Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
Autoren: Emily Byron
Vom Netzwerk:
kühle Stahl der Kanüle durch Haut und Fleisch bohrte, doch das hatte ich erwartet. Ich zwang mich, den Kolben nach unten zu drücken und spürte umgehend, wie sich das Aevum kalt wie Eis durch meine Venen in Richtung Herz fraß. Zitternd zog ich die Nadel aus meinem Hals und ließ die Spritze auf den Boden kullern. Kälte lief in schnellen Schauern durch mich hindurch, und als das Serum kurz darauf mein Herz erreichte, schnürte es mir die Atemluft ab. Ich wickelte noch das Laken fester um meinen Körper, bevor ich röchelnd zusammensackte und dabei doch versuchte, nicht allzu laut zu sein. Eisige Klauen griffen nach meinem Herzen und drückten es so lange zusammen, bis es begann, sich der Übermacht zu ergeben und seine Schläge zu verlangsamen.
    So ist also sterben, dachte ich noch, als die kalten Bodenfliesen mein Gesicht berührten. Langsam schloss ich die Augen, während ich versuchte, ruhig weiter zu atmen. Es war, als wären auf einmal tonnenschwere Felsbrocken auf mir abgeladen worden, die mich nun langsam unter ihrem Gewicht erdrückten. Starben alle anderen vielleicht auch so?
    All die Menschen, die sich nicht ihrem Schicksal ergaben, sondern sich selbst das Leben nahmen?
    Starben sie alle einsam und allein?
    Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Daron nie danach gefragt hatte.
    Und noch während ich dachte, dass es so wahrscheinlich auch besser sei, öffnete sich vor meinem inneren Auge ein heller Wirbel, der mich mit der Kraft einer Turbine wie eine Feder in sein Innerstes zog. Ich spürte, wie ich aus meinem Körper gerissen wurde und auf einer warmen Welle blendenden Lichts dahintrieb, direkt hinein in die Welt, von der ich hoffte, dass Daron sich in ihr befand.
    Daron.
    Mein geliebter Daron.
    Dann schlief ich ein.

44
    Warmer Wind wehte mir ins Gesicht, als ich meine Augen öffnete. Strahlend blauer Himmel ohne die kleinste Wolke leuchtete über mir und gewährte den gleißenden Strahlen der Sonne allen Platz, den sie benötigten, um ihre Kraft in jeden Winkel der Erde zu senden. Augenblick mal.
    Welche Erde?
    Das letzte, woran ich mich erinnerte, war der kalte Boden der Toilette gewesen, nachdem ich mir die Spritze verabreicht hatte. Reflexartig griff ich an die Einstichstelle in meinem Hals, doch weder spürte ich eine Wunde, noch klebte Blut an meiner Hand, als ich sie mir vors Gesicht hielt.
    Bedächtig setzte ich mich auf und blickte mich langsam um. Ich lag auf einer Art großer Chaiselongue, wunderbar weich gebettet inmitten unzähliger Kissen. Meine Hand strich über den weißen Stoff der Liege, der sich flauschig an meine Haut schmiegte. Am liebsten hätte ich mich wieder zurückgelehnt und hineingekuschelt, so sehr lud er zum Verweilen und Träumen ein. Doch egal wie stark mich dieses Angebot reizte, mindestens ebenso dringend wollte ich auch wissen, wo ich mich hier befand.
    Die Chaiselongue stand auf einer hellen Terrasse, von der drei Stufen hinab in einen riesigen traumhaften Garten führten, der von hohen weißen Mauern umgeben war. Überall reckten sich Orchideen, Rosen und Hibiskussträucher in Hülle und Fülle der lebensspendenden Kraft der Sonne entgegen. Ich musste angesichts dieser Schönheit kurz schlucken. Noch nie zuvor hatte ich ein solch zauberhaftes Meer Tausender prachtvoller Blüten gesehen, die mich in eine Farbsinfonie aus Pink, Violett und Weiß eintauchen ließen.
    Ein leichter Wind strich mir um den Körper, als ich die Stufen zum Garten herab schritt, und ließ mein langes, weißes Sommerkleid spielerisch aufflattern. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals ein solches Kleid besessen, geschweige denn getragen zu haben. War das hier etwa die Anderswelt?
    Neugierig betrat ich den schmalen, sandigen Weg, der durch das Blütenmeer führte, und berührte mit meinen Händen links und rechts von mir zärtlich jede einzelne Blume, die sich mir entgegenreckte. Tief sog ich ihren Geruch ein, ein leichtes Aroma aus Nektar und Rosenduft, das über diesem Garten hing, vermischt mit der Intensität der Sonnenstrahlen. Egal wo ich war, ich fühlte mich hier so unglaublich wohl. Beinahe war mir, als wäre ich zu Hause angekommen.
    Spielerisch ließ ich hier und da meine Füße im Sand spielen und genoss dabei sein kitzelndes Gefühl auf meiner Haut. So hatte ich mir immer den Ort meiner Träume ausgemalt. Ein Garten Eden, schützend umgeben von einer weißen Mauer. Ich verfolgte weiter den engen Weg durch das Blütenmeer, bis er eine Linkskurve machte. Als ich um die Biegung trat,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher