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Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Titel: Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan
Autoren: Gisbert Haefs
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sagte sie, »das ist die Anrede für offizielle Anlässe. Solange wir hier Papiere wälzen, können Sie mich ruhig Lydia nennen. Wenn Sie wollen.«
    »Mit Vergnügen, Lydia.«
    Nach und nach wuchsen Dante ebenfalls Schatten unter den Augen; Konzentration und Anspannung machten sich bemerkbar, die Schulter schmerzte stärker, und er wußte, daß der Urlaub nicht mehr lange aufgeschoben werden konnte.
    Diese Spätsommertage waren drückend schwül, aber das Gewitter wollte nicht kommen. Am Nachmittag des siebten Papierkriegstages im Palais brauten sich endlich Wolken über dem Hinterland zusammen.
    Barakuda brütete schweißüberströmt über den Listen; er mußte sich immer wieder Gesicht und Hände trocknen, um nicht durch Flecken alles unleserlich zu machen. Die Gouverneurin war kühl wie immer. An diesem Abend trug sie einen bis zum halben Oberschenkel geschlitzten weißen Kaftan mit weiten Ärmeln, die sie manchmal bis zu den Schultern hinaufschob. Die Fenster waren geöffnet; die trockene Luft der wieder arbeitenden Klimaanlage wäre auf die Dauer unerträglicher gewesen als die Hitze. Nur selten perlte ein Tröpfchen auf der glatten Haut der Gouverneurin, und wenn Barakuda es zufällig bemerkte, empfand er es nicht als störend oder erniedrigend. Der Schweißtropfen machte Lydia Hsiang noch kühler.
    Er erhob sich und suchte zwischen halbleeren Teetassen und überquellenden Aschenbechern Blätter aus verschiedenen Stapeln zusammen. Ein jäher Blitz erhellte für einen Moment die Küste unter dem Palais.
    »Das wär’s«, sagte Barakuda. Er meinte das Gewitter und die Listen, denn sie hatten die Daten ermittelt, auf deren Vorhandensein sie gehofft hatten. Die Gouverneurin blickte auf, wischte mit dem Ärmel über die Stirn; dann erhob sie sich und kam um den Tisch herum, um kalten Tee nachzugießen. Ihr Ärmel streifte Barakudas Arm.
    Es geschah unvermittelt und war doch folgerichtig. Plötzlich küßten sie einander gierig und ausdauernd wie zwei Dürstende. Lydia Hsiang zog ihn zur Couch, die sie mit ei ner Handbewegung vom Papier befreite. Barakuda stellte fest, daß sie nichts unter ihrem Kaftan trug und allenthalben kühl war, und er wußte, daß er nicht mehr als die Oberfläche dieser glatten Haut würde berühren können.
    Später tranken sie kalten Tee; Dante tastete zwischen den Kleidern am Boden nach seinen Zigaretten. Die Gouverneurin stand auf und ging zum Fenster. Sie sah in die zuckende Nacht hinaus und hob die Arme, als wolle sie den frischen Wind umarmen. Barakuda betrachtete sie und fragte sich, ob er träume.
    Sie wandte sich um, fand seinen Blick, setzte sich zu ihm und sah ihn an. »Das wär’s«, sagte sie lächelnd, aber einer ihrer Mundwinkel verriet etwas. Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: »Es ist unmöglich, das wissen Sie. Wir sollten es einen gelöschten Durst nennen.«
    Barakuda streckte die Hand aus und folgte der Linie ihres Halses vom Ohr zur Schulter. Dann nickte er und richtete sich auf. »Ich weiß«, sagte er halblaut. »Ihr Vorgänger hatte die Vorschriften vergessen.«
    Lydia Hsiang starrte auf den dunkelroten Teppich. »Sie gelten für den Gouverneur auch einem ausgeschiedenen Mitglied des Krisenrats gegenüber.« Dann berührte sie die Narbe unter seinem Schlüsselbein und sagte tonlos: »Wir sollten uns anziehen, denke ich.«
     
    Barakuda breitete die handschriftliche Liste auf dem Tisch aus. »Hier«, sagte er, mühsam konzentriert. »Siebenmal in den letzten dreieinhalb Jahren läuft der Frachter Nadir Shilgat an. Er landet immer vormittags. Innerhalb der nächsten drei Tage läuft jedesmal das Boot Varli Soleyn aus dem Matriarchat von Pasdan den Hafen Cadhras an, mit Waren.«
    Die Gouverneurin leerte ihre Teetasse. »Wann ist die Na dir wieder fällig?«
    »Genau weiß ich es nicht, aber ich glaube, so in etwa vierzig bis fünfzig Tagen, gegen Anfang der Endzeit. Vorher kaum.«
    Lydia Hsiang nickte und musterte das müde Gesicht ihres Sicherheitssekretärs. »Gut. Dann haben wir Zeit. Wir brauchen Beweise. Entweder passiert bis dahin etwas, oder wir müssen warten, ob die Nadir etwas an Bord hat. Wenn ja, können wir handeln. Wenn nein, müssen wir uns etwas ein fallen lassen.«
    Barakuda suchte seine Zigaretten und fand sie unter der Couch. Er zündete eine an, langsam, wie um etwas zu verwinden. Dann sagte er: »Wir werden nichts davon weitergeben. Es besteht kein Anlaß, Verdacht gegen die Nadir zu haben. Und es bleibt dabei – keine Dossiers über
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