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Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel
Autoren: Karl May
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(durcheinander):
    Und sucht den wahren Schatz!
    Babel
(im schwersten Tone):
    Den Geist – – – die Seele!
    Imām:
    Den Geist – – – die Seele!
    Kādi:
    Den Geist – – – die Seele!
    Alle
(durcheinander):
    Den Geist – – – die Seele!
     
    (während dieser Wiederholungen beeilen sich die Ān’allāh, das Zelt hinwegzunehmen. Schēfakā nimmt eine der brennenden Fackeln und steigt in den Turm, um ihn zu erleuchten. Sobald das Zelt beseitigt und der Eingang frei ist strömt eine Fülle des Lichtes durch ihn auf die Szene heraus. Da ruft der Scheik, von dem Anblicke, den er nun vor sich hat, selbst überrascht)
     
    Scheik:
    Wie hell wird es da unten – – – zauberhell!
    Und auch in meinem Innern will es tagen.
     
    (über sich selbst überrascht)

     
    Es ist kein Hohn, es ist kein Spott von mir, Wann ich jetzt endlich, endlich eingestehe, Daß ich Kitāl, Kitāl, der Drache, bin,
    Der, wie das Märchen sagt,
     
    (nach dem Turme deutend)
     

in diesem Turme
    Den Geist der Bibel an die Kette legte.
    Ihr Körper wohnt im alten Testamente, Das hier bei Babel auf dem Tische liegt;
     
    (deutet zu Babel hin, der das Buch in die Höhe hält, um es zu zeigen)
     
    Ihr Geist, ihr wahrer Geist, der wohnt im neuen, Und dieses habe ich damals versteckt,
    Weil Bēnt’ullāh es über Alles liebte,
    Obgleich es im Kurān verboten war.
    Nur Einer außer mir hat es gesehen,
    Daß ich es nahm und wo ich es verbarg,
    Und dieser Eine – – –
    Scheik der Todeskarawane
(hat mit gespanntester Aufmerksamkeit bis hierher zugehört; nun fällt er schnell ein):
    Ist das Kind, dein Sohn,
    Der unten in dem Saal des Drachen spielte Und grad an ihm emporgeklettert war,

    Als du das Buch – – – den Band – – –
     
    (hält inne, sinnt)
     
    Den muß ich sehen!
     
    (geht zu Babel und betrachtet den Band des alten Testamentes)
     
    Babel:
    Der Band, nach dem ihr sucht, war diesem gleich.
    Scheik der Todeskarawane
(sich erinnernd):
    Ich – – – weiß es jetzt – – – ich weiß! Ich hole ihn!
     
    (eilt nach dem jetzt weit offenen Tore des Turmes, kehrt aber, von seinen Gefühlen überwältigt, um und kniet vor der Bibel nieder)
     
    Ich hole ihn – – – ich hole ihn – – – für dich – – –Du meine Mutter – – – meine – – – meine Mutter!
     
    (sie halten sich für einige Augenblicke umfangen; dann verschwindet er schnellen Schrittes in dem Turme. Die Aufregung der Anwesenden ist durch diese neue Entdeckung auf das höchste gestiegen. Im Scheike gärt es bis zur Erschütterung. Er stottert fast, als er jetzt die Bibel fragt)
     
    Scheik:
    Sag, Bēnt’ullāh – – – er ist – – – er ist – – –?

    Bibel:
    Dein Sohn!
    Hākawāti
(jubelnd):
    Ich dachte es! Er fragte nach der Schlange!
    Das Kind! Der junge Herr! Der Stammeserbe!
     
    (die Andern jubeln mit, denn nun ist der glückliche Ausgang sicher, und sogar die persönliche Niederlage des Scheikes bringt keine Schande, da er nur dem eigenen Sohne unterlag)
     
    Babel:
    Das Kind, der junge Herr!
    Erster Aeltester:
    Das Kind, der junge Herr!
    Alle
(durcheinander):
    Das Kind, der junge Herr!
    Imām:
    Der Stammeserbe!
    Kādi:
    Der Stammeserbe!
    Zweiter Aeltester:
    Der Stammeserbe!
    Alle
(durcheinander):
    Der Stammeserbe!
     
    (es erschallen die bekannten, begeisterten Interjektionen)
     
    Scheik
(in die Kniee brechend, nach Atem ringend):

    »Der keinen Vater, keine Mutter hat – – –!
    Er wurde, schmutzig wie ein Ungeziefer,
    Im Dorngestrüpp der Wüste aufgefunden – – –!
    Ein Wechselbalg – – – ein Bankert – – – ein Bastard!«
     
    (jetzt erklingen die Hämmer wieder)
     
    Ihr hört, ihr hört – – – so hämmert es
     
    (aufspringend und sich an die Brust schlagend)
     
    auch hier.
    Ich muß nach Mǟrdistān, muß nach Kulūb,
    Um abzubüßen, meine Schuld zu sühnen!
    Phantasie:
    Und wenn ich dir verzeih?!
    Scheik:
    Das darfst du nicht.
    Du steigst mit uns, denn du bist unsre Seele, Und wenn wir sinken, sinkst auch du mit uns.
    Wer sinken will, der wimmere dich an!
    Doch aber ich, ich bin Abū Kitāl.
    Ich kämpfte mich bisher nur in die Tiefe; Von heute an führt mich der Kampf empor – – –Der Kampf mit mir – – – das Hämmern in der Schmiede – – – Phantasie:
    Und euer Weltenreich? Mit dir als Herrscher?

    Scheik
(hebt die Hände empor und rezitiert seine eigenen Worte aus dem ersten Akte):
    »Doch, bietet mir ein Reich wie Babylon
    Und hier dagegen diese eure
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