte; wobei sie in einem fort
wiederholte: »O ja, dieser Farbton steht Ihnen wirklich ganz ausgezeichnet;
ich würde es Ihnen echt sagen, wenn Sie damit wie eine aufgetakelte, alte
Schlampe aussähen.«
    Der Apotheker erkundigte sich,
ob ich diese Sorte Antidepressiva schon mal genommen hätte, und ich
bestätigte, ja, zweimal täglich in den letzten fünfzehn Jahren. Ich bezahlte
das Medikament. Inzwischen war es 12.30 Uhr, und ich stellte befriedigt fest,
dass die Frau in Mrs. Gearys Lederhose ihre Kundin abgefertigt hatte und nun
ihren Kassenschlüssel einer Kollegin überreichte. Dann warf sie einen kurzen
Mantel über ihren Kosmetikerinnenkittel und verließ den Laden.
    Ich eilte zur Kosmetiktheke
und rief: »Verdammt, jetzt hab ich sie verpasst ...« Das Mädchen hinter der
Kasse blickte teilnahmslos drein, fragte aber, ob sie mir weiterhelfen könne.
»Ihre Kollegin - die mit der Lederhose - wollte sich für mich erkundigen, ob
ein bestimmtes Parfüm verfügbar ist. Dummerweise hab ich sie
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