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Auszeit

Auszeit

Titel: Auszeit
Autoren: Marco von Münchhausen
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»Sprungbretter für spätere Erfolge« erweisen. (Mehr zu diesem Aspekt finden Sie in dem Kapitel »Misserfolg«, S. 13).
    In manchen Fällen kann es aber auch gelingen, selbst den Blick auf die andere Seite der Medaille zu werfen und in der Krise schon die Chancen zu erkennen. Nicht umsonst ist das chinesische Zeichen für Krise, Wai-Chi, zugleich das Zeichen für Chance. Die Schlüsselfragen, um die Perspektive bewusst zu wechseln, lauten:
Was bringt dies Ereignis möglicherweise an positiven Begleiteffekten mit sich (auch wenn diese nicht sofort erkennbar sind)?
Was kann ich daraus lernen?
    So kann eine unerwünschte Krankheit die Möglichkeit mit sich bringen, sich endlich einmal auszuruhen und etwas Zeit für sich zu haben. Für einen anderen ist der Verlust des Arbeitsplatzes die Chance, einen lang gehegten Plan Wirklichkeit werden zu lassen und endlich als Selbstständiger Erfolg zu haben. Sicherlich ist dies umso schwieriger, je schwerer ein Schicksalsschlag ist. Bei Naturkatastrophen zum Beispiel lassen sich die Antworten in der Regel erst auf einer anderen Ebene, im größeren Zusammenhang finden. So sind große Unglücksfälle mit zahlreichen Opfern häufig der Anlass, Sicherheitssysteme und Abläufe bei den Rettungshandlungen zu optimieren. Die Tunnelbrände der vergangenen Jahre haben zum Beispiel einen solchen Umdenkprozess in Gang gesetzt, und als Folge des Tsunami im Dezember |32| 2004 wurde ein längst überfälliges Frühwarnsystem installiert, das in Zukunft vor den verheerenden Folgen solcher Seebeben schützen soll.
    All dies soll und kann die Schwere der Leiden für die unmittelbar Betroffenen nicht beseitigen, aber der Blick auf die mögliche andere Seite der Medaille kann uns die Fähigkeit geben, souveräner zu agieren, unseren Blick zu weiten und damit Schwierigkeiten besser zu meistern.
    Natürlich gilt dies, wie in der Geschichte vom davongelaufenen Pferd, auch umgekehrt für vermeintlich glückliche Zufälle. Manchmal bewahrheitet sich auch hier des Spruch: »Wie gewonnen, so zerronnen.« Nicht wenige haben durch den Börsencrash vor einigen Jahren ihre sensationellen Aktiengewinne in kurzer Zeit wieder verloren. Mit der inneren »Vielleicht«-Haltung kann man sich vor allzu großer Enttäuschung bewahren. Dies soll kein Appell zu teilnahmsloser Distanziertheit sein – es ist menschlich und gut, sich über Glücksfälle zu freuen. Doch lebt man freier, wenn man sich die innere Bereitschaft erhält, wieder loszulassen.

    Fragen zum Nachdenken
Welche zunächst unglücklichen Ereignisse in meinem Leben haben sich im Nachhinein als für mich und meine Entwicklung positiv erwiesen?
Wann habe ich schon erlebt, dass mir das glücklich Zugefallene wieder zerronnen ist?
Bei welchen mich derzeit belastenden Dingen in meinem Leben könnte ich mit dem Blick auf die andere Seite der Medaille auch positive Begleiteffekte für mich entdecken?

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|33| Nicht bewerten
    Ohne Bewertungen durchs Leben zu gehen, erscheint zunächst unmöglich. Und tatsächlich ist es überlebenswichtig, unterscheiden zu können zwischen schädlich und unschädlich, zwischen Feind und Freund, zwischen giftig und ungiftig. Aber so nützlich Bewertungen sind, so können sie doch Ursache zahlreicher Probleme sein.
    Am Strand des Meeres wohnten drei alte Mönche. Sie waren so weise und fromm, dass jeden Tag ein kleines Wunder für sie geschah. Wenn sie nämlich morgens ihre Andacht verrichtet hatten und zum Bade gingen, hängten sie ihre Mäntel in den Wind.
    Und die Mäntel blieben im Wind schweben, bis die Mönche wiederkamen, um sie zu holen.
    Eines Tages, als sie sich wieder in den Wellen erfrischten , sahen sie einen großen Seeadler übers Meer fliegen.
    Plötzlich stieß er auf das Wasser herunter, und als er sich wieder erhob, hielt er einen zappelnden Fisch im Schnabel.
    Der eine Mönch sagte:»Böser Vogel.« Da fiel sein Mantel aus dem Wind zur Erde nieder, wo er liegen blieb.
    Der zweite Mönch sagte:»Du armer Fisch.« Und auch sein Mantel löste sich und fiel auf die Erde.
    Der dritte Mönch sah dem enteilenden Vogel nach, der |34| den Fisch im Schnabel trug. Er sah ihn kleiner und kleiner werden und endlich im Morgenlicht verschwinden.
    Der Mönch schwieg. Sein Mantel blieb im Winde hängen.
    Nicht zu bewerten wird hier als Voraussetzung für die Wunderkraft der Mönche dargestellt. Aber ist das überhaupt möglich? Können wir überhaupt ohne Bewertungen durchs Leben gehen, wo doch von den
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