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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
Autoren: Emily Byron
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verschlug es mir fast die Sprache.
    Der Weg führte aus dem Garten durch ein kleines Tor in der Mauer mitten hinein in die rote Unendlichkeit der Wüste. Es war tatsächlich so, wie ich mir immer mein eigenes Paradies erträumt hatte. Kurz bevor der Weg endete, verbreiterte er sich und floss hinein in einen kleinen, runden Platz, in dessen Mitte ein separates Blumenbeet eingelassen war. Aus diesem Beet wuchs ein Strauch weißer Rosen hervor. Es waren weiße Rosen mit einem wie zufällig angebrachten pinkfarbenen Rand an den gewellten, filigranen Blütenblättern. Mein Herz setzte eine Sekunde aus. Es waren genau die Rosen, die ich in Darons Wohnung gesehen hatte.
    Abigailrosen.
    Die Rosen, die nach Darons Mutter benannt waren.
    Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. In diesem Moment wusste ich, dass ich es geschafft hatte. Ich war über die Schwelle getreten und hatte dadurch Darons Leben gerettet. Das Schicksal hatte mein Angebot akzeptiert.
    Tränen der Freude rannen über mein Gesicht, als ich vor den Rosen auf die Knie ging, meine Hände sanft um eine Blüte legte und vorsichtig an ihr roch. Ihr Herz duftete süß wie das Versprechen einer großen Liebe und führte mich gedanklich zurück zu all den Momenten, die mich mit Daron verbanden.
    Die Bushaltestelle im Regen.
    Der Ast auf meinem Balkon.
    Unser Kennenlernen im Park.
    Unsere gemeinsamen Nächte.
    Seine Offenbarung.
    Das Cubarium …
    Ob er wohl noch immer dort lag, geschwächt von den Strapazen?
    „Die Rosen sollen mir wohl sagen, dass du mir vergeben hast“, flüsterte ich in eine Blüte hinein und trug neben meiner Freude über Darons Leben zugleich den bitteren Schmerz, ihn nie mehr wiedersehen zu dürfen.
    „Es gibt nichts, was vergeben werden muss“, hörte ich eine weibliche Stimme vor mir und blickte überrascht auf. Im Torbogen stand eine wunderschöne junge Frau in einem ebenfalls weißen Kleid, das lange blonde Haar im leichten Wind wehend. Ihr Lächeln war so warmherzig und echt, dass es ihr beinahe die Ausstrahlung eines Engels verlieh.
    „Wie ich sehe, gefallen dir meine Rosen.“
    Irritiert blickte ich von ihr zu dem Strauch vor mir und zurück. Ihre Rosen?
    Hieß das etwa …
    „Abigail?“, fragte ich leise und erhob mich langsam von meinen Knien. Das Lächeln der Frau vertiefte sich, als sie sich aus dem Torbogen löste und auf mich zuging.
    „Sind Sie … Darons Mutter?“
    „Ja, die bin ich.“
    „Aber … wie …? Ich meine, wie kommen Sie …? Sie sind doch im Park, der Baum …?“
    Ich wusste in diesem Moment wirklich nicht, was ich fragen sollte, zu perplex war ich über dieses Geständnis. Wobei … ich war ja tot, also was sollte mich so gesehen da noch überraschen?
    Ein kleines Lachen verließ ihre Kehle und brachte ihre Augen zum Tanzen. Mir blieb die Luft weg, als sie direkt vor mir stehen blieb. Ihre Augen hatten die gleiche grüne Farbe wie die Darons.
    „Ist schon eine verwirrende Geschichte mit uns Bewahrerinnen und den Ewigen, nicht wahr? Jede von uns hat ihren eigenen Ort, an den sie nach Vollendung ihrer Aufgabe gehen darf, wenn sie möchte. Der Baum im Park ist meiner. Seit ich ein kleines Mädchen war, war er stets der Platz, an den ich mich zurückzog, lange bevor es Parks, Autos und geteerte Wege gab. Er ist mein geistiges Zuhause. Dieser Garten hier ist deines, Aline, dein Paradies.“ Mütterlich strich sie mir eine Strähne aus der Stirn.
    „Wie kommen Sie dann hierher?“, fragte ich neugierig.
    „Das, kleine Bewahrerin, ist eines der Geheimnisse, die dir im Laufe der vielen Jahre zuteil werden, die du an der Seite deines Ewigen verbringst. Komm“, sagte sie und bot mir eine Hand an, „lass uns ein Stück miteinander gehen.“
    Behutsam ergriff ich ihre Hand, als wäre sie aus Porzellan, bleich und zerbrechlich, fast wie die einer Fee. Ihr Griff war weich und stark zugleich. Sie führte mich auf einen anderen Weg, der von dem kleinen Platz ausging, weiter durch den Garten hindurch.
    „Es war sehr mutig, was du getan hast“, sagte sie nach kurzer Zeit und blickte mich von der Seite an. „Erst opferst du deine Reinheit, das, was dich als Bewahrerin auszeichnet, und später sogar dein Leben. Beides in der Hoffnung, meinen Jüngsten vor dem zu retten, was sein Bruder ihm angetan hat. Es gibt nicht genug Worte in allen Welten dieses Universums, die meine Schuldgefühle dir gegenüber auch nur annähernd beschreiben könnten, ebenso wie meine Dankbarkeit dafür, dass du meinen Sohn gerettet hast. Du
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