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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
Autoren: Emily Byron
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egal, dass sich mittlerweile das Laken von mir verabschiedet hatte und ich erneut nackt vor versammelter Mannschaft dastand.
    Was ist schon ein bisschen Nacktheit im Vergleich zum Verlust eines geliebten Menschen? Drauf geschissen.
    Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht an Darons Hals und sog seinen unvergleichlichen Duft ein. Ich roch Wiesen und Felder, Wald und Regen, Moose und Sonne – all das, was für mich den Inbegriff des Lebens bedeutete. Und ich bemerkte, dass dieser Geruch weniger intensiv war. Er hatte bereits begonnen zu vergehen.
    Entsetzt legte ich Daron einen Hand auf die Brust und versuchte, das Heben und Senken seines Atems zu spüren. Es war noch da, allerdings schon so schwach, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis das Aevum seinen Zweck endgültig erfüllt hatte. Das sich verlangsamende Piepsen des Herzmonitors bestätigte meinen schlimmen Verdacht.
    Heulend blickte ich auf und sah den anderen der Reihe nach ins Gesicht.
    „Bitte“, flehte ich Franziska an, die sich zwischenzeitlich in Alans Arme geflüchtet und ihre Brille abgenommen hatte. Zwei dicke Tränen rannen über ihr Gesicht.
    „Ich kann ihm nicht helfen, Aline“, flüsterte sie leise und schaffte es kaum, mich anzuschauen. „Einmal eine ganze Dosis Aevum gespritzt, gibt es keine Rettung mehr. Das Vivesco, das wir zum Neutralisieren verwenden, hilft nur bei kleineren Mengen wie im Falle einer Betäubung oder wenn das Aevum vorher verdünnt wurde. Eine komplette Injektion hochprozentiges Aevum ist damit nicht zu kurieren. In einer solchen Dosierung ist es endgültig. Ich habe in all den langen Jahren im Dienst der Ewigen versucht, das Vivesco zu verstärken, doch leider blieb mir der Durchbruch bisher verwehrt. Es tut mir so leid, Aline.“ Angesichts einer solchen Aussage hätte ich am liebsten aus Verzweiflung laut losschreien und wie eine Irre auf Mael einschlagen wollen, doch ein Teil von Franziskas Worten blieb mir im Gedächtnis hängen. In all den langen Jahren im Dienst der Ewigen, hatte sie gesagt.
    In all den langen Jahren …
    Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf. Eine Idee, die ich mir in meinen kühnsten Träumen nie auszumalen getraut hätte, ein Vorhaben, das mir mehr abverlangen würde, als ein normaler Mensch zu geben fähig war. Aber ich war ja kein normaler Mensch. Zumindest nicht zu absolut hundert Prozent.
    Ruhe überkam mich schlagartig und ließ meine Tränen versiegen. Ich wusste, wie ich Daron retten konnte. Nackt, wie ich war, erhob ich mich vom Bett und drehte mich zu Cayden um. Wie er dort stand, gleich einer Statue aus schwarzem Marmor gemeißelt mit krallenbesetzten Flügeln, die Augen nichts weiter als rote Flammen der Hölle, wäre ich vor einer Woche noch schreiend davongelaufen. Doch mittlerweile kannte ich das wahre Wesen der Ewigen. Ich hatte es zum ersten Mal an Daron gesehen und akzeptiert – war es doch das, was ihn und seine Brüder zu dem machte, was sie waren.
    Anderswesen.
    Erlöser.
    Todesengel.
    „Nimm mich“, sagte ich zu Cayden mit der soeben erlangten Ruhe und ließ keinen Zweifel an meiner Bestimmtheit.
    Auch, wenn Caydens Haut komplett schwarz war, konnte ich erkennen, wie er ungläubig die Stirn runzelte.
    „Was?“
    „Nimm mich an Darons Stelle. Mein Leben für seines. Wenn Franziskas Vorfahr mit euch einst einen Deal abschließen konnte, der das Schicksal bezwang, dann kann ich das auch. Ich tausche hiermit mein Leben gegen Darons. Offenbar soll es so sein, dass einer von uns beiden gehen muss. Dann werde ich das sein. Ich bin für Daron bereits verloren und für das Fortbestehen eurer Familie nicht mehr weiter von Belang. Daron dagegen ist zu wichtig, als dass ihr ihn gehen lassen könnt. Und erzähl mir jetzt bitte bloß nicht, dass du das nicht kannst. Ich bin zwar neu in eurer Materie, aber ich bin nicht blöd.“
    Das war mehr als ein gewagter Bluff, denn ich hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, ob die Ewigen dazu fähig waren, das Schicksal derart auszutricksen. Doch was schadete es schon, es zu versuchen?
    Auch wenn es schwierig war, in Caydens tiefroten Augen zu lesen – seine Mimik und Körpersprache waren nicht allzu schwer zu deuten. Ablehnung spiegelte sich in seinem Gesicht wider, und er verschränkte die Arme über seiner massiven Brust.
    „Kommt nicht in Frage, Aline. Ich werde nicht einfach dein Leben gegen das Leben meines Bruders tauschen, auch wenn ich mir mehr als alles andere wünsche, dass er weiterlebt. Aber wir sind hier nun einmal
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