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Auch Engel Moegens Heiss

Auch Engel Moegens Heiss

Titel: Auch Engel Moegens Heiss
Autoren: Linda Howard
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und allein war und schreckliche Angst hatte.
    Eines der anderen Mädchen murmelte irgendetwas, wobei die Worte vom Dröhnen des Motors übertönt wurden, nicht aber das Drängen in ihrer Stimme. In diesem Augenblick begriff Carmela, dass die drei Mädchen genauso verängstigt waren wie sie. Sie war also nicht ganz allein; den Übrigen ging es nicht anders als ihr. Das war zwar keine große Hilfe, aber Carmela fühlte sich sofort mutiger.
    Sich mit einer Hand an der Verkleidung festhaltend, weil der Laster in diesem Moment von einer Spurrille zur nächsten schaukelte, schlitterte sie über das ungeschliffene Holz der Ladefläche, bis sie nahe genug war, um die Worte des Mädchens zu verstehen. Inzwischen war es Tag, und durch die Ritzen im Aufbau fiel so viel Licht, dass Carmela die Gesichter der Mädchen erkennen konnte. »Was ist denn?«, fragte sie.
    Das Mädchen rang die Hände in dem verwaschenen Stoff ihres Rockes. »Ich muss mal«, flüsterte sie mit vor Scham bebender Stimme.
    »Das müssen wir alle«, antwortete Carmela mitfühlend.
Auch ihre Blase war so voll, dass es schon wehtat. Sie hatte das Gefühl nach Kräften ignoriert, weil sie so lange wie möglich hinauszögern wollte, wozu sie irgendwann gezwungen sein würden.
    Dem Mädchen rollten Tränen über die Wangen. »Ich muss aber jetzt.«
    Carmela drehte sich Hilfe suchend um, doch die beiden anderen wirkten genauso ratlos wie das weinende Mädchen. »Dann bringen wir es eben hinter uns«, beschloss sie, weil sie die Einzige zu sein schien, die fähig war, einen solchen Entschluss zu fassen. »Erst mal suchen wir uns eine Stelle aus … dort.« Sie deutete auf die Ecke rechts hinten. »Da ist ein Spalt, durch den es ablaufen kann. Wir machen alle dorthin.«
    Das Mädchen wischte sich die Tränen vom Gesicht. »Und wenn wir groß müssen?«
    »Ich hoffe, dass wir vorher ankommen.« Jetzt, wo die Sonne aufgegangen war, stieg die Temperatur im Laster spürbar an. Es war Hochsommer; falls Orlando nicht anhielt und sie hinausließ, konnte die Hitze sie irgendwann umbringen. Er hatte ihnen erklärt, dass sie nicht anhalten würden, bis sie ihr Ziel erreicht hätten, folglich mussten sie bald in Los Angeles ankommen. Sie hatte Orlando nur die Hälfte des üblichen Soldes gezahlt; wenn sie starb, musste er die andere Hälfte abschreiben. Normalerweise musste der volle Preis entrichtet werden, bevor der Coyote jemanden über die Grenze schmuggelte, aber weil sie so hübsch sei, hatte Orlando gesagt, würde er bei ihr eine Ausnahme machen.
    Die anderen Mädchen sahen genauso gut aus, begriff sie. Womöglich hatte er bei allen eine Ausnahme gemacht.
    Weil der Wagen so schaukelte, brauchten sie ihre vereinten Kräfte, um sich zu erleichtern. Carmela organisierte das Unternehmen. Der Reihe nach, sie selbst als Letzte, gingen sie in der betreffenden Ecke in die Hocke, während sich die anderen Mädchen gegen die Verkleidung des Laderaumes stemmten,
um der Vierten Halt zu geben. Endlich sanken sie erschöpft, aber spürbar erleichtert auf der Ladefläche nieder und ruhten sich aus.
    Plötzlich, nach einem letzten heftigen Schlag, rollte der Laster ganz ruhig. Sie befanden sich auf einem Highway, erkannte Carmela. Einem Highway! Bestimmt waren sie bald in Los Angeles.
    Doch die Vormittagsstunden schleppten sich dahin, während die Hitze im Wagen immer unerträglicher wurde. Carmela gab sich Mühe, möglichst flach zu atmen, doch die anderen Mädchen hechelten, als könnten sie sich abkühlen, indem sie besonders viel Luft in ihre Lunge pumpten. Da diese Luft heiß war, erschien das nicht besonders logisch. Wenigstens würden sie, so wie sie schwitzten, nicht so bald wieder auf die Toilette müssen.
    Carmela wartete, so lange sie konnte, weil sie keine Ahnung hatte, wie weit sie noch fahren würden, doch schließlich hielt sie den Durst nicht mehr aus und zog die kleine Wasserflasche aus ihrer Leinentasche. »Ich habe noch Wasser«, sagte sie. »Es ist nicht viel, wir müssen gerecht teilen.« Sie sah allen nacheinander in die Augen. »Wenn eine von euch mehr als einen Schluck nimmt, bevor sie die Flasche weitergibt, kriegt sie eine geknallt. Also nur einen kleinen Schluck.«
    Unter ihrem grimmigen, finsteren Blick nahm jedes der Mädchen gehorsam einen kleinen Schluck und reichte anschließend die Flasche weiter. Irgendwie hatte Carmela dadurch, dass sie das Austreten organisiert hatte, die Rolle der Anführerin übernommen, und obwohl sie nicht besonders groß war,
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