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Baltrumer Bitter (German Edition)

Baltrumer Bitter (German Edition)

Titel: Baltrumer Bitter (German Edition)
Autoren: Ulrike Barow
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Fantasie überlassen. Vielleicht hat ja
einer der Sonnenanbeter am Strand einen solarbetriebenen Wasserkocher dabei«,
lachte Kleemann. »Das Petermännchen wird, denke ich, eher gebraten verzehrt.
Natürlich ohne die Giftstacheln!«
    »Na, da rufe ich doch lieber gleich die Ärztin an. Die kann das
heiße Wasser dann gleich von zu Hause mitbringen. Und den Grill natürlich
auch.«
    Aus der Ecke gleich neben der Tür, die zur Zelle führte, hörte
Arndt Kleemann plötzlich ein verhaltenes Schnauben, dann tiefes Durchatmen. Es
kam von Michael Röder, der ihn mit gerötetem Gesicht schuldbewusst ansah. »Tut
mir echt leid, Leute. Ich mag gar nicht mehr an die gestrige Situation denken,
wie der Mann da schreiend auf der Buhne gelegen hat. War nicht schön. Aber da
ist der dicke Bürgermeister doch tatsächlich von einem winzig kleinen Fischchen
niedergestreckt worden. Wer hat nicht alles gewünscht, ihn hier loszuwerden,
und wer hat’s geschafft? Ein Petermännchen!«
    *
    Mühsam öffnete Margot Steenken die Augen. Ein Geräusch.
Direkt neben ihr auf dem Nachttisch. Das Telefon.
    Plötzlich war sie hellwach. Sie tastete nach der Nachttischlampe,
dann nach dem Telefon. »Steenken?«, sagte sie angespannt.
    »Margot?«, hörte sie eine leise Stimme.
    »Arnold?« Ein Blick nach rechts brachte Gewissheit: Nein, ihr
Mann lag nicht neben ihr, das Bett war leer. Sie schaute auf die Uhr. Noch fünf
Minuten, dann hätte ihr Wecker geklingelt. Zeit, um ihren Gästen das Frühstück
zuzubereiten. »Arnold, nun sag schon, was los ist. Wo steckst du?«
    »Ich bin bei Georg Hanefeld.« Arnolds Stimme klang seltsam
abgehackt.
    »Wo bist du?« Sie konnte es nicht glauben. Was machte ihr Mann
vor dem Aufstehen bei seinem Kollegen? Aber sein Bett war nicht nur leer, sondern
auch unbenutzt. Das hieß, er war tatsächlich in der Nacht nicht nach Hause gekommen.
Was zum Teufel war der Grund dafür, dass Arnold den Weg nicht gefunden hatte?
Es war das erste Mal, dass so etwas in ihrer Ehe passierte.
    »Ich bin bei Georg«, wiederholte Arnold. Diesmal etwas
kräftiger. Doch immer noch hatte Margot das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
»Wir sind in seinem Gartenhaus. Würdest du bitte Hilda zu uns schicken?«
    Verblüfft schwieg Margot. Hilda? Was sollte Hilda denn mit den
beiden Männern im Gartenhaus? War der Mann denn nun verrückt geworden? Außerdem
schlief das Mädchen sicher noch um diese Zeit.
    »Margot. Hörst du mich? Bitte. Schick Hilda her!«
    »Sag mal, was ist denn los? Willst du mir nicht endlich mal
erklären, was dieser Anruf soll? Und warum bist du nicht hier? Allmählich langt
es mir!«, schimpfte sie ihre Verunsicherung in den Hörer.
    »Margot. Es wird gut. Alles wird gut.«
    Margot stockte. Was war das gerade? Diese Worte, genau diese
Worte hatte er gesagt, als er erfahren hatte, dass Hilda eines der
verschütteten Kinder war.
    Sie schlug die Bettdecke zurück, sprang aus dem Bett, riss die
Vorhänge zur Seite und starrte aus dem Fenster. Doch sie sah nicht, wie die
Sonne die Studentenblumen in ihrem Garten leuchten ließ. Vor ihr lief der
gleiche Film ab, der sie seit dem schrecklichen Unfall immer wieder heimgesucht
hatte. Bis zu dem Moment, wo sie sich professionelle Hilfe gesucht hatte. Aber
jetzt waren die Bilder wieder da. Klar und deutlich. Auch damals hatte das
Telefon geklingelt. Einer der Männer von der Feuerwehr hatte sie von dem
Unglück unterrichtet und sie gebeten, sofort zum Strand zu kommen. Arnold hatte
sie damals ganz fest in den Arm genommen. Aber in seinen Augen hatte sie namenlose
Angst gesehen. Und das war genau das, was sie jetzt fühlte. Wie konnte sie nur
so dämlich sein? Arnold war in Gefahr, das spürte sie jetzt ganz deutlich. Und
Hilda ebenfalls. Es konnte kein Zufall gewesen sein, dass er genau diese Worte
gewählt hatte.
    »Ja, Arnold. Ich habe verstanden. Ich werde jetzt Hilda wecken.
Es kann eine Weile dauern. Du weißt, was für ein Morgenmuffel sie ist. Bis
später.« Ihre Stimme versagte fast bei den letzten Worten. Doch sie wagte noch
einen Versuch. »Soll ich mitkommen? Ich könnte – einen Kaffee mitbringen?«
    Sie hörte einen kurzen, scharfen Wortwechsel am anderen Ende.
Genaues konnte sie nicht verstehen, aber nun war klar: Es musste tatsächlich
eine zweite Person in diesem Gartenhaus sein. Und diese Person war ziemlich
sicher Hanefeld.
    »Nein. Schick einfach nur Hilda. Bitte.« Die Verbindung war
unterbrochen.
    Margot zitterte am ganzen Körper. Was sollte sie
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