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Auch Engel Moegens Heiss

Auch Engel Moegens Heiss

Titel: Auch Engel Moegens Heiss
Autoren: Linda Howard
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nichts als diesen Unterrock gehüllt; ein großer Mann tauchte hinter ihr auf und legte die Hand auf ihre nackte Schulter. Sie ließ den Kopf in den Nacken fallen und lächelte ihn an, während er langsam die Hand unter die Seide schob, ihre Brust umfasste und sich zu einem Kuss herunterbeugte …
    »Und, was denkst du?«, fragte Tante Joella und riss Daisy damit abrupt aus ihren Tagträumen.
    »Es ist bezaubernd.« Eine der Tränen, die Daisy so mühsam zurückgehalten hatte, entkam ihr und rollte über ihre Wange. »Ihr seid beide so süß -«
    » So süß auch wieder nicht«, fiel Tante Joella ihr ins Wort, wobei sie stirnrunzelnd den Lauf der Träne verfolgte. »Warum weinst du?«
    »Hast du irgendwas?« Ihre Mutter beugte sich über den Tisch und tätschelte Daisys Hand.

    Daisy atmete tief durch. »Nein, nein. Oder doch. Ich - ich hatte eben eine Epiphanie.«
    Tante Joella, die mit einer rasiermesserscharfen Zunge gesegnet war, sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Mann, ich wette, das schmerzt.«
    »Jo.« Nach einem tadelnden Blick auf ihre Schwester nahm Daisys Mutter deren Hände. »Erzähl uns, was dich bedrückt, mein Herzchen.«
    Daisy atmete tief ein, um ihren gesamten Mut zusammenzunehmen und gleichzeitig alle weiteren Tränen zu unterdrücken. »Ich will heiraten.«
    Die beiden Schwestern blinzelten, schauten sich erst gegenseitig und dann wieder Daisy an. »Aber das ist ja wunderbar«, meinte ihre Mutter. »Wen denn?«
    »Genau da liegt das Problem«, seufzte Daisy. »Niemand will mich heiraten.« Dann half alles Durchatmen nichts mehr, und sie musste ihr Gesicht in den Händen vergraben, damit man ihr nicht ansah, wie die verräterischen Tränen aus ihren Augen leckten.
    Aus dem einsetzenden Schweigen schloss sie, dass die beiden Schwestern wieder einander ansahen und auf typisch schwesterliche Weise wortlos miteinander kommunizierten.
    Schließlich räusperte sich ihre Mutter. »Ich bin nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Beziehst du dich mit dieser Bemerkung auf jemand Bestimmten?«
    Ihre gute Mutter - sie war mit Leib und Seele Lehrerin. Sie war der einzige Mensch, den Daisy kannte, der so einen Satz ohne jede Ironie sagen konnte - abgesehen möglicherweise von Daisy selbst. Selbst in der größten Aufregung sprach ihre Mutter präzise und grammatikalisch einwandfrei.
    Daisy schüttelte den Kopf und wischte die Tränen ab, um den beiden wieder ins Gesicht sehen zu können. »Nein, es geht hier nicht um unerwiderte Liebe. Aber ich will heiraten und Kinder bekommen, bevor ich dafür zu alt bin. Das kann ich
nur erreichen, wenn ich einige tief greifende Veränderungen vornehme.«
    »Was für tief greifende Veränderungen?«, hakte Tante Jo misstrauisch ein.
    »Guckt mich doch mal an!« Daisy fuhr mit den Händen an ihrem Körper herab. »Ich bin eine langweilige graue Maus. Wer schaut mich schon an? Nicht einmal der arme Wally Herndon war an mir interessiert. Ich werde einige tief greifende Veränderungen an mir vornehmen müssen.«
    Sie atmete tief ein. »Ich muss mich mehr rausputzen. Ich muss die Männer dazu kriegen, dass sie mich beachten. Ich muss ausgehen und mich mit männlichen Singles treffen, in einer Disco oder einer Bar zum Beispiel.« Sie verstummte, Widerspruch erwartend, doch die einzige Antwort bestand in Schweigen. Darum atmete sie noch einmal tief durch und platzte mit der letzten großen Attacke heraus: »Ich brauche eine eigene Wohnung.« Dann wartete sie ab.
    Wieder wechselten die beiden Schwestern einen Blick. Der Moment dehnte sich in die Länge - und Daisys Nerven dehnten sich mit. Was sollte sie tun, wenn die beiden erbitterten Protest einlegten? Würde sie standhaft bleiben können? Das Problem war, dass sie die beiden Frauen liebte und sie glücklich sehen wollte; sie wollte nicht, dass sie sich aufregten oder für sie schämten.
    Beide betrachteten sie mit einem breiten Lächeln.
    »Also, das wurde ja auch Zeit«, sagte Tante Jo.
    »Wir helfen dir«, strahlte ihre Mutter.

2
    Wie ferngesteuert fuhr Daisy zur Arbeit. Zum Glück brauchte sie keine Stoppschilder und nur eine einzige Ampel zu beachten: einer der Vorzüge des Kleinstadtlebens. Sie wohnte nur fünf Straßen von der Bücherei entfernt und ging, um die Umwelt zu schonen, bei schönem Wetter oft zu Fuß zur Arbeit, doch heute regnete es in Strömen, und im Sommer siegte die Hitze ohnehin regelmäßig über ihr schlechtes Gewissen.
    In ihrem Kopf überschlugen sich die unterschiedlichsten
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