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231 - Der Preis des Verrats

231 - Der Preis des Verrats

Titel: 231 - Der Preis des Verrats
Autoren: Mia Zorn
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22. Oktober 2524, Appalachen
    Mit vorgebeugtem Oberkörper betrachtete General Arthur Crow das Bild auf dem Monitor. Es zeigte aus der Sicht eines Gesprächsteilnehmers den Oberkörper von Dr. Alexandra Cross, ihres Zeichens Präsidentin des Weltrats in Waashton. Die Szenerie wurde nur von einer Nachttischlampe beleuchtet.
    Die Frau kauerte an der Stirnseite ihres Bettes und rieb sich den Hals. Der straff nach hinten gebundene Zopf ihrer blonden Haare verlieh dem schmalen Gesicht der früheren Ärztin etwas Strenges. Ihre blauen Augen waren direkt auf ihn gerichtet – beziehungsweise auf das Warlynne-Alpha-Modell, das vor anderthalb Tagen in ihr Schlafzimmer eingedrungen war und diese Aufzeichnung angefertigt hatte, während es seine, Crows, Forderung überbrachte. Jetzt stand der organische Roboter neben dem Bildschirm in Crows Konferenzraum und hatte sich mit dem Abspielgerät verbunden.
    »Das ist… Erpressung«, keuchte die Präsidentin gerade. Arthur Crow erfreute sich an ihren entgleisenden Gesichtszügen.
    »Falls es Ihnen bei der Entscheidung hilft«, erklang die Stimme des Robot-Modells, dem er das Aussehen seiner verstorbenen Tochter Lynne gegeben hatte, »bin ich befugt, Ihnen im Falle der Zusammenarbeit eine Generalamnestie zuzusagen. Dass Sie mit den feindlichen Parteien in Waashton kollaboriert haben, wird Ihnen und Ihrem Stab nicht angelastet; mein Vater ist sich durchaus bewusst, dass dies ein Zugeständnis an die Situation darstellte. Auch Ihre weitere Verwendung in einem hohen Amt des Weltrats wird gesichert sein.«
    Alexandra Cross’ Miene war ein Wechselbad der Gefühle – Verzweiflung, Angst und Ratlosigkeit spiegelten sich darin wider, gepaart mit einem Fluchtreflex, dem sie nicht nachgeben konnte.
    »Was also soll ich meinem Vater ausrichten?«, fragte der Warlynne. »Kann er beim Kampf gegen diesen Terroristen Mr. Black auf Sie zählen oder nicht?«
    Einige Sekunden lang senkte Alexandra Cross den Kopf. Als sie ihn wieder hob, hatte sie eine Entscheidung getroffen; das sah man ihr an.
    »Überflüssig zu sagen, dass mir Ihr Vorschlag nicht gefällt, General Crow«, wandte sie sich direkt an ihn. »Im Interesse der Koalition in Waashton kann ich ihn unmöglich annehmen.« Dann machte sie eine Pause. Eine lange Pause.
    Der General sprang aus seinem Sitz auf. Das konnte nicht ihr Ernst sein! Sie ließ ihn zappeln! Dieses Luder! Crow stierte wie gebannt auf ihre schön geschwungenen Lippen. Dieses verdammte Luder!
    Als hätte sie seine wenig schmeichelhaften Gedanken erraten, öffnete die Frau auf dem Bildschirm den Mund, um endlich fortzufahren: »Aber in meinem eigenen Interesse bin ich bereit, Sie zu unterstützen. Dafür will ich jedoch mehr als die ungewisse Zusage eines ›hohen Amts im Weltrat‹.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich will den Posten der Vizepräsidentin, Präsident Crow. Ich denke, das wäre ein guter Preis für mein… Entgegenkommen. – Hast du das, Blechkopf?« Die letzte Bemerkung war offensichtlich an den Roboter gerichtet.
    Das Bild nickte. »Meine korrekte Bezeichnung ist Warlynne Alpha. Ich werde die Nachricht über-«
    »Aufzeichnung aus!«, befahl Crow. Er schlug mit der rechten Faust in die flache Linke. »Ich hab’s gewusst – sie ist ein machthungriges Luder! Das macht sie so berechenbar!« Mit glänzenden Augen ließ er sich wieder in den schwarzen Lederstuhl sinken. Alles entwickelt sich prächtig, dachte er. Ganz prächtig! Während er sich die neuen Machtverhältnisse in Waashton ausmalte, rieb er sich versonnen das Kinn.
    Mit der Präsidentin und den WCA-Truppen auf seiner Seite würde es geradezu ein Kinderspiel werden, Waashton einzunehmen. Wenn Cross es geschickt anstellte, würde sie sogar unbehelligt ins Capitol eindringen und Black gefangen nehmen können. So konnten sich seine U-Men auf Miki Takeo konzentrieren.
    In spätestens zwei Wochen konnte es bereits so weit sein. Noch reichten die produzierten U-Men nicht aus, um einen Angriff zu wagen. Aber das Ziel war in greifbare Nähe gerückt. Zeit, einen detaillierten Schlachtplan auszuarbeiten.
    Zufrieden lehnte sich der General zurück. »Warlynne Alpha, spiel mir die Aufzeichnung noch einmal vor«, befahl er. Es gab Momente, die konnte man gar nicht oft genug auskosten…
    ***
    20. Oktober 2524, Ostküste vor Waashton
    »Verflucht, was ist das?« Die Stimme des beleibten Ersten Harpunisten an Bord der Beauty Skin klang belegt. Unsicher ließ er seine Waffe sinken.
    Neben ihm rieb
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