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Auslegware

Auslegware

Titel: Auslegware
Autoren: Ashan Delon
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waren schon gleich gar nicht für mich interessant. Man wusste nie, woran man bei ihnen war. Sie konnten einem alles Mögliche vormachen. „Nach Feierabend hab ich nur selten Lust zu was. Nach acht Stunden Arbeit bin ich immer ziemlich geschlaucht.“
    Marius nickte zustimmend. „Kann ich mir denken, wenn du den ganzen Tag diese schweren Rollen herumstemmen musst.“ Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, bevor er die Flasche an die Lippen ansetzte und es unwillkürlich verschwand.
    Ich stellte die Flasche beiseite und erhob mich. „Machen wir mal weiter, damit das heute noch was wird.“ Eigentlich wollte ich nur die peinliche Atmosphäre damit zerstören. Irgendwie war auf einmal die Luft aus dem Ganzen entwichen. Mit dem Verdacht, er könnte ein Schauspieler sein, war auch mein Interesse an ihm abgeflaut. Warum das so war, konnte ich selbst nicht genau sagen. Irgendwie behagte es mir nicht.
    „Stimmt“, pflichtete er mir bei und sprang fast vom Schneidersitz aus in den Stand. Wie er das fertigbrachte, konnte ich beim besten Willen nicht sagen. Ich versuchte, meinen Blick von ihm zu nehmen, als er hochgesprungen war. Mein Verstand kämpfte darum, dieses Phänomen zu erklären. Als er kurzerhand sein schwarzes T-Shirt über den Kopf zog und zur Seite warf, wäre ich am liebsten zusammengeklappt wie ein kaputter Klappstuhl.
    So klein, hager und zerbrechlich, wie er angezogen wirken mochte, so überraschend war das nun, was er mir präsentierte. Auf seinem Bauch waren deutlich sechs Muskelberge zu erkennen, die sich aufbäumten, als er sich kurz streckte. An seinen Oberarmen wölbte sich deutlich sichtbar der Bizeps, als er sie leicht anspannte. Über der rechten Brust fauchte mir ein faustgroßes Tigertattoo entgegen, die Zähne gefletscht und mit glühenden Augen. Ich riss erstaunt die Augen auf, während mein Blick so schnell es ging, einscannte, was ihm geboten war, bevor es anzüglich oder aufdringlich wirken konnte. Schließlich musste ich mich mit Gewalt von diesem leckeren Anblick reißen.
    Ich wirbelte herum, schnappte mir Schere und Schiene und ging wortlos in eine der Ecken, um dort mit der Arbeit zu beginnen.
    Währenddessen hatte Marius munter weitergeplaudert.
    „Wir wollen doch nicht, dass deine Freundin länger als nötig auf dich warten muss“, bekam ich vom Rest seiner Rede mit.
    Ich musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu antworten. Einem Hetero zu verraten, dass keine Frau wartend zuhause hockte, war so ziemlich das Dämlichste, was man tun konnte. Abgesehen davon, dass bei mir höchstens ein gähnend leerer Kühlschrank und die Fernbedienung vor Wut oder Eifersucht das Nudelholz schwingen könnten.
    Daher grummelte ich nur etwas Unverständliches, das ich selbst nicht verstehen konnte, drückte den dicken Stoff in die Ecken und begann zu schneiden. Mir war die Lust an einer Unterhaltung vergangen, auch wenn wir noch nicht viel miteinander geredet hatten. Ein verdammter schauspielernder Hetero-Tänzer … Ich hatte aber auch ein Glück.  
    Fest entschlossen, die Arbeit schweigend zu beenden, versuchte ich, meine Konzentration auf meine Hände zu lenken und darauf, was ich zu tun hatte.
    Erst herrschte Schweigen im Raum, das lediglich von dem leisen Knirschen des Cuttermessers unterbrochen wurde, wenn ich es durch den Vliesrücken gleiten ließ. Dass Marius halbnackt hinter mir stand und mich beobachtete, machte es mir nicht gerade leichter.
    Irgendwann schwitzte ich so sehr, dass ich eine Pause einlegen musste. Meine Hände zitterten vor Anstrengung. Ich richtete mich etwas auf, wischte mir den Schweiß von der Stirn und wäre fast zurückgezuckt, als eine Wasserflasche vor meinem Gesicht auftauchte.
    Trotz allem dankbar nahm ich sie an, trank etwas davon und stellte sie wieder ab. Ich musste mich beeilen und das Ganze so schnell wie möglich hinter mich bringen. Noch nie war es so schwer für mich, einen Teppich zu verlegen.
    „Mach mal eine kleine Pause“, riet Marius und setzte sich neben mich. Diesmal hockte er sich auf seine Fersen und sah mir interessiert zu. „Du hast geschickte Hände“, sagte er mit einem merkwürdigen Ton.
    „Gelernt ist gelernt“, gab ich schnaufend von mir. Eigentlich war ich gelernter Einzelhandelskaufmann und zu diesem Knochenjob gekommen, wie die Henne zum Ei. Nach meiner Lehre in einem anderen Baumarkt war die Stelle in der Abteilung frei geworden und mein Boss hatte mich dazu bestimmt. Basta.
    Mit dem Können, das ich mir da aneignen
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