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Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde!
Autoren: Frederik Pohl
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    Im Winter 1933, als ich gerade dreizehn war, wurden mir drei neue Fakten bewußt.
    Das erste Faktum war, daß keine Ordnung auf der Welt herrschte. Das zweite, daß ich nicht beabsichtigte, technischer Chemiker zu werden und mein Leben lang zu bleiben, egal, was ich meinem Berufsberater in der technischen High School von Brooklyn auch gesagt hatte. Und das dritte, daß ich nicht der einzige war, der sich Science-fiction zum Lebenszweck machte.
    Diese neuen Feststellungen waren sehr wichtig für mich und hingen auch gewissermaßen zusammen. Ich hatte gerade mein zweites Semester in der Brooklyn Tech begonnen. Es war ein grimmig kalter Winter, und das, als die Depression an ihrem Tiefstand angelangt war. Es gab nicht viel, worüber man sich hätte freuen können. Die Arbeitslosen standen in langen Schlangen um Brot an und ersehnten sich Schnee – denn dann würden sie zum Schneeschaufeln eingesetzt. Roosevelt war soeben zum Präsidenten gewählt, aber noch nicht in sein Amt eingesetzt worden. Die Banken machten Pleite.
    Es war nicht viel Geld im Umlauf, aber andererseits brauchte man auch nicht viel. Die U-Bahn kostete einen Nickel, also fünf Cent, genau wie ein Hot dog (ein Brötchen mit Frankfurter) bei Nedicks – ich war erst vor kurzem wieder einmal bei Nedicks und bezahlte für das gleiche Hot dog fünfundzwanzig Cent. Für einen Dime (zehn Cent) kam man ins Kino, oder man schenkte ihn einem Hungrigen, der sich dafür eine Dose Suppe leisten konnte.
    Es stellte was vor, in die Brooklyn Tech zu gehen. Das ist vermutlich der Grund, daß ich mich für sie entschied. Wie viele meiner Kollegen muß ich wohl gestehen, daß ich als Kind ein intellektueller Snob war. Der Schulkomplex bestand aus mehreren Gebäuden. Den Weg von einem zum anderen machte ich gewöhnlich in Gesellschaft eines großen mageren Jungen namens Joseph Harold Dockweiler, und schon bald entdeckte ich, daß wir etwas von größter Wichtigkeit gemeinsam hatten. Auch er war Science-fiction-Fan reinsten Wassers, das heißt, er las die Sachen nicht nur, sammelte sie, besorgte sich alle fehlenden Ausgaben und wühlte in den Antiquariaten nach möglicherweise übersehenen Nummern oder Titeln, sondern hatte, genau wie ich, die Absicht, einmal selbst Science-fiction zu schreiben.
    Sechs oder sieben Jahre später wurde aus Joseph Harold Dockweiler Dirk Wylie. Zu einem noch weiter in der Zukunft liegenden Zeitpunkt gründeten wir gemeinsam eine Literaturagentur, aber tragischerweise nicht allzu lange danach starb er mit achtundzwanzig an den Folgen einer Verwundung während der deutschen Ardennenoffensive im Dezember 1944.
    Dirk war der erste mit den gleichen Interessen wie ich. Als wir herausfanden, daß wir nicht allein dastanden, dachten wir daran, andere zu suchen, die wie wir die Qualität AMAZINGS mit der von WONDER STORIES vergleichen und sich über die galaktischen Abenteuer unterhalten wollten, wie sie in E. E. Smiths SKYLARK-Stories zu finden waren. Kurz gesagt, wir suchten das SF-Fandom.
    Schade war, daß es noch nicht ganz existierte.
    Erfreulich war, daß es seiner Geburt entgegenblickte.
    Ein oder zwei Jahre später rief WONDER STORIES, um den Absatz zu heben, einen Briefclub ins Leben, den es Science-fiction League nannte. Wir wurden sofort Mitglieder und nahmen gleich, als eine Gruppe in unserer Stadt gegründet wurde, an den Treffen teil. So lernten wir andere von unserer Sorte kennen. Wir schauten ehrfürchtig zu denen hoch, die tatsächlich schon etwas in den professionellen SF-Magazinen veröffentlicht hatten, und wir fanden die Antwort auf zwei wichtige Fragen, die uns sehr beschäftigt hatten: Wie wird man Autor? Und wie geht man es an, etwas veröffentlicht zu bekommen?
    Die Brooklyner Science-fiction League kam im Keller ihres Gruppenleiters, George Gordon Clark, zusammen. Er war ein tatkräftiger Bursche. Als WONDER STORIES die Gründung der SFL bekanntgab, hatte er keine Minute gewartet, sondern sofort den dem Magazin beiliegenden Antrag abgeschickt, und so war er Mitglied Nummer 1 geworden. Als die SFL bekanntgab, daß sie Städtegruppen gründen wollte, hatte er ebenfalls umgehend gehandelt, und so wurde die Brooklyn SFL auch die erste, also Gruppe Nummer 1. Wir wurden bald zu viele für Clarks Kellerraum, in dem wir nur zu viert Platz zwischen seiner SF-Magazin-Sammlung fanden. Wir zogen in ein Klassenzimmer einer nahen Schule um. Ich erinnere mich, daß wir während dieser Zusammenkünfte viel Zeit mit Satzungen zubrachten
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