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231 - Der Preis des Verrats

231 - Der Preis des Verrats

Titel: 231 - Der Preis des Verrats
Autoren: Mia Zorn
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Übertragungsbild der auf dem Berg installierten Kameras: Auf einer Hügelkuppe, noch knapp zwanzig Kilometer von der Produktionsanlage entfernt, näherte sich eine hünenhafte Gestalt. Ihre Konturen verschwammen auf diese Entfernung, aber die Reflexe der metallisch glänzenden Rüstung waren deutlich auszumachen.
    »Miki Takeo«, flüsterte Crow. »Dieser verdammte Android ist tatsächlich nicht totzukriegen.« Er straffte sich. »Endlich hat diese Ungewissheit ein Ende. Machen wir ihn also fertig. Die U-Men vor dem Tor sind in Stellung?«
    Die Frage war an Horstie von Kotter gerichtet, der eifrig nickte. »Alles ist bereit. Ich informiere auch die Patrouille. Dieser Android wird sein blaues Wunder erleben!«
    ***
    20. Oktober 2524, Chesapeake Bay
    »General Crow? Wo kann ich ihn finden?«, wiederholte Agat’ol geduldig. Dabei stopfte er sich die Reste eines Fischs in seinen Mund. Während er kaute, ließ er sein Gegenüber nicht aus den Augen: Der junge Lungenatmer, der sich Thin Skin nannte, kauerte an der Wand der verfallenen Fischerhütte, die nur noch ein halbes Dach und keine Fenster besaß. Ein schiefes Holzgestell, an dem zerrissene Netze und Reusen hingen, und ein unförmiger Haufen aus Decken und Stroh waren die Überbleibsel, die die einstigen Bewohner in dem quadratischen Raum zurückgelassen hatten.
    Agat’ol sah, wie der Menschenjunge an ihm vorbei zum Eingang der Ruine spähte. Immer noch flackerte Angst in seinen grünen Augen. Angst und Unglauben. »Hast nicht gedacht, dass es reden kann, was?«, spottete der Mar’osianer mit vollem Mund. »Dass es einen Namen hat! Der Krüppel! Das Seemonster! Fangen wolltet ihr es! Einsperren, wie einen eurer Pelzkrabbler! Einsperren und quälen!« Er warf einen der Fische, die vor ihm auf dem Boden lagen, nach dem Sohn des Kapitäns.
    Thin Skin ging in Deckung. »Ich wusste doch nicht… ich wollte nicht… wenn wir gewusst hätten…«, stammelte er.
    »Wenn ihr gewusst hättet? Wenn ich verraten hätte, dass ich ein Mar’osianer bin? Ein Verstoßener der Hydriten? Ein Angehöriger einer Rasse, die in den verborgenen Städten des Meeres lebt? Einer Rasse, die älter ist als die eure?« Agat’ol musterte Thin Skin verächtlich. »Tot wäre ich jetzt! Tot! Oder in einem Käfig gefangen! Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe euch und eure Kultur lange genug studiert und eure primitive Sprache gelernt!« Bevor mein altes Leben endete und mein neues begann, fügte er in Gedanken hinzu.
    Der Junge wich seinem Blick aus und schaute zu Boden.
    Ja, dachte Agat’ol, er weiß, dass ich recht habe. Ein Ausdruck von Schmerz huschte über sein eigenes Gesicht. Wieder meldeten sich die unerwünschten Erinnerungen. Eine Bilderflut jagte durch seine Gedanken. Wie kleine Eisenzähne nagten sie in seinem Schädel: Barbarenmenschen, die ihn in Ketten legten und verhöhnten. Auf ihren Jahrmärkten zur Schau stellten, als wäre er schillernder Seetang. Die ihm Fleischstücke in den Käfig warfen, weil sie glaubten, er wäre ein seltenes Tier. Verbotenes Fleisch!
    Mit seinen verwachsenen Fingern packte er den nächsten Fisch und hieb seine spitzen Zähne hinein. Wütend spuckte er den abgebissenen Kopf Thin Skin vor die Füße. »Was ist jetzt mit General Crow?«
    Der junge Lungenatmer drückte seinen zitternden Körper noch fester gegen die Steinmauer. »Kenne ich nicht!«, hörte Agat’ol ihn flüstern. »Bin nicht von hier!«
    »Aber du kennst Waashton, oder?«
    Zögernd nickte Thin Skin. Etwas wie Hoffnung lag in seinem Blick. Glaubte der Lungenatmer etwa, Agat’ol würde ihn mitnehmen? Vermutlich! Er glaubte ja anscheinend auch, dass der Mar’osianer das Jagdmesser unter der dunklen Öljacke des Jungen noch nicht bemerkt hatte.
    Sie unterschätzen mich immer, diese Oberflächenkriecher! Agat’ol nahm nochmals einen herzhaften Bissen vom Fisch. Schließlich wischte er sich über die wulstigen Lippen. »Sobald es dunkel wird, brechen wir auf!«, ließ er den Jungen wissen.
    Zufrieden stellte er fest, wie Thin Skin sich langsam entspannte. »Du solltest etwas essen!« Er reichte ihm einen der Fische. Angewidert schüttelte der Junge den Kopf. Anscheinend mochte er keinen rohen Fisch. »Welchen Weg werden wir einschlagen und wie lange wird es dauern?«, erkundigte sich Agat’ol betont arglos.
    Thin Skin setzte sich auf und gab bereitwillig Auskunft. Von einem Fluss im Norden redete er. Potomac nannte er ihn. »Flussaufwärts im Westen liegt Waashton. Ich war nur dreimal
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