Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan 14 - Monolith 04 - Der Silbermann

Atlan 14 - Monolith 04 - Der Silbermann

Titel: Atlan 14 - Monolith 04 - Der Silbermann
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
nichts , hatte er geantwortet.
    Niemand kann an nichts denken , hatte sein Onkel daraufhin geantwortet.
    Das hatte ihn verblüfft und zum Nachdenken gebracht. Schließlich hatte er seinem Onkel recht geben müssen.
    Niemand konnte bewusst nichts denken.
    Auch jetzt nicht.
    Verdammt! , dachte er wütend. Nichts, nicht, nicht, nichts! Das Gedankenkarussell drehte sich immer schneller. Verzweifelt versuchte er, gegenzusteuern. Wahllos setzten sich in seinem Denken frühere Episoden zusammen und vermischten sich mit Geschichten, von denen er gelesen, die er in einem Trivideo gesehen oder aus Erzählungen anderer aufgeschnappt hatte. Angst beherrschte mehr und mehr sein Denken.
    Man kann vor allem davonlaufen, aber nicht vor seinen eigenen Gedanken! Irgendjemand hatte ihm dies einmal gesagt.
    Verflucht! Was, wenn dieser Zustand nie mehr enden wollte? Was, wenn er dazu verdammt war, ewig im Nichts zu schweben, alleine mit seinen Gedanken, respektive reduziert auf seine Gedanken!
    Was würde in diesem Fall geschehen? Würde er mit der Zeit einfach verrückt werden? Sich dem Irrsinn hingeben, weil ein Geist es nicht ertragen konnte, ewig zu denken?
    Im realen Leben gab es den wunderbaren Mechanismus des Schlafens. Der Geist spannte für ein Weilchen aus und bot dem Unterbewusstsein die Gelegenheit, den ganzen Müll zu sortieren und abzutragen, der sich während der Wachphase angehäuft hatte.
    Wenn er tatsächlich in dieser endlosen Gedankenschlange gefangen war, dann würde ihm dieses wohltuende Auf-Null-Stellen nicht gegönnt sein. Nie mehr.
    Hatten diese unsäglichen Proklamierer einer unsterblichen Seele am Ende gar recht? Existierte dieses höhere, sphärenhafte Ich? Und wie stand es mit dem Ort, vor dem die selbsternannten religiösen Obrigkeiten stets gewarnt hatten; die ewige Verdammnis ? Handelte es sich dabei um diesen Ort, und war er demzufolge nichts anderes als ein Verdammter, der für seine Sünden büßen musste?
    Die Hölle … Definierte sie sich nicht durch das Feuer, sondern durch das Gegenteil aller Elemente: die vollkommene Leere? Das Nichts?
    Nein! , schrie er in Gedanken. Ich muss mir selbst treu bleiben! Ich darf mich nicht in eine Sackgasse manövrieren, aus der ich nicht wieder hinausfinde, ohne meiner Seele – meinem Geist! – Schaden zuzufügen.
    Er musste sich auf etwas anderes konzentrieren. Etwas Schönes, Situationsneutrales.
    Die Umrisse eines Frauenkörpers schälten sich aus dem Dunkel. Sie waren nicht übertrieben weiblich, sondern – wie er fand – genau richtig. Groß, schlank, langbeinig, das fingerlange blonde Haar leicht gewellt. Wunderbar kontrastierend dazu der eher dunkle Teint und die strahlend schönen, grün-braunen Augen.
    Sie sah ihn besorgt an.
    Er hatte ihr nie gesagt, wie gut dieser Blick ihm getan hatte, wie dankbar er ihr stets gewesen war. Nicht Mitleid hatte in ihren wunderbaren Augen gestanden, sondern ehrliche Anteilnahme. Und manchmal – doch in diesem Punkt konnte er sich auch täuschen – manchmal sogar noch ein wenig mehr.
    Naileth , dachte er. Weshalb bist du nicht bei mir? Das finale Nichts würde in deinem Beisein einen Großteil seines Schreckens verlieren.
    Er stutzte. Etwas hatte sich verändert.
    Eine Ahnung entstand, breitete sich aus, nahm Gestalt an. Seine Gestalt! Langsam schien er zurückzukehren in die Körperlichkeit.
    Es tat gut, sich wieder dort zu fühlen, wohin er gehörte – in seinen Kopf, in den Bauch, in die Hände und Füße. Gleichzeitig spürte er, wie Schmerz und Qual seinen Körper malträtierten. Der kalte und lähmende Einfluss war zurückgekehrt, wollte sich an seiner Lebensenergie laben und ihn töten.
    Er stöhnte.
    In einer entsetzlich langen und mühevollen Bewegung drehte er seinen Kopf und warf einen Blick auf das Chronometer an seinem Handgelenk.
    Die Anzeige schien am 24. April 3112 um 21:16 Uhr eingefroren zu sein. Wie dies möglich sein konnte, entzog sich seinen Kenntnissen. Ein Chronometer hörte nicht »einfach so« auf zu laufen. Entweder fehlte es ihm an Energie, oder ein irgendwie gearteter Einfluss von außen hatte das empfindliche Innenleben in Mitleidenschaft gezogen. Doch in diesen Fällen würde sich das Gerät entweder völlig ausschalten, oder Fehlermeldungen generieren. In diesem Fall traf weder das eine noch das andere zu. Das verdammte Chronometer lief einfach nicht weiter.
    Etwas traf ihn mit unvergleichlicher Wucht. Wie ein Spielball wurde er fortgeschleudert. Wenigstens nahm er dies so an. Ihm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher