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Auslegware

Auslegware

Titel: Auslegware
Autoren: Ashan Delon
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räuspern. Meine Stimme hörte sich einfach beschissen an, rau und krächzend wie ein altersschwacher Hahn.
    „Super“, freute er sich. „Bis später.“ Er lächelte mich breit an. Dabei musste er den Kopf leicht in den Nacken legen, da er wegen seiner geringeren Körpergröße zu mir aufsehen musste. Seine Augen strahlten wieder so Blau wie ein Sommerhimmel. Zwei Reihen blendend weißer Zähne funkelten mit ihnen um die Wette.
    Mir wurde ganz schwummrig. Ich musste mich erneut gegen die Rolle lehnen, versucht daraus, eine lässige Geste zu machen. Doch die Rolle drehte sich und ich rutschte ab. Gerade noch im letzten Moment, ehe es tollpatschig und unbeholfen aussehen konnte, fing ich mich wieder und nickte ihm zu.
    „Bis später“, verabschiedete ich mich und sah ihm zu, wie er mit seinem gewohnt federnden Gang davonmarschierte. Sein Hintern bewegte sich dabei so lasziv hin und her, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief und mein Herz einen Geschwindigkeitsrekord anstrebte. In meinen Ohren rauschte es so laut, dass ich Amandas Stimme überhörte.
    „Was war denn das?“, wollte sie wissen und blickte dem Kerl hinterher.
    Ich warf einen flüchtigen Blick auf den Zettel. Marius Demeter …
    „Seit wann nimmst du Privataufträge an?“ Sie sah mich streng an, stemmte ihre Hände in die Hüften wie eine Grundschullehrerin und fixierte mich mit stechendem Blick.
    Rasch löste ich mich aus meiner benebelten Gemütslage und knurrte sie missmutig an. „Abgesehen davon, dass es dich einen Scheißdreck angeht“, grummelte ich, „hat dieser Kunde fast tausend Euro für einen Teppich bezahlt, dem er allein nicht Herr wird. Ich hab ihn ja gewarnt, aber du kennst die Leute ja.“ Ich stopfte das Stück Papier in meine Brusttasche. „Hast du nichts Besseres zu tun, als die Gespräche anderer zu belauschen? Ich denke, in deiner Abteilung warten auch schon ein paar Kunden darauf, von dir bedient zu werden.“ Dabei betonte ich das Wort bedient ausdrücklich. Mir war es egal, was sie deswegen von mir dachte. Ich konnte ebenso zweideutige Anspielungen machen.
    Erwartungsgemäß wirbelte sie mit einem schnippischen „Phh!“ herum und stolzierte davon.
    Für mich war die Sache noch lange nicht erledigt – sie ging erst jetzt los.
    Den ganzen restlichen Nachmittag bis zu meinem Feierabend war ich so unkonzentriert und nervös, dass ich den falschen PVC-Belag für einen Kunden herrichtete, mich mehrmals vermass und es auch nicht fertigbrachte, die angelieferten Rollen fertigzuzählen und in den Computer einzugeben. Es war wie verhext. Meine Gedanken waren nicht da, wo sie sein sollten. Sie waren bei Marius Demeter und seinem burgunderroten Teppich.
    Mit dem Feierabend kam Erleichterung aber auch noch größere Nervosität über mich. Mehrmals musste ich mir im Geiste vorsagen, dass ich nur einen Teppich verlegen sollte – nicht weniger und auf gar keinen Fall mehr. Da brauchte ich mir gar keine Hoffnungen zu machen. Dennoch konnte ich mich nicht davon abhalten, nach Hause zu düsen, rasch unter die Dusche zu springen und pünktlich um halb neun vor seiner Tür zu stehen. Damit es so aussah, als würde ich direkt von der Arbeit kommen, hatte ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit meine Arbeitsklamotten wieder angelegt. Ich wollte keinen falschen Eindruck erwecken. Außerdem hatte ich mir vorher noch sämtliche Gerätschaften und Materialien zurechtgelegt, die ich eventuell brauchen würde. Ich bezweifelte, dass dieser Herr Demeter das passende Werkzeug parat hatte. Mit dem Werkzeugkoffer und einer Tüte mit weiteren Materialien drückte ich schließlich auf den Klingelknopf an dem Mehrfamilienhaus. Sein Name stand ganz links unten.
    Nur ein paar Sekunden später ertönte auch schon der Summer, der mir die Haustür öffnete, als hätte er an seiner Wohnungstür gestanden und nur auf den Besuch gewartet. Mein Herz klopfte wieder wie wild und ich musste einige Male tief durchschnaufen, ehe ich den Hauseingang betrat.
    „Hallo!“, kam mir Marius lächelnd im Hausflur entgegen. Als er mich sah, mit Werkzeugkoffer und Plastiktüte bewaffnet, wurden seine Augen groß.
    „Nur zur Sicherheit“, beruhigte ich ihn und setzte ein profimäßiges Gesicht auf. Ich hatte schon einige Teppiche verlegt und so manch skurrile Sachen erlebt. Auf alles vorbereitet zu sein, war das A und O in meinem Job.
    „Hallo“, begrüßte ich ihn endlich und blieb vor ihm stehen. Für einen Moment überlegte ich, ob er wegen meines Gepäcks
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