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Auferstehung der Toten

Auferstehung der Toten

Titel: Auferstehung der Toten
Autoren: Wolf Haas
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hat nur den Kopf geschüttelt über soviel nutzlosen Eifer:
    «Du mußt noch viel lernen, Mandl.»
    Jetzt hat ihn der Mandl aber soweit gehabt. Er hat gleich zwei Achtel Weiß bei der Kellnerin bestellt. Der
Hirschenwirt
ist eines von diesen alten Gasthäusern mit einer riesigen Schank im Vorhaus, und vor der sind die beiden Männer gestanden. Die Kellnerin hat ihnen zwei Achtel hingestellt, und der Mandl hat einen violetten Fünfziger aus seiner giftgrünen Hemdtasche gezogen, daß dem Brenner fast schlecht geworden ist.
    «Wollt ihr euren letzten Leser auch noch verlieren?» sagt jetzt der Detektiv.
    «Haben wir einen Leser?» fragt der Mandl und grinst wie für die Zahnarztreklame, weil der hat zwei ganz neue Jacketkronen im Mund gehabt seit seinem Bericht über das Geheimbordell in der Brucker Bundesstraße.
    «Mit der alten Geschichte werdet ihr jedenfalls keinen hinterm Ofen hervorlocken.»
    «Keinen Hund, oder? Alte Geschichte schreiben, Zeitung zusammenrollen, weit wegwerfen. Hund apportiert Zeitung. Verläßt also Ofenplatz. Polizei nutzt Gelegenheit. Legt sich auf Ofenplatz, oder?»
    «Zu was soll das sein, daß du immer Polizei zu mir sagst?»
    «Wozu, Inspektor! Es heißt: wozu. Weil zu was haben wir eine Grammatik?»
    Wie soll ich sagen. Der Mandl hat keinem was in den Weg gelegt. Der hat halt geglaubt, daß er die ganze Welt niederreißen muß vor lauter wichtig. Der Brenner hat nur gesagt:
    «Ich glaub ja, du bist der Täter. Pervers, wie du bist.»
    «Also ein Einzeltäter, gutaussehend, pervers? Das bringt mich auf was. Wo ist eigentlich die Amerikanerin?»
    «In Amerika.»
    Das ist aber jetzt eine andere Amerikanerin gewesen, von der die beiden da geredet haben. Nicht die alte Millionärin aus dem Lift. Und das ist es, was ich die ganze Zeit sagen will, warum der Brenner gar so grantig geworden ist.
    Du mußt wissen, daß ein paar Wochen lang eine Angestellte von der amerikanischen Versicherung in Zell gewesen ist. Die hat natürlich in erster Linie mit dem Brenner zu tun gehabt, weil der ja praktisch auch bei der Versicherung angestellt ist. Das ist so eine junge blonde Amerikanerin gewesen, wie man sie bei uns fast nur aus den Filmen kennt. Oder wenn du dir eine Barbie-Puppe vorstellst. Betty hat sie geheißen. Und sie ist fast den ganzen Sommer in Zell gewesen.
    Jetzt hat es natürlich Gerede gegeben. Es ist ja nicht nur der Mandl hinter ihr hergewesen, sondern mehr oder weniger alle Zeller Burschen, und ein paar alte Deppen sind bei so was natürlich auch immer dabei. Aber das ist nicht das Gerede, das ich meine. Weil von den Zellern hat keiner Erfolg bei der Amerikanerin gehabt. Also hat man eben andere Gerüchte erfunden. Daß sie eine amerikanische Kriminalpolizistin ist. Extra entsandt vom FBI. Manche haben auch CIA gesagt und ein paar sogar Scotland Yard, aber da hat wieder der Delikatessenhändler Fürstauer gewußt, daß es das nur in Schottland gibt.
    Aber die Betty ist nur von der Versicherung gewesen. Die hat so eine Art Lokalaugenschein für die Versicherung gemacht, und vom Brenner hat sie eben alles über den ganzen Fall wissen wollen. Der hat ihr aber nicht viel bieten können. Das heißt, nur was den Fall betrifft, hat er ihr nicht viel geboten.
    Sonst möchte ich dazu nur soviel sagen. Sie hat ihr Zimmer auch beim
Hirschenwirt
gehabt. Und sie ist, seit sie ein kleines Mädchen war, ein Girl eben in Amerika drüben, ist sie in den Robert Redford verliebt gewesen. Jetzt schaut der Brenner dem Robert Redford überhaupt nicht ähnlich, aber irgend etwas an ihm muß sie an den Robert Redford erinnert haben.
    Das war im August. Und jetzt ist schon bald die erste Septemberwoche vorbei, und der Mandl steht einfach da im
Hirschenwirt-Vorhaus
und fragt:
    «Wo ist eigentlich die Amerikanerin?»
    Was ich damit sagen will. Ich glaube, es war eigentlich deshalb, daß dem Brenner von dem kurzen Gespräch so die Laune vergangen ist. Und wie er merkt, wie enttäuscht und blaß der Mandl plötzlich aussieht, setzt der Brenner noch einmal nach und sagt:
    «Die Amerikanerin, die ist in Amerika, die Amerikanerin. »
    Doch dann hat er bemerkt, daß es ihm selber mehr weh tut als dem Lokalreporter Mandl. Aber er hat sich nichts anmerken lassen. Hat sich einfach umgedreht und den Mandl mitsamt den zwei Weingläsern stehenlassen. Dann ist er hinaufgegangen und hat endlich seinen Bericht schreiben wollen. Abschicken kann er ihn ja morgen immer noch.
     

3
    Wenn heute einer hergeht und etwas unbedingt
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