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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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aus dem Staatsarchiv zu sehen waren. Das passte also auch.
Das zusammengepappte Schädelstück lag in einer absurden Diskettenbox und wurde von Hinz und Kunz mit bloßen Händen angefasst.Passte, weil Hitler ein viel kleineres Problem für die Sowjets war als Stalin. Seine Überreste wurden also nicht mit einer Mischung aus Schuldgefühl und heimlicher Bewunderung aufbewahrt, sondern einfach als der Schädel eines Gegners.
Wie zur Bestätigung fand die Archivarin das Ganze so unspannend, dass sie um Schlag sechzehn Uhr ihr mit süßen Hundepostern und toten Pflanzen verschönertes Büro verließ, uns den Schlüssel in die Hand drückte und nach Hause schlenderte.
Wir kramten noch eine Sofalehne hervor. An ihr war eine Abrinnspur zu erkennen, die wahrscheinlich von Blut stammte. Das konnte man allerdings nicht mehr sicher erkennen, weil die Spur völlig verblichen war und daher auch der Blutschnelltest nicht mehr anschlug.
Die Sofalehne stimmte mit dem in den alten Untersuchungsakten abgebildeten Sofa überein. Das wiederum stand im Zimmer im Führerbunker, in dem sich die Hitlers umgebracht hatten.
    Wir näherten uns dem Ziel.

    Allerdings wurde der überaus entspannte Umgang mit den Spuren zum Problem. Zwar konnten wir im Archiv so ziemlichalles machen, was wir wollten, doch fielen mir zur Prüfung der Frage, ob der Schädel nun echt sei oder nicht, nur drei Möglichkeiten ein: Entweder wir gewönnen Erbsubstanz daraus und verglichen sie mit Gewebe, das auf jeden Fall von Hitler stammte. Oder wir glaubten die Agentengeschichte. Oder wir fragten jemanden, der dabei war.

    Die letzte Option stellte sich als fruchtlos heraus. Zwar sprach ich einige Agenten an, die meinten jedoch allesamt, dass ich doch der Wissenschaftler sei, nicht sie. Von den Smersch-Leuten konnten wir niemanden mehr auftreiben, und die KGB (heute FSB)-Agenten waren selber ratlos. Kein Wunder: Das Schädelstück hatten sie noch nie gesehen. Es lag ja im Staatsarchiv.
    Möglichkeit zwei wäre, wie gesagt, gewesen, die Geschichte einfach zu glauben. Das wäre mir in diesem Fall gar nicht so schwer gefallen, denn es ging ja nicht um eine Gerichtsverhandlung, sondern eher um ein eichhörnchenhaftes Zusammentragen von Informationen, die wir erst später sortieren wollten.
    Doch was war mit der DNA? Wie sich zeigte, war diese normalerweisebombensichere Lösung die schwierigste, und wir ärgern uns bis heute damit herum. Warum, das erfahren Sie im folgenden Abschnitt.
DNA hilft … nicht immer
    Neben normalen Fingerabdrücken, die schon seit 1904 in Deutschland verwendet werden, sind genetische »Fingerabdrücke« – seit etwa 1990 – die wichtigsten spurenkundlichen Ermittlungshilfen. Dabei wird die Erbsubstanz vom Fundort in einen Strichcode verwandelt, der für jeden Menschen einmalig ist. Einzige Ausnahme sind eineiige Zwillinge, die denselben forensischen Strichcode haben. Das spielt hier aber keine Rolle, weil Hitler keinen eineiigen Zwilling hatte.
    Es wäre also problemlos möglich, die DNA aus dem zweifelhaften Hitlerschädel mit einer anderen, sicher von ihm stammenden Probe zu vergleichen, beispielsweise einer Zahnbürste, an der Erbsubstanz haftet, oder einer Briefmarke, die Hitler abgeleckt hat, oder einem Haar von seinem Kopfkissen. Sogar eine Mütze, die er getragen hat, würde genügen, um daraus einige Zellen auszuschütteln oder einen Fleck auszuschneiden, der durch Schweiß oder Blut entstanden ist. Fast immer sind in diesen Flüssigkeiten Hautzellen mit genügend DNA enthalten; bei Blut wäre das Problem am geringsten, da selbst im kleinsten Tropfen noch Hunderte weißer Blutzellen schwimmen. Diese trocknen dann auf der Unterlage,was der Erbsubstanz meist nicht schadet. Und bereits eine Zelle würde genügen …

    Leider hatte Hitler aber eine Marotte. Er wollte seine Erbsubstanz um keinen Preis irgendwo hinterlassen und tat dies auch nicht. Nicht eine einzige Locke klebt in einem Tagebuch, keine Träne wurde aufgefangen, keine von ihm angeleckte Briefmarke ist bekannt. Selbst eine Zahnbürste oder ähnliche Gegenstände wurden nicht aufgefunden – zumindest habe ich nichts dergleichen beim KGB gesehen und bis heute auch nichts darüber gelesen.
    Normalerweise ist das Fehlen solcher Überreste überhaupt kein Problem, denn die Erbsubstanz heißt ja so, weil sie vererbt wird, also in den Nachkommen eines Menschen in ähnlicher, berechenbarer Form vorliegt. Doch Kinder wollte der Führer nicht. Seiner Sekretärin Traudl Junge sagte
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