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Drake (German Edition)

Drake (German Edition)

Titel: Drake (German Edition)
Autoren: H. D. Klein
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    N  =  Anzahl der intelligenten Zivilisationen in einer Galaxie
     
    Caitlyn Mulholland glitt scheinbar schwerelos durch die Gänge der Verwaltungseinheit. Mit weit ausholenden und bedächtigen Schwüngen pendelten ihre Arme im Takt gleich einer Eisschnellläuferin vor und zurück.
    Sie wusste, sie durfte keinen Fehler machen, denn ein Sturz konnte sehr schmerzhaft an einer Wand enden.
    Sie wusste aber auch, sie würde keinen Fehler begehen. Selbstbewusst legte sie die Strecke jeden Tag von den Wohnblocks hierher in die Verwaltung auf ihren Grafitschuhen zurück und bisher war noch immer alles gut gegangen.
    Sie wusste weiterhin, dass es nicht gerne gesehen wurde, wenn Mitarbeiter ihren Weg zur Arbeit auf diese sportliche Art und Weise bewältigten, aber direkt verboten war es auch nicht.
    Die meisten ließen sich in gepolsterten Druckkabinen zu ihrem Arbeitsplatz schießen. Eine bequeme, wenn auch ziemliche langweilige Art, den Tag zu beginnen.
    Caitlyn schauerte bei dem Gedanken, in einer der engen Röhren zu stecken und sich den für sie unangenehmen Beschleunigungskräften auszusetzen, auch wenn ihr Nelly Cortez, ihre Zimmernachbarin, immer wieder versicherte, die Kabinen seien absolut sicher.
    Trotzdem, für Caitlyn war ihre sportliche Übung der optimale Beginn eines langen Arbeitstages.
    Wie jeden Morgen begegnete sie keiner Menschenseele. Zum einen aus der bereits erwähnten Tatsache, dass niemand die Gänge benutzte, und zum anderen, weil in diesem Moment alle vor den Frames saßen und Caitlyns Dahingleiten aufmerksam verfolgten.
    Wie jeden Morgen.
    Für die knapp sieben Minuten, die sie für die Strecke benötigte, ruhte alle Arbeit in den Einheiten. Caitlyn wusste, dass Wetten abgeschlossen wurden. Darauf, wie schnell sie den Weg zurücklegen oder ob sie vielleicht sogar stürzen würde.
    Lächerlich! Sie war noch nie zu Fall gekommen.
    Genau aus diesem Grund war ein Sturz auch der höchst dotierte Wetteinsatz. Er lag zurzeit bei etwa 1:1000.
    Aber die Wetten waren nicht der einzige Grund für das voyeuristische Verhalten ihrer Kollegen.
    Caitlyn war so ziemlich die schönste Frau von allen Einheiten. Nicht nur ziemlich – sie war einfach umwerfend schön. Das alleine jedoch wäre kein Anlass dafür gewesen, die gesamte Belegschaft jeden Morgen für zehn Minuten vor die Frames zu locken. Jede Frau konnte heutzutage mithilfe von speziellen Favorite-Programmen das Beste an die Oberfläche bringen oder problemlos Änderungen an sich vornehmen. Nein, es war die einzigartige Anmut, mit der sich Caitlyn durch die Gänge bewegte. Das natürliche Fließen ihrer Fortbewegung, gepaart mit einer eigenen, ganz seltenen und beinahe unnahbaren Arroganz. Und die beiden Wörter beinahe unnahbar machten den Reiz an Caitlyn aus. Trotz dieses Reizes war sie doch eine von ihnen, eine aus der Gemeinschaft. Ihre Distanz ergab sich aus ihrer unkomplizierten Art, scheinbar jeden und alles zu kennen, aus ihrem komplexen Wissen über Vorgänge in der Gesellschaft und über den Ablauf in den Einheiten. Es schien niemanden in der Belegschaft zu geben, mit dem sie nicht schon irgendwann einmal gesprochen hatte, oder nichts, mit dem sie sich nicht schon einmal beschäftigt hatte. Caitlyn war für alle ein Phänomen, eine Frau für jeden Fall.
    Caitlyn war sich all dessen bewusst. Schon alleine deswegen genoss sie die ungewöhnliche Art und Weise, an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Ein weiterer Grund für ein Ignorieren jener scheußlichen Druckluftröhren.
    Ganz abgesehen davon, wäre es für sie ein Leichtes gewesen, ihren Kollegen und Kolleginnen das Phänomen ihrer Person zu erklären: Talent und Planung. Zuerst das Erkennen der Talente, danach eine frühe Planung des weiteren Verlaufs ihrer Karriere. Schon sehr bald in ihrer Jugend hatte sie festgestellt, wie positiv das Umfeld auf sie reagierte. Sie schien eine besondere Aura zu besitzen, die alle Personen anzog, aber gleichzeitig eine natürliche Grenze aufzeigte. Bis hierhin gerne, aber nicht weiter. Damit besaß sie eine Grundlage, auf der sie ihr gesamtes Leben gezielt aufbaute. Disziplin war unumgänglich.
    Dann fügte sie Wissen hinzu.
    Wissen in Form von verschiedenen Studien, Sprachen und dem gesellschaftlichen Umgang mit Menschen.
    Heute besaß sie mit ihren gerade einmal 29 Jahren mehrere Magistertitel und eine Sammlung von nutzlosen Pokalen einiger nationalen Meisterschaften in diversen Sportarten.
    Eisschnelllauf gehörte auch dazu.
    Jetzt aufpassen! Die nächste
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