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Auch Engel Moegens Heiss

Auch Engel Moegens Heiss

Titel: Auch Engel Moegens Heiss
Autoren: Linda Howard
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unternehmen. Die Zeit zerrann ihr zwischen den Fingern.
    Also gut, zum bösen Mädchen zu werden stand nicht zur Debatte.
    Aber wenn sie sich nun den Anschein eines bösen Mädchens geben würde? Oder wenigstens den eines Party-Girls? Genau, das klang schon viel besser: ein Party-Girl. Eine Frau, die gern lachte, die sich gern amüsierte, die flirtete und tanzte
und kurze Röcke trug - das würde sie noch zuwege bringen. Vielleicht.
    Hoffentlich.
    »Daisy!« Wieder hallte das Gejodel ihrer Mutter die Treppe herauf. Diesmal klang ihre Stimme bedeutungsschwanger, so als wüsste sie etwas, was Daisy noch nicht wusste - so als hätte Daisy je im Leben ihren eigenen Geburtstag vergessen können. »Du kommst noch zu spä-hät!«
    Daisy war noch nie in ihrem Leben zu spät zur Arbeit gekommen. Sie seufzte. Ein normaler Mensch mit einem normalen Leben kam mindestens einmal im Jahr zu spät zur Arbeit, oder? Ihre makellose Personalakte in der Bibliothek war lediglich ein weiterer Hinweis darauf, wie verkorkst sie war.
    »Bin schon auf!«, brüllte sie zurück, was nicht ganz gelogen war. Immerhin hatte sie sich aufgesetzt , auch wenn sie noch nicht aufgestanden war.
    Ihr Blick fiel auf den trübseligen Haufen im Spiegel, und ihre Augen begannen zornig zu sprühen. »Nie wieder werde ich Seersucker tragen!«, gelobte sie. Na gut, es war kein so dramatischer Schwur wie der von Scarlett O’Hara, nie wieder Hunger zu leiden, doch es war ihr mindestens genauso ernst.
    Wie sollte sie es nur anstellen, ein böses Mädchen - nein, ein Party-Girl, der Unterschied war ganz wesentlich - zu werden, überlegte sie, während sie sich den verhassten Seersucker-Schlafanzug vom Leib zerrte, ihn zusammenknüllte und trotzig in den Papierkorb stopfte. Einen Moment lang zögerte sie - was würde sie heute Abend im Bett anziehen? -, zwang sich aber, den Schlafanzug im Müll zu belassen. Bei dem Gedanken an ihre übrigen Schlafanzüge - Seersucker für den Sommer, Flanell für den Winter -, erblühte in ihr der wilde Wunsch, nackt zu schlafen. Genauso würde doch ein Party-Girl schlafen, oder? Und es war nicht falsch , nackt zu schlafen. Sie konnte sich nicht entsinnen, dass Reverend Bridges je darüber gepredigt hätte, was man im Bett tragen und nicht tragen sollte.

    Duschen musste sie nicht, weil sie zu den Menschen gehörte, die abends badeten. Ihrer Überzeugung nach teilte sich die Menschheit in zwei Gruppen: Abendduscher und Morgenduscher. Wahrscheinlich bildete sich die letztere Gruppe etwas darauf ein, dass sie den Tag frisch und blitzblank begannen. Sie hingegen konnte sich nicht mit der Vorstellung anfreunden, unter eine Decke zu kriechen, in der sich schon am Vortag Staub, Bazillen und tote Hautzellen angesammelt hatten. Die einzige Abhilfe dagegen wäre gewesen, täglich die Bettwäsche zu wechseln. Auch wenn es einige Zwanghafte geben mochte, die das taten, so gehörte sie gewiss nicht dazu. Die Bettwäsche einmal wöchentlich zu wechseln reichte ihr völlig, und das bedeutete, dass sie sauber sein wollte, wenn sie ins Bett ging. Außerdem sparte das abendliche Duschen Zeit am Morgen.
    Als würde sie je in Zeitnot geraten, schoss es ihr düster durch den Kopf.
    Sie betrachtete sich ausgiebig im Spiegel über dem Waschbecken im Bad, der ihr bestätigte, was sie bereits im Spiegel über der Kommode gesehen hatte. Ihr Haar war matt und formlos und ohne jede Fasson. Es war zwar gesund, doch schlaff und ohne Körper. Sie zog eine lange braune Strähne vor die Augen und untersuchte sie. Die Haare waren nicht goldbraun, auch nicht rotbraun oder auch nur satt schokoladebraun. Sie waren einfach bloß braun, ungefähr wie Schlamm. Vielleicht konnte sie irgendwas auftragen, das dem Haar etwas mehr Schwung, etwas mehr Pep verlieh. Es gab weiß Gott Abermilliarden Flaschen und Tuben und Sprays in der Kosmetikabteilung des Wal-Mart am Highway. Aber der war fünfzehn Meilen entfernt, weshalb sie gewöhnlich einfach eine Flasche Shampoo aus dem Supermarkt an der Ecke mitnahm. Sie hatte sowieso keine Ahnung, wozu die Mittel in den Abermilliarden Flaschen und Tuben gut sein sollten.
    Aber das ließ sich schließlich in Erfahrung bringen, oder? Wozu war sie denn Bibliothekarin? Sie war die Königin der Recherche.
Die Geheimnisse der Welt lagen all jenen offen zu Tage, die wussten, wo und wie sie graben mussten. Was sollte an Haaren besonders schwer sein?
    Okay. Die Haare kamen ganz oben auf ihre Verbesserungsliste. Daisy kehrte in ihr Zimmer zurück
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