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Auslegware

Auslegware

Titel: Auslegware
Autoren: Ashan Delon
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ausgestattet, da mir Staubsaugen, Wischen und Wohnungsputz allgemein nicht zusagten. Einmal wöchentlich mit dem Sauger durch, reichte vollkommen aus.
    Aber wenn der Kunde lieber einen hochflorigen Teppich wollte, war ich der Letzte, der ihn davon abhielt.
    Auslegware , schoss es mir durch den Kopf. Er will Auslegware – mich.
    Ich nickte und wirbelte sogleich herum. Innerlich kochend begab ich mich einen Paternoster weiter, hämmerte auf den Knopf und ließ die Rollen eine Weile rotieren.
    So ein Schwachsinn. Er will nicht mich, sondern einen kuscheligen Teppich, in den er seine nackten Zehen bohren konnte.
    „Was für eine Farbe haben Sie sich vorgestellt?“, wollte ich wissen, um das Schweigen zwischen uns zu zerstören und meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
    „Meine Lieblingsfarbe ist eigentlich rot“, erzählte der Kunde und lächelte mich wieder nett an. Dasselbe Lächeln, das er auch Andrea geschenkt hatte.
    Enttäuschung machte sich in mir breit.
    „Aber ich habe schon so viel davon in meiner Wohnung, ich denke, das wird dann zu viel.“ Er schnaufte und beobachtete kurz die Rollen, wie sie an ihm vorbeiflanierten. Als er kurz zuckte und sein Augenmerk auf eine der Rollen hängen blieb, hielt ich die Maschine an, sodass die betreffende Rolle, die ihm anscheinend gefallen hatte, direkt vor ihm zum Halten kam.
    Es war ein höherwertiger Schlingenteppich in burgunderrot mit kleinen schwarzen Sprenklern, der gerne gekauft wurde. Ich rollte ein paar Meter ab und strich mit der Hand über die weichen Schlingen.
    „Sehr weich zu nackten Füßen“, erklärte ich und drückte ein paar Schlingen auseinander, damit er dazwischen blicken konnte. „Relativ pflegeleicht. Die Fasern sind strapazierfähig, aus 100 % Polyamid, haben eine sehr hohe Dichte, auch für Fußbodenheizung geeignet, antistatisch, nicht entzündlich und nicht saugaktiv. Also wenn Ihnen ein Malheur passiert, kann es leicht entfernt werden. Je nach Benutzung wäre jedoch einmal jährlich eine Tiefenreinigung ratsam.“ Ich war in meinem Element, ratterte meinen Werbetext wie eine Schreibmaschine herunter. „Dieser Artikel ist allerdings durch seine Gesamthöhe und dem daraus resultierenden Gewicht nicht einfach zu verlegen. Zwei, besser drei Mann sind nötig, um ihn einzupassen.“ Ich drehte eine Ecke um und präsentierte ihm auch die Kehrseite des Teppichs. „Es hat zwar einen weichen Vliesrücken, der ein komfortables Handling ermöglicht und das Gewicht reduziert, dennoch ist das Ding ganz schön knifflig überhaupt erst zu fixieren.“
    Der Kunde sah hoch. In seinem Gesicht stand Verzweiflung, Überforderung. Ich seufzte leise. Das wäre nicht der erste Kunde, dem ich erst einmal die Grundvoraussetzungen des Teppichverlegens erklären müsste.
    „Wie viel Quadratmeter hat das Zimmer, in welchem Sie den Teppich verlegen wollen?“, erkundigte ich mich. „Wie ist die Beschaffenheit des Bodens?“
    „Ausgemessen habe ich mein Wohnzimmer bereits“, erklärte der Mann nicht ohne Stolz und fischte einen Zettel aus seiner Hosentasche, den er mir überreichte. Auf dem zerknitterten Stück Papier war eine einfache Skizze gezeichnet, ein leicht windschiefes Rechteck mit Zahlen an jeder Seite. „Fünfundfünfzig Quadratmeter“, fuhr der Kunde fort. „Wobei man um den Kamin doch keinen Teppich machen kann, oder?“
    Ich nickte und überflog die Skizze. In einem Eck waren ein Kreuz und ein Pfeil. Daneben stand das Wort Kaminofen . „Da reicht eine feuerfeste Funkenschutzplatte unter dem Kaminofen. Oder Sie unterlegen den Bereich weiträumig mit einem nicht brennbaren Fliesenspiegel.“
    Abermals sah mich der Kunde verzweifelt an. „Was würden Sie mir raten?“
    „Miete oder Eigentum?“, wollte ich wissen.
    „Miete.“
    „Platte“, sagte ich und reichte ihm den Zettel. Dabei vermied ich es, ihn zu berühren.
    „Ich bin erst vor ein paar Wochen dort eingezogen. Erst wollte ich alles so lassen, wie es war, aber das gefiel mir dann doch nicht“, berichtete er freizügig. „Der Teppich roch muffig und wer weiß, was meine Vormieter alles hinterlassen hatten. Als dann noch der alte Boiler im Bad ausgewechselt werden musste und die Arbeiter einen Wasserschaden anrichteten, entschloss ich mich zu einer Komplettrenovierung. Ich habe zwar überhaupt keine Zeit hierfür, aber ich will ja noch länger dort wohnen und mich endlich wohlfühlen.“ Er seufzte leise und betrachtete den Teppich mit leuchtenden Augen. „Mist“,
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