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Lebe wohl, Erde!

Lebe wohl, Erde!

Titel: Lebe wohl, Erde!
Autoren: Frederik Pohl
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Schacht direkt zu der Stelle schmelzen, die du anpeilst. Die Arbeit dort unten ist zu schwer für eine Frau. Komm hoch, Beatta!«
    Sie wartete auf die Antwort. Keine kam. Sie lauschte noch angespannter.
    Von unten waren nicht die leisesten Geräusche mehr zu vernehmen.
    »Beatta! Beatta! Kannst du mich hören? Bitte, Beatta, antworte!«
    Nach einer Weile hörte sie zu rufen auf. Es war sinnlos.
    Unentschlossenheit und nackte Angst waren in ihren Zügen. Sollte sie den Bohrer zurückholen? Ohne sich bewußt dafür entschieden zu haben, griff sie nach dem Schalter …
    Und sah, daß die Anzeiger auf Null standen.
    Kein Strom floß mehr durch die Winde.
    Christine handelte, ohne zu zögern. Genau wie Beatta glitt sie am Kabel in die Tiefe.
     
    Kyes Gesicht hinter den Armaturen des kleinen Erkundungsflugzeugs wirkte grimmig. Endlich, nach längerem Suchen in diesem überall gleich aussehenden Eis, hatte er den Bohrer gefunden oder vielmehr das Bohrloch. Er landete und rannte darauf zu. Sein Magen verkrampfte sich, als er sah, daß die ganze Länge des Kabels von der Winde abgerollt war. Das waren dreihundertfünfzig Meter!
    Aber wo war Beatta? War sie überhaupt hier gewesen?
    Er hielt sich an dem Kabel fest und spähte hinunter in den Eisschacht. Der Bohrer war natürlich nicht zu sehen. Nichts war zu sehen!
    Bildete er es sich ein, oder stieg tatsächlich dünner Dampf aus dem Schacht?
    Das Kabel, bemerkte er jetzt, war straff. Etwas hing an seinem Ende.
    Der Bohrer war in die Blase gestoßen!
    Alles war ihm plötzlich schrecklich klar. Beatta und möglicherweise Christine ebenfalls waren dem Bohrer hinuntergefolgt. Er hatte seine ursprüngliche Bahn genommen – doch diesmal bis zum Ende! Er hatte die letzte dünne Eisschicht durchbrochen und war in die Tiefe des Meeres gefallen, von dem, da es wärmer war, Dampf durch den Schacht hochstieg.
    Und Beatta?
    Kye schaltete die Winde ein. Obgleich sie jetzt nicht mit Strom versorgt wurde, war es ja möglich, daß man den Generator reparierte, während er unten war, und dann würde er es rechtzeitig genug merken, wenn der Bohrer hochgeholt wurde.
    Irgendwie würde er einen Weg finden, Beatta zurückzubringen – falls sie unten war. Und sollte er herausfinden, daß sie ertrunken war, dann beabsichtigte er, selbst auch nicht zurückzukommen.
     
    Tiefer und tiefer glitt Kye. Er konnte die Entfernung schon lange nicht mehr abschätzen, er spürte nur den schrecklichen Schmerz in seinen geschundenen Händen und die Müdigkeit seiner Muskeln. Aber es war unmöglich, anzuhalten und sich auszuruhen. Wenn er seinen Griff auch nur eine Sekunde lockerte, würde er stürzen.
    An den warmen Tropfen, die seinen Arm hinuntersickerten, erkannte er, daß seine Hände stark bluteten. Beatta und Christine waren, im Gegensatz zu ihm, für den Abstieg ausgerüstet gewesen, und zu ihrem Anzug gehörten dicke Handschuhe und Lampen. Kyes Handschuhe waren dünn wie Papier, und er hatte kein Licht.
    Schließlich machte ihm die Tatsache, daß er nichts sehen konnte, am meisten zu schaffen. Seine suchende Zehe hatte eine schmale Nische in der Eiswand entdeckt. Er klemmte seinen Fuß hinein und lehnte sich, um ein bißchen ausrasten zu können, mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand. Als er die zerschundenen Hände an den Mund drückte, spürte er den Schmerz erst richtig.
    Durch die Salze war Kyes Körpertemperatur auf etwa fünfzig Grad erhöht. Das hielt das Eis nicht aus. Sein Fußhalt begann zu schmelzen. Kye rutschte. Er griff nach dem Kabel – und verfehlte es!
    Er fiel nicht tief, höchstens neun Meter. Und als er aufschlug, gab das, worauf er gelandet war, unter ihm nach und rutschte den schrägen Tunnel hinunter, den der Bohrer geschmolzen hatte, ehe er das erstemal aufgehalten worden war.
    Und dann tauchte Kye in Wasser, das ihm trotz der Salze entsetzlich kalt vorkam. Etwa drei Meter versank er, ehe er sich wieder an die Oberfläche kämpfte.
    Wasser! Beatta war ertrunken!
    Verzweiflung erfüllte ihn. Das Leben war sinnlos ohne sie. Nur sein Unterbewußtsein ließ ihn sich im Wasser bewegen. Und dann kehrte das Licht in die Welt zurück. Er schwamm in Süßwasser! Er probierte es. Ja, es war ganz bestimmt kein salziges Meerwasser.
    Sein Verstand sagte ihm, daß Beatta in Süßwasser genauso leicht wie in Salzwasser ertrinken konnte, aber er ignorierte ihn. Seine Theorie war falsch. Der Bohrer war nicht durchgebrochen. Also mußte die gesamte Theorie falsch sein und Beatta noch
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