Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
Vom Netzwerk:
von hinten angestrahlt durch die offene Tür zum sommerlichen Garten. Ich bin zu ihnen gegangen und habe mich dicht an Mama gestellt. Papa hat die Hände auf meine Schultern gelegt und gesagt, dass sie nun endlich da sei. Ich hatte noch nie ein Baby gesehen, das nicht blass war, und da war nun meine Schwester mit schwarzen Locken und Augen, hellbrauner Haut und rosa Lippen, mit denen sie anscheinend noch nicht wirklich umzugehen wusste. Ich fragte Mama, ob ich sie anfassen dürfe. »Selbstverständlich.« Ich streckte mich hoch zu Helena, streichelte mit einem Finger über Stirn und Wangen und atmete ihren Duft, der auffällig süß war, was ich nicht kannte. Sie sah mich an und sabberte die ganze Zeit mit ihrer kleinen Zunge herum. Als ich den Finger zurückzog, sah ich ihn mir unwillkürlich an, als ob ich eine verfärbte Fingerspitze erwartet hätte. Mama sah mich an und lächelte, und ich schämte mich so sehr, dass ich Helena sofort küssen wollte und mich auf die Zehenspitze stellte. Mama beugte sich ein wenig zu mir runter. Ich weiß noch, wie heiß ich ihre Stirn fand und wie laut ihr Atmen.

Tag 21

    Drei Wochen, genau drei Wochen, seit ich die Bank das letzte Mal verlassen habe. Ich habe mich von niemandem verabschiedet. Noch nicht einmal den Rechner runtergefahren. Drei Wochen, und ich erinnere mich noch an jede einzelne Sekunde der letzten Minuten, bevor ich raus auf den Treppenabsatz vor dem Haupteingang getreten bin. Danach verschwimmen die Tage mit unzähligen anderen Tagen, an denen ich dort runter und raus auf die Austurstræti gegangen bin.
    Schon seit Sonntag fühle ich mich komisch. Ich fand es unangenehm, wie wenig es Harpa anscheinend ausmachte, entlassen worden zu sein. Aber es sieht ihr nicht unähnlich, so nach vorne zu preschen, das habe ich mittlerweile verstanden, und es geht mir auch schon besser heute. Überhaupt klingt das mit der Witzfigur jetzt nur noch lächerlich, wo ich alleine hier zu Hause sitze, während Harpa Kindern Englisch oder Mathe beibringt. Gestern ist sie für den kranken Naturkundelehrer eingesprungen, und gleich nach dem Abendessen war so wahnsinnig viel Natur in uns … Ich hoffe, dass der Naturkundelehrer noch oft fehlt.
    Vorhin kam Guðni vorbei. Er wollte mich mitnehmen, »um die Truppe zu treffen«, aber ich habe ihn gleich an der Gegensprechanlage abgefertigt, gesagt, dass ich beschäftigt sei, was ich auch wirklich bin, damit beschäftigt, meinen Lebenslauf zu schreiben. Harpa meinte, ich solle mich endlich darum kümmern und Arbeit suchen. Ich habe gesehen, wie wichtig es ihr war, dass ich sie ernst nehme. Nach ungefähr zwei Tagen Arbeit werde ich jetzt langsam fertig, dabei habe ich ihr noch nicht einmal erzählt, dass ich damit angefangen habe. Harpa ist am hübschesten, wenn sie ernst ist, sie wird abenteuerlich schön, wenn sie ein konzentriertes Gesicht macht und anfängt, über »richtige Akzentuierung« zu reden, besonders jetzt, wo sie aufgehört hat, ihr Haar zu glätten, und es sich um ihr Gesicht lockt, das konzentrierte, ernste Gesicht. Wenn sie das nächste Mal fragt, sage ich ihr sicher, dass ich fertig bin, dann bin ich lange genug egoistisch gewesen.

Tag 22

    Heute Morgen hat Harpa den Skiurlaub erwähnt. Sie wollte gerade gehen, hatte schon die Tasche über der Schulter und die Türklinke in der Hand, als ich in die Küche kam und zugab, die Fahrt komplett vergessen zu haben, unglaublich, aber wahr. Harpa meinte, dass es für sie wahrscheinlich am besten sei, wenn sie das auch täte.
    Ich bezweifle, dass in nächster Zeit viele Flugzeuge mit Isländern an Bord in die Ferien fliegen. Die einzigen, die von hier starten, sind Maschinen voller Pferde, Fischfilets und Touristen, die ein paar Tage zuvor gelandet sind. Deshalb weiß ich nicht, warum ich Harpa noch mal angerufen habe, nachdem sie gegangen war, und sie gebeten habe, mit dem Stornieren zu warten, bis wir mit den anderen gesprochen haben. Sie meinte, dass wir selbstverständlich mit den anderen sprechen müssten, fand aber ganz eindeutig, dass wir beide stornieren sollten. Ich bat sie, trotzdem noch zu warten, und schlug vor, die Gruppe am übernächsten Wochenende zum Essen einzuladen.
    Diese Skireise nach Italien ist schon fast eine Tradition. In den letzten beiden Jahren sind wir immer Ende November/Anfang Dezember gefahren, immer dieselben Pärchen, die sich sonst nur selten treffen. Beide Male waren toll, fünf Tage Frischluft und Ausschweifungen in Maßen. Im ersten Jahr habe ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher