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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten
Autoren: Wolf Haas
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uns, überall das gleiche.
    Und jetzt, weil er schon seit einem halben Jahr nichts von der Buwog-Verwaltung, sprich Schwaighofer, gehört hat, fängt der Brenner langsam an, daß er sich Hoffnung macht. Daß womöglich sein Schulkollege Schwaighofer dahintersteckt und es übersieht, also absichtlich, Computer oder so, daß der Brenner eigentlich hinaus muß.
    Das gehört jetzt eigentlich nicht hierher. Aber dem Brenner ist es auch nicht anders gegangen. Der sitzt in seinem heißen Zimmer und soll über seine Arbeit nachdenken, aber statt dessen denkt er über seine Wohnung nach. Und jetzt paß auf, was ich dir sage. Zufall ist das keiner gewesen, weil Zufall in dem Sinn gibt es keinen, das ist erwiesen.
    Jetzt hat der Brenner statt an seinen Bericht daran denken müssen, wie er seine Kollegin Anni Bichler einmal mit in seine Wohnung genommen hat. Die Anni, das war in seiner Abteilung eine von den zwei Sekretärinnen, aber die hübschere. Das war jetzt gute fünf Jahre her, daß er die Anni praktisch mit heimgenommen hat, da ist er erst ein paar Wochen in seine Buwog-Wohnung eingezogen gewesen. Am nächsten Morgen beim Frühstück sagt die Anni:
    «Ehrlich gesagt –»
    Jetzt muß man wissen, daß der Brenner eines nicht ausstehen kann. Wenn jemand einen Satz mit «ehrlich gesagt» anfängt. Er hat sich irgendwie eingeredet, daß solche Sätze, die so anfangen, also mit «ehrlich gesagt», daß die irgendwie nie was Gutes bringen.
    Jetzt hat er aber eine Überraschung erlebt, weil die Anni Bichler hat dann ganz etwas anderes gesagt. Weil erwartet hätte er, daß sich die Kollegin Bichler vielleicht beschwert, daß er ihren Zustand ausgenutzt hat, quasi der Volltrunkenheit.
    Die Sache war nämlich die, daß er sich selbst nicht mehr in allen Einzelheiten an diese Nacht erinnert hat. Sicher war nur so viel, daß die Frau, die sich da zum Frühstück Marillenmarmelade auf ihr Butterbrot gestrichen hat, seine Kollegin aus dem Büro, die Sekretärin Bichler gewesen ist. Und daß er gestern bei der Geburtstagsfeier ihres gemeinsamen Kollegen Schmeller, der dann zweieinhalb Jahre später bei einem Bankraub erschossen worden ist, mit ihr Bruderschaft getrunken hat.
    Aber sonst hat er nicht mehr viel gewußt, vor allem nicht, ob er mit der Anni eigentlich geschlafen hat. Aber wahrscheinlich hat sie es noch gewußt, und wahrscheinlich hat sie jetzt deshalb den Mund aufgemacht, um sich über irgendwas zu beschweren, an das der Brenner sich womöglich beim besten Willen nicht einmal mehr erinnert hat.
    «Ehrlich gesagt, deine Wohnung hat überhaupt keine Atmosphäre.»
    Da ist der Brenner aber momentan erleichtert gewesen. Aber das war nur für den Moment eine Erleichterung. Weil nachher ist ihm aufgefallen, daß das ja auch was heißen kann, wenn sich eine Frau mit deiner Einrichtung beschäftigt. Also auf gut deutsch: ernste Absichten. Aber keine Sorge, weil die Anni ganz super, die hat dann im Büro so getan, als ob nie was gewesen wäre.
    Und vielleicht ist ja auch wirklich nichts gewesen, oder womöglich ist was gewesen, aber beide haben sich nicht daran erinnert, aber egal, mich hat es nicht zu interessieren, weil es hat nichts damit zu tun, wer den Ted Parson und seine Frau, die hat Suzanne geheißen, wer denn diese alten Leute auf den Sessellift gesetzt hat.
    Aber dann, zwei Wochen nach der Geschichte mit der Bichler Anni, ist der Polizeiball gewesen. Und da hat der Brenner die Tochter vom Polizeimusikdirektor mit in seine neue Buwog-Wohnung genommen. Und da ist es ihm dann langsam spanisch, also, wie soll ich sagen: gedämmert. Weil die Tochter vom Polizeimusikdirektor hat noch nicht einmal ihre Schuhe ausgezogen, da sagt sie schon:
    «Ich weiß nicht, deine Wohnung hat irgendwie keine Atmosphäre.»
    Gleich am nächsten Wochenende hat er dann die zwei Nußholzschränke in seine Wohnung transportieren lassen. Und transportiere einmal unzerlegbare Kästen in den dritten Stock eines Buwog-Hauses hinauf. Sie haben sie dann doch mit Ach und Krach hinaufgekriegt, aber ob du es glaubst oder nicht: trotzdem umsonst gewesen.
    Weil wie er am nächsten oder übernächsten Wochenende Besuch hat – wählerisch in dem Sinn ist der Brenner auch nicht immer gewesen, und das war eine ziemliche – aber bitte, mir kann es ja egal sein. Kurz und gut, sie sagt jedenfalls:
    «Deine Wohnung hat irgendwie überhaupt keine Atmosphäre.»
    Jetzt, warum erzähle ich das alles. Der Brenner sitzt in seinem Hotelzimmer im
Hirschenwirt
und wartet
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