Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
pflückte ich mir eine Blume, als keiner hinsah, und steckte sie unter mein Hemd. Ich trug dieses lose Männerhemd, denn seit ich schwanger geworden war, passte mir nichts mehr von meinen Sachen. Niemand hat gesehen, dass ich die Blume nahm.«
    »Eine Blume?«, vergewisserte sich Dee, »das war alles?«
    »Die Blume war nicht groß. Sie hatte hübsche gelbliche Blütenblätter in der gleichen Farbe wie Mikes Haar. Deshalb habe ich sie genommen. Schau mich nicht so an, Dee! Jedenfalls sah ein Polizist, wie das ferngesteuerte Boot landete, und kam runter zum Pier, denn obwohl sie so winzig sind, sollen diese Boote sehr teuer sein, und ich denke, er wollte wohl kontrollieren, ob alles seine Ordnung hatte damit. Ich schwankte ein wenig, als ich aus dem Boot kletterte, denn es war ja nicht mal ein ganzer Tag vergangen seit dem Eingriff. Ich fühlte mich ein bisschen komisch, es war so heiß und einer von diesen Tagen mit miserabler Luft. Jedenfalls fiel mir die Blume aus dem Hemd. Unter den Blütenblättern am Stängel saßen diese harten kleinen Kügelchen, vielleicht zwei Dutzend davon. Eines platzte auf, als die Blume zu Boden fiel, und der Bulle bemerkte es und nahm mich gleich mit. Ich weiß nicht einmal, was das war!«
    »Ich schon«, sagte Eliot. »Als Ihr Anwalt hatte ich natürlich Zugriff auf die Anschuldigungen, die man gegen Sie vorbringt, und ich habe sie mir heruntergeladen. Der detaillierte Laborbericht steht zwar noch aus, aber eine erste Überprüfung der Samenkapseln lässt auf eine gentechnische Manipulation schließen; es wurden letale Insektizide eingeschleust. Bei Samen, die durch den Wind verbreitet werden, bedeutet dies das Verbrechen der Genmanipulation, Klasse zwei.«
    »Aber ich wusste doch nichts davon!«, rief Perri. »Und ich habe nie verstanden, was so schlimm sein soll an Pflanzen, die Insekten töten! Schau mich nicht so an, Dee, ich bin kein Dummkopf! Ich kenne die Vorgeschichte der Krise ebenso gut wie du! Aber diese Pflanzen, die fast den ganzen Weizen im Mittleren Westen ausgerottet haben, gehörten nur einer einzigen gentechnisch veränderten Sorte an, und wenn Leute wie Mike glauben, dass andere genmanipulierte …«
    Dee schnitt ihr das Wort ab. »Leute wie Mike sind Kriminelle, denen es nur um den Profit geht. Außerdem war es nicht nur der genmanipulierte Weizenkiller, der die Krise auslöste. Und du magst vielleicht kein Dummkopf sein, Perri, aber du hast dich zweifellos wie einer benommen!«
    Eliot hielt die Hand hoch. »Meine Damen, worum es hier in erster Linie geht …«
    »Nein, Dee hat Recht«, sagte Perri. Sie richtete sich kerzengerade auf, und ihre bildschönen, erschöpften Gesichtszüge bekamen mit einem Mal einen seltsam würdevollen Ausdruck. »Ich war töricht, und ich weiß es. Aber ich hatte keine … wie heißt das, Eliot? Kriminellen Absichten? Das muss doch auch berücksichtigt werden!«
    »Nicht sehr, fürchte ich«, sagte Eliot mit ruhiger Stimme. »Ich möchte Ihnen nichts vormachen, Perri. Das Gesetz zum Verbot genetischer Manipulationen wurde geschaffen, um illegalen Organisationen das Handwerk zu legen, die die Geschäfte mit der Gentechnik um des Profites willen betreiben und die zu allem fähig sind, um diesen Profit abzusichern. Das Gesetz ist weitreichend und äußerst hart – es orientiert sich an den Gesetzen, die für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität geschaffen wurden –, weil die Gentechnik seit der Treibhaus-Krise eine enorme Gefahr für den Planeten darstellt. Zumindest finden das die Politiker. Unglücklicherweise fallen Leute wie Sie auch unter dieses Gesetz, und es wäre eine grobe Vernachlässigung meiner Pflichten, würde ich Ihnen nicht in aller Aufrichtigkeit sagen, dass ich für Ihren Fall vor einem Schwurgericht aus hysterischen Mitbürgern, deren Omas und Babies sämtlich Atemprobleme haben, keine großen Chancen sehe.«
    »Aber die Treibhaus-Krise und die Weizenvernichtung hatten doch überhaupt nichts miteinander zu tun!«, rief Perri und überraschte Dee damit.
    »Doch die meisten Leute werfen sie in einen Topf, weil sie zur selben Zeit passierten«, sagte Eliot. »Plötzlich war die Luft kaputt, es gab kein Brot, sämtliche Preise schossen in die Höhe, weil die Regierung versuchte, durch eine empfindliche Verteuerung der Energie die industriellen Emissionen einzudämmen – und das alles zum gleichen Zeitpunkt. Und meiner Erfahrung nach sehen es alle Geschworenen ebenso. Perri, ich glaube, Sie wären besser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher