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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Himmel, nur das nicht! Dee kannte die Sorte von Gefängnissen, in denen diejenigen landeten, die gegen das Genmanipulations-Gesetz verstoßen hatten. Und sie wusste auch, was dort mit ihnen geschah. Im gegenwärtigen politischen Klima waren GVGM-Verbrecher die neuen Kinderschänder.
    Perri sagte: »Also, alles fing an, als ich nach Hilton Head in North Carolina kam. Ans Meer. Ich hörte, dass sich die Holo-Firmen manchmal an den Stränden dort nach neuen Schauspielerinnen umsehen. Das stimmt aber nicht, wie sich herausstellte. Doch zu dem Zeitpunkt hatte ich schon Carl kennen gelernt und – na ja, Sie wissen schon.« Sie senkte ihre erstaunlichen Augen, aber nicht bevor Dee den flüchtigen Schmerz darin erblickt hatte.
    »Weiter«, sagte Eliot. »Wie hieß Carl noch?«
    »Er sagte, Hansen. Aber das kann auch ein falscher Name gewesen sein. Jedenfalls wurde ich schwanger.«
    Dee ging hoch. »Wie …?«
    »Schrei nicht mit mir, Dee. Ich weiß, es war meine eigene Schuld. Das Implantat war abgelaufen, und ich habe vergessen, mir ein neues zu besorgen. Und dann verschwand Carl. Ich hatte kein Geld für die Abtreibung, und so begann ich rumzufragen, wo man eine billig bekommen könnte.«
    Plötzlich fiel Dee auf, wie blass Perri war. Es war nicht nur das Fehlen von Make-up; ihre Lippen hatten fast dieselbe Farbe wie die Haut, dunkle Ringe lagen unter ihren Augen … »Du dummes Ding! Hast du Blutungen?«
    »Aber nein«, sagte Perri, »es ging alles glatt, und außerdem habe ich eine Konstitution wie ein Ochse, das weißt du doch, Dee.«
    »Wer hat die Operation durchgeführt, Perri?«, fragte Eliot.
    »Also genau das ist der springende Punkt. Ich kannte ihn nur als ›Mike‹. Dieses Mädchen, mit dem ich befreundet war, sagte, bei ihm würde alles völlig sicher ablaufen, er hätte es schon einmal für eine andere Freundin getan, und er würde überhaupt nichts dafür berechnen. Er würde es aus Idealismus tun.« Ihre Lippen kräuselten sich zu einem so zarten, liebevollen Lächeln, dass Dee augenblicklich misstrauisch wurde.
    »Und war dieser ›Mike‹ ein echter Doktor?«
    »Er hat die Operation nicht selbst durchgeführt. Meine Freundin machte uns in einer Strandbar bekannt, und Mike brachte mich mit dem Powerboot hinaus zu dem großen Schiff mit dem Doktor an Bord.«
    Und Perri war mit ihm gegangen. Einfach so. Nicht zu fassen, verdammt noch mal!
    »Namen, Perri«, sagte Eliot. »Wie hieß die Freundin, der Arzt, irgendjemand auf dem Schiff – wie hieß das Schiff?«
    »Das weiß ich nicht. Nur Betsy Jefferson. Das war meine Freundin.«
    »Glauben Sie, dass das ihr echter Name ist?«
    »Wahrscheinlich nicht«, antwortete Perri. »Beim Leben auf dem Strand, da wird man einfach zu jemand anderem, wenn man es möchte, wissen Sie.«
    »Ich weiß«, knurrte Dee. »Perri, ist dir eigentlich klar, was für ein gigantischer Umschlagplatz für Schmuggel und Verbrechen Hilton Head ist?«
    »Jetzt ist es mir klar geworden.«
    »Fahren Sie fort mit Ihrer Geschichte, Perri«, sagte Eliot geduldig. »Leider ist unsere Zeit beschränkt.«
    »Der Arzt führte die Abtreibung durch. Als ich wieder zu mir kam, durfte ich mich eine Weile ausruhen. Alle waren sehr freundlich zu mir. Mike hatte gesagt, er könne mich nicht selbst zurückbringen, das Schiff müsse weiter. Aber er würde mich in einem kleinen ›ferngesteuerten‹ Boot an Land schicken. Das ist ein …«
    »Wir wissen, was das ist«, unterbrach Dee sie grob. »Schmuggler verwenden sie andauernd. Computer gesteuert, um von weit draußen auf dem Meer sicher die Küste zu erreichen. Wenn sie abgefangen werden, erwischt die Bundespolizei auf diese Weise zwar die Ware, aber keine Täter. Hat dich das verdammte Ding ins Wasser gekippt?«
    »O nein, es brachte mich direkt zu einem öffentlichen Pier in … Long Island, glaube ich. Das Schiff musste eine große Strecke zurückgelegt haben, während ich in Narkose lag. Es war heller Tag, und Mike sagte, dass diese ferngesteuerten Boote durchaus legal seien. Es wäre alles glatt gegangen, wenn …«
    »Wenn was?«, fragte Eliot behutsam.
    Perri ließ sich mit der Antwort einen Moment lang Zeit, dann sprach sie mit leiser Stimme weiter: »Das große Schiff war randvoll mit Pflanzen. Blumen, kleine Bäume, alles Mögliche wuchs in der Sonne auf Deck. Wunderschön. Ich … ich wollte irgendetwas, das mich an Mike erinnern sollte. Du weißt nicht, wie gut er zu mir gewesen ist, Dee, wie lieb. Ich hatte das Gefühl … na, jedenfalls
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