Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babel und Bibel

Babel und Bibel

Titel: Babel und Bibel
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
»Geiste«!
     
    (wirft das Buch hinein)
     
    Hinweg, hinweg auch mit der falschen »Seele«!
     
    (wirft auch dieses hinein. Als es geschehen ist, jubeln die Harfen auf und sind dann wieder still)
     
    Babel
(klagend):
    So bin ich nun vernichtet!
    Phantasie:
    O nein, o nein!
    Du mußt die Erde aus der Höhe schauen, Denn nur nach dort hinauf zeigt sie sich wahr.
    Du gehst mit mir!
    Schēfakā
(sofort begeistert zu ihrem Vater tretend):

    Auch ich?
    Phantasie:
    Auch du.
     
    (zur Bibel)
     
    Doch weiter!
    Bibel
(zu Babel):
    Du hast, o Babel, nicht allein geirrt;
    Die Glut muß auch noch Anderes verzehren.
     
    (während der folgenden Verse, die sie nicht nur zu Babel, sondern für Alle spricht, wirft sie die Gegenstände, welche sie nennt, in das Feuer und mit ihnen Alles, was sie über ihren ursprünglichen, weißen, bescheidenen Anzug unten in dem Drachensaale angezogen hat. Hierbei erklingen die Harfen wieder)
     
    Ins Feuer mit dem Gold aus Babylon!
     
    (wirft)
     
    Und mit den Steinen der Schamūramāt!
     
    (wirft)
     
    Ins Feuer mit den Āltupīrti-Ketten!
     
    (wirft)
     
    Und mit den Perlen aus der Sündenflut!

     
    (wirft)
     
    Wenn ich als Fākirā durchs Leben schreite, Soll keine Spange mir am Fuß erklingen!
     
    (wirft)
     
    Und bin ich müd, so such ich meine Ruhe
     
    (die Hände zum Himmel hebend)
     
    Allein bei dir, o Herr, allein bei dir!
     
    (die Anwesenden sind hiervon so tief ergriffen, daß auch sie die Hände heben und, wie betend, das Schlußwort wiederholen)
     
    Phantasie:
    Allein bei dir, o Herr!
    Hākawāti:
    Allein bei dir, o Herr!
    Schēfakā:
    Allein bei dir!
    Alle
(unisono):
    Allein bei dir!
     
    (während hierauf tiefe, heilge Stille herrscht, klingen die Harfen noch einige Takte weiter, und die Bibel geht vom Feuer bis hin zum Scheik, um sich zu seinen Füßen niederzusetzen. Noch ehe sie dies tun
    kann, kommen der Imām und der Kādi herbei zu ihr. Sie beugen sich vor ihr und drücken ihr Gewand an ihre Lippen)

     
    Bibel:
    Ich zürne nicht, denn wer von dem Erlöser, So denkt und spricht, wie
     
    (zum Imām)
     
    du gesprochen hast,
    Der kann doch nicht mein Feind, mein Gegner sein!
     
    (hiermit schweigen die Harfen. Der Imām und der Kādi kehren entlastet an ihre Plätze zurück, und die Bibel läßt sich vor dem Scheike nieder. Dieser kann das nicht fassen. Er traut seinen Augen kaum und fragt in entsprechendem Tone)
     
    Scheik
(zur Bibel):
    Du kommst zu mir – – – zu mir – – –?!
    Bibel
(zu ihm aufschauend):

Dir beizustehn
    In deines Lebens allerschwerster Stunde.
    Scheik
(überwältigt):
    Allāh, Allāh! Und die verstieß ich einst, Um eitlen Ruhmes, eitler Ehre willen!
    Welch eine Härte! Welche Niedertracht!
    Wer kann mir das verzeihen?!
    Bibel:
    Gott und ich!

    Scheik
(wagt es, sich zu ihr niederzubeugen und ihr Haar zu küssen)
    Ist das ein Märchen! Oder ist’s ein Traum?
    Hākawāti
(freudig):
    Das Märchen siegt!
    Babel
(resigniert):
    Der Traum wird uns zerstört!
    Scheik der Todeskarawane:
    Der schwere Traum vom »Geist des Abendlandes«, Der euch mit Hilfe dieser
     
    (auf die Phantasie deutend)
     
    »alten Hexe«
     
    (lächelnd)
     
    Den alten Babelturm entreißen will!
     
    (zur Erklärung)
     
    Der »Geist des Morgenlandes« ging nach West, Das Menschentum der Liebe zu verbreiten.
    Er schwang sich auf zum »Geist des Abendlandes«, Und nun er in die Heimat wiederkehrt,
    Erscheint er fremd in seinem eignen Stamme Und wird von euch verachtet und gehaßt.

    Und doch und doch will ich nur euer Glück; Denn, kam ich auch mit Tausenden zu euch, Um dieses Glück euch Toren au fzuzwingen, So sag ich doch: Behaltet euern Turm,
    Behaltet euer Land, behaltet Alles;
    Wir wollen nichts und nichts, als nur das Eine, Was uns gehört – – – Scheik
(schnell einfallend):
    Was euch gehört? Das wäre?
    Phantasie:
    Der »wahre Geist der Bibel«, den Kitāl, Des Kampfes Drache, mir noch vorenthält.
    Scheik:
    So holt ihn euch! Ich habe nichts dagegen.
    Der Held, der ihn befreit,
     
    (zum Scheik der Todeskarawane)
     
    Der bist ja du.
    Versuch es doch! Und wenn es dir gelingt, So hast du mich, den Drachen, totgeschlagen!
    Phantasie
(zu den Ān’allāh, befehlend):
    So sputet euch! Hinweg mit diesem Zelte!
    Macht frei die Tür, und öffnet hoch das Tor!
    Laßt in der Tiefe heilge Flammen leuchten, Und sucht den wahren Schatz, den Geist – – – die Seele!
    Bibel:

    Und sucht den wahren Schatz Hākawāti:
    Und sucht den wahren Schatz!
    Alle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher