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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung
Autoren: Burk Michael
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ein, sagte ihr, wie sehr er sie vermisse, wie sehr er sie brauche, weckte auf diese vielfältige Weise in ihr ungeahnte Kräfte und stärkte ihren Lebenswillen.
    Auch Igor Negolescu besuchte sie häufig, unterhielt sich mit ihr über die neuesten Ereignisse der Tanzszene und brachte Jennifer jedesmal zum Aufblühen.
    May Tsang kam mindestens einmal in der Woche, Carlo Pelosi brachte Jennifer zweimal Blumen, und sogar Chester Wilson erschien mit Jim.
    Dann kam der Tag, an dem Pollock, außerhalb seiner täglichen Visite, in der ungewohnten Zeit gegen zehn Uhr abends zu ihr ins Zimmer kam.
    Patrick hatte sich schon von ihr verabschiedet, sie geküßt und war nach Hause gefahren. Längst hatte auch die Schwester ihre spätabendlichen Handgriffe ausgeführt, das Fieber gemessen, den Wert notiert, das Fenster hochgeschoben, die Jalousie heruntergelassen, das Kissen aufgeschüttelt, das Glas Wasser bereitgestellt, die fiebersenkende Tablette zurechtgelegt.
    Nur die Leselampe verströmte ein schwaches Licht, es war schummerig im Raum. Jennifer war noch wach und las in einem Buch.
    Sie hob erstaunt den Blick. »Sie, Doktor?«
    »Ja«, sagte er kühl.
    Wuchtig stand er vor ihr. Er trug Zivil. Schwarze Schuhe zu einer beigefarbenen Hose, ein blau-weiß gestreiftes Hemd unter einem roten Sportjackett, dazu eine zitronengelbe Krawatte. Die kurzgeschnittenen, dunklen Haare unterstrichen dieses eigenartige Aussehen noch.
    Sie lächelte in sich hinein. In seinem grünen Ärztemantel sah er ihrer Meinung nach besser aus. »Wollen Sie mir Gesellschaft leisten?« Sie ließ die Hand mit dem Buch aufs Bett sinken.
    »Ich muß mit Ihnen reden, Jennifer. Ernst.« Während der langen Zeit, in der sie hier war, hatte sich ihr Verhältnis zueinander nicht geändert. Pollock war noch so unzugänglich wie am ersten Tag.
    Unwillkürlich schlug ihr Herz heftiger. »Ich bin auf alles gefaßt, Doktor. Reden Sie.« Sie merkte, wie sich ihre Finger ins Bettuch gruben.
    »Sie haben inzwischen einhundertzweiundfünfzigmal drei Millionen Einheiten erhalten. Sie hatten dadurch ständig leichtes Fieber, das gedämpft werden mußte. Sie erhielten Beruhigungsmittel, Aufputschmittel, Herzmittel und vieles mehr. Ihr Organismus ist durch diese Behandlung in Unordnung geraten, Ihr Körper zusätzlich durch Liegen geschwächt worden.«
    Er machte eine Pause, wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Es war still im Zimmer.
    Sie starrte ihn an und wagte kaum zu atmen.
    »Wir sollten nicht mehr weitermachen«, sagte er verschlossen.
    »Nicht mehr weitermachen?« Sie erschrak, glaubte im nächsten Augenblick, in eine unendliche Tiefe zu fallen, und schloß die Augen wie zur Abwehr.
    Er schwieg, wartete, bis sie ihn wieder ansah.
    »Haben wir kein Superfexon mehr?« Ihre Augen waren geweitet, die Stimme klein und ausgetrocknet.
    Er ging über ihre Frage hinweg, sagte knapp: »Wir haben ein entscheidendes Stadium erreicht. Um zu vermeiden, daß die Mittel irgendwann nicht mehr greifen, sollten wir sie aussetzen. Aber …« Er zögerte.
    Sie fragte kaum hörbar: »Ein Risiko?«
    »Ohne die stützenden Mittel können wir das Superfexon nicht geben.«
    Sie preßte die Lippen aufeinander, ihr Herz krampfte sich zusammen. »Bedeutet das, daß es keinen Ausweg …?« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
    Er war eine Weile wie abwesend. Dann sagte er: »Sie sind seit fünf Wochen schmerzfrei. Richtig?«
    »Ja.«
    »Nach meinem Ermessen müßten wir gesiegt haben.« Er sprach den Satz genauso trocken und distanziert wie alles, was er, seitdem sie ihn kannte, von sich gegeben hatte.
    Aber sie hätte ihn für diese Worte am liebsten umarmt. Ihr war heiß. Ihr Herzschlag nahm noch einmal zu. Doch diesmal aus beginnender Freude.
    »Gesiegt?« fragte sie kehlig. Sie wollte es kaum glauben.
    Er nickte, ohne eine Miene zu verziehen, und sagte: »Sie können ab morgen nach Hause gehen. Aber sie müssen vorläufig jeden Tag zur Kontrolle kommen.«
    Dann verließ er wortlos das Zimmer.
    Sie legte sich aufs Kissen zurück, schloß die Augen und war wie benommen vor Glück.
    Am darauffolgenden frühen Morgen rief sie Patrick an und teilte ihm das Ergebnis aufgeregt mit. Auch er war außer sich vor Freude. Als er sie im Jaguar abholte und sie umarmte, hatten sie beide Tränen in den Augen.
    Ein halbes Jahr lang ließ sie sich täglich in der Klinik kontrollieren. Danach sechs Monate lang nur noch jede Woche. Nachdem Pollock ihr das endgültige Okay gegeben hatte, begann sie wieder
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