Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
Vom Netzwerk:
und Blutwürste mit gekochten Steckrüben gegessen und konnten dabei über die Zukunft sprechen, ohne einen Koller zu kriegen, ohne an die Gänseleberpastete zu denken, die wir vor ein paar Tagen beim Schein derselben Kerzen gegessen hatten.

Tag 13

    Aus irgendeinem Grund waren wir beide davon überzeugt, dass die neue Staffel von Grey’s Anatomy heute Abend anfängt. Während der Wettervorhersage hat Harpa trotzdem kurz im Videotext nachgeguckt, und da sahen wir, dass sie erst am nächsten Mittwoch beginnt. Ich würde nicht sagen, dass wir sehr enttäuscht waren, aber lustig fanden wir dieses Missverständnis auch nicht gerade. Harpa schlug direkt vor, stattdessen ins Kino zu gehen, unser letzter Kinobesuch sei schon so lange her, wahrscheinlich war es im Sommer, als wir den neusten Batman-Film gesehen und im Dunkeln Heath Ledger betrauert hatten.
    Wir sind gemütlich aufgebrochen und trotzdem rechtzeitig angekommen. Harpa hatte sich einen Schal um den Hals gewickelt und eine Pelzmütze aufgesetzt, so dass sie trotz der Kälte den ganzen Weg über warm blieb, sie hatte nur wie immer ein unglaublich rotes Näschen. Wir haben Burn After Reading gesehen. Mir hat es gut gefallen, und dir Harpa? Harpa, die sich zu mir geschlichen hat und mir grinsend beim Schreiben zusieht, bestätigt, dass auch ihr der Film gut gefallen hat, und sie besteht darauf, dass im Tagebuch steht, dass Brad Pitt ein geiler Hengst ist, selbst wenn er so lächerlich gemacht wird. Jetzt lacht Harpa und setzt sich mit dem leckeren Duft von Tee und ihr selbst aufs Sofa. Auf dem Weg sagt sie, dass ich wirklich ein Nerd sei. Das hat eine belebende Wirkung auf mich. Ich hoffe, dass sie nie aufhört, mir Spitznamen zu geben, dass sie nie anfängt, mich zu bemitleiden.

Tag 14

    Heute Morgen hat Harpa mein Gesicht massiert und gesagt, dass sie sich nicht in einen bärtigen Affen verliebt habe. Ich entschuldigte mich damit, dass es schon so kalt geworden sei, war aber trotzdem frisch rasiert, als Guðni an der Tür klingelte.
    Es saßen weniger an der Tafel als beim letzten Mal. Anton war nirgends zu sehen, und ich habe mich die meiste Zeit mit Edda unterhalten. Zuerst haben wir uns nur über die Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden und die Penner unterhalten, die sich in ihren Schneeanzügen auf der anderen Straßenseite auf die Treppen gekauert hatten. Als Guðni aufschrie und fast auf die Beine sprang, weil jemand etwas über den Liberalismus gesagt hatte, haben wir aufgehört zu reden. Derjenige, der die Äußerung gemacht hatte, sprach weiter und sagte, dass jetzt bewiesen sei, dass diese Denkweise vor allem die größten Schwächen des Individuums hervorkehre. Ich hatte weder Lust, Guðnis allseits bekannte Antwort zu hören, noch mich in die Unterhaltung einzumischen, wandte mich wieder Edda zu und fragte nach den Pferden, ob sie in letzter Zeit wieder viel ausgeritten sei. Sie antwortete, dass sie das schon seit Jahren nicht mehr so oft getan habe …
    Nach dem Treffen meinte ich zu Guðni, dass ich nicht sicher sei, ob ich am nächsten Donnerstag dazustoßen würde, ich würde mir dort wie eine Witzfigur vorkommen und vor Unruhe kaum stillsitzen können. Ich habe nicht erwähnt, dass ich noch unglücklicher war als beim letzten Mal, und auch nicht, dass meine Nase ab und zu gejuckt und meine Augen gebrannt haben.

Tag 15

    Der Lichtstrahl auf Viðey, die Friedenssäule: Warum kann ich dieses stilechte Kunstwerk nicht mit dem Weltfrieden verbinden, wie es alle anderen tun? Warum sehe ich immer nur Lennon und Yoko beim Abendspaziergang in New York, mit den Händen in den Taschen und in ein Gespräch über ihren Sohn vertieft, als Chapman sie mit der Pistole einholt und abdrückt, bevor Lennon etwas über den Frieden in der Welt sagen kann, und ich sehe den Schrecken in seinem Gesicht und höre die Schreie um ihn herum, bis einen Augenblick später alles ruhig und schwarz wird – ein paar Augenblicke lang schwarz. Jedes Mal, wenn ich so richtig über die Friedenssäule nachdenke, ist es, als würde ich mit Lennon sterben; die Botschaft rauscht komplett an mir vorbei.
    Später, wieder zu Hause.
    Nach Harpas Anruf heute Morgen hätte ich das Treffen mit Vésteinn fast abgesagt. Sie hat ihren Job verloren. Ich habe gehört, wie flach sie geatmet hat, und ihr gesagt, dass sie sofort nach Hause kommen soll, aber sie konnte nicht, die ehemaligen Angestellten durften erst nach Hause gehen, nachdem ein Psychologe ihren Zustand begutachtet hatte. Um kurz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher