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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung
Autoren: Burk Michael
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Draufgängerische war, während der andere, der Fremde, wesentlich älter und erfahrener und auch gefährlicher zu sein schien.
    Patrick stand schräg hinter May Tsang und sah aus den Augenwinkeln heraus, daß ihre hochgehobenen Arme leicht zitterten.
    May Tsang war von unsäglicher Angst befallen. Sie hatte den Blick niedergeschlagen, weil sie sich davor fürchtete, von Zenon Menendez erkannt und besonders unter Druck gesetzt zu werden.
    Als könne sie auf diese Weise ihre Angst bewältigen, rekapitulierte sie im Geiste den Vorgang der Phobie im menschlichen Körper, wie sie es erst noch vor kurzem aus einem wissenschaftlichen Buch erfahren hatte: Das Mobilisieren der Stirnlappen in der Großhirnrinde und des Nervensystems unter dem Sehhügel. Das Übergreifen auf die Markschicht der Nebenniere. Das Adrenalin, das dadurch in die Blutbahn kommt und weitere Reaktionen im Körper auslöst. Das Weiten der Pupillen, Sträuben der Körperhaare. Der Brustkorb, der sein Atemvolumen vergrößert. Die Bronchien, die sich entspannen, so daß die Lunge einen starken Schub Sauerstoff erhält. Das Herz, das sich ausdehnt und das Blut in erhöhtem Maß ausstößt. Der Blutdruck, der in die Höhe schnellt. Die Muskeln, die sich zusammenziehen. Die Blutgefäße an der Oberfläche des Körpers, die sich ruckartig zusammenziehen. Die Haut, die dadurch blaß wird.
    May Tsang wirkte tief in Gedanken versunken.
    Zenon Menendez stutzte. Er hatte May erkannt und auch Patrick. Aus den Mundwinkeln heraus sprach er zu Gomes ein paar Sätze in Spanisch. Daraufhin wandte sich Gomes barsch an May: »He, du da!«
    »Ich?« Ihre Augen waren starr.
    »Ja, du!« wiederholte Gomes und fragte wachsam: »Gehörst du nicht zu Kahn?«
    »Ja«, antwortete May kaum hörbar. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Es entwickelte sich ein kurzer Dialog zwischen den beiden.
    »Was tust du hier?« fragte er aggressiv und unbeweglich.
    »Ich …« Sie überlegte krampfhaft eine Ausrede, aber ihr Gehirn schmerzte so sehr, daß ihr nichts einfiel.
    »Warum antwortest du nicht? Los!«
    »Ich kenne – ich besuche Mister Fridkin.«
    »Wirklich? Du besuchst Mister Fridkin?« Seine Augen waren schmal. Der gedrungene Körper verlieh ihm Überlegenheit.
    »Ja.«
    »Und warum besuchst du ihn?« Es kam gefährlich.
    »Ich – ich besuche ihn öfter.«
    »Und warum heute?«
    »Ich – wir tauschen Gedanken aus.«
    »Gedanken über ein Medikament?«
    Sie spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte, und schwieg.
    »He, ich habe dich etwas gefragt!«
    »Ich weiß nicht, was ich antworten soll.«
    »Wie wär's, wenn du mir sagen würdest, wo sich das Medikament hier befindet?«
    »Ich weiß nichts von einem Medikament.« Sie entgegnete es so hastig, daß es seine Vermutung bestätigte.
    »Wo ist es?« fragte er blitzschnell und hob drohend die Stimme an.
    »Ich weiß nicht …« Ihr Blick war starr.
    »Ist es hier im Raum?«
    »Nein. Ich weiß nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr.«
    »Du lügst!«
    »Ich kann nicht mehr denken«, jammerte sie.
    »Wo ist es? Ich zähle bis drei.« Er richtete den Lauf seiner Waffe auf sie.
    »Ich weiß es nicht. So wahr mir Gott helfe, ich weiß es nicht.«
    In diesem Augenblick schaltete sich Patrick ein und sagte energisch zu Gomes: »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Merken Sie nicht, daß sie tatsächlich nichts weiß?« Er deutete mit dem Kopf auf May.
    »Stop!« herrschte Gomes ihn an. »Noch ein Wort, und ich drücke ab!«
    Patrick zuckte ungerührt die Schultern.
    Er stufte Gomes als einen zu erfahrenen Profi ein, als daß er dessen Drohung ernst nahm. Denn die beiden Bewaffneten waren eindeutig im Nachteil. Sie waren hier hereingestürmt, ohne genaue Kenntnis des Sachverhaltes.
    Zugegeben, sie suchten das Superfexon in der gleichen Umgebung wie er auch. Aber im Gegensatz zu ihm, dem inzwischen der Aufenthaltsort der Kühltasche bekannt war, tappten sie noch völlig im dunkeln, ja sie wußten offenbar nicht einmal, nach welch einer Kühltasche sie zu suchen hatten.
    Sie konnten keinen der vier Menschen, die hier im Raum waren, töten, ohne das Risiko einzugehen, daß sie ausgerechnet den für sie einzigen wertvollen Informanten ausschalten würden.
    Patrick überschlug seine Chancen.
    Als Vorteil für die beiden buchte er lediglich die gut gewählte frühe Morgenstunde. Denn wenn erst einmal im Haus der Publikumsverkehr eingesetzt hatte, würden ihre Erfolgsaussichten auf ein Minimum zusammenschrumpfen.
    Ob Mays Adressenliste
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