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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg
Autoren: Martin Mucha
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Ritter angekommen. Jetzt kam der bitterste Teil des Tages. Ich musste Bender anrufen. Ich probierte es bei ihm zu Hause, aber die Haushälterin sagte mir, dass er schon unten in Simmering wäre. Dort probierte ich es auch, und nachdem irgendeine kleine Nummer abgenommen hatte, sprach ich mit Bender.
    »Hallo, Kleiner, was gibt’s? Willst dich bedanken, weil ich die Kavallerie vorbeigeschickt habe?«
    »Auch. Aber vor allem, weil es schiefgegangen ist.«
    »Was, ist die kleine Ratte hinüber? Warum ruft Fred nicht persönlich an, um das zu sagen? Er weiß genau, ich will den kleinen Wichser selber in die Mangel nehmen. Der hat mein ganzes Geschäft sabotiert.«
    »Nein, das ist es nicht. Berti lebt noch, er ist abgehauen. Aber Fred nicht. Er ist tot.«
    Stille, ein leises Atmen und darauf folgend ein Greisenräuspern. »Was sagst du?«
    »Fred ist tot. Ich war zu naiv und hätte nicht gedacht, dass Berti auf Fred schießt. Ich glaube, Fred dachte das auch nicht.«
    »Ich hab ihm immer gesagt, dass das Denken nicht seine besondere Stärke ist. Weißt du, hunderttausend Mal hab ich ihm das gesagt. Denk nicht, schieß.«
    »Ja, aber Berti hatte die Kleine vor sich, Fred wollte da nichts riskieren.«
    »Ah so.«
    Wieder herrschte Stille. Es war nur ein Moment, aber die Stille dauerte ewig. Sie trennte uns wie ein Ozean, der doch auch irgendwie verbindet.
    »Na, wenigstens hat er bei seinem Abgang keinen Blödsinn gemacht und einen Unschuldigen verletzt.«
    Ich antwortete nicht. Die Tränen waren der Greisenstimme anzumerken.
    »Lang gedauert?«
    »Nein, Herzschuss.«
    »Wo kann ich ihn abholen?«
    »Weiß nicht, musst du die Polizei anrufen. Oder soll ich das für dich erledigen?«
    »Lass nur, Kleiner. Das mach ich schon selbst. Bin ich ihm schuldig.«
    Wir schwiegen uns noch ein wenig an, dann legte Bender auf. Ich steckte das Telefon in die Tasche und ging ins Ritter hinein. Es war wie immer recht voll und laut. Die Luft war tabakdick und sauerstoffdünn. So wie es sein muss.
     

XII
    Das Ritter bildet, wie viele Kaffeehäuser seiner Art, einen rechten Winkel. An schönen Tagen malt der Sonnenschein durch die fast raumhohen Fenster verträumte Muster in den Rauch. Heute war davon nichts zu sehen. Die Einrichtung ist gut eingesessen, aber noch nicht verbraucht. Nicht mehr jedenfalls, als sie es sein sollte. Einem unbekannten kosmischen Gesetz folgend, kaufen Cafés ihr Mobiliar grundsätzlich angewohnt.
    Mila saß in einer der Fensternischen, die auf die Schadekgasse hinausblicken. Vor ihr stand ein silberglänzender Untersatz mit einem kleinen Gösser. Die Flasche und das dazugehörende Glas waren leer, der Aschenbecher voll. Sie blätterte mäßig interessiert in einer der aufliegenden Illustrierten. Ich ging hinüber und setzte mich ihr vis-à-vis hin. Sie ließ das Magazin sinken. »Und, alles leiwand?«
    »Ja.«
    »Der Fetzen?«
    Ich hob meine Ledertasche und klopfte drauf. Sie nickte. Dann stand der Kellner neben uns. Sein unsteter Blick verriet, dass er nicht mehr ganz der Nüchternste war. Die Bedienung im Ritter ist entweder langsam oder betrunken. Zu späterer Stunde beides. Ich orderte einen großen Mokka und Mila noch ein kleines Gösser. Als der Ober verschwunden war, nahmen wir die Unterhaltung wieder auf.
    »Was ist der Plan?«
    »Heute Abend halte ich einen Vortrag. Der Käufer wird auch dort sein und wir werden in bester James-Bond-Manier eine Übergabe versuchen.«
    »Was, wenn’s schiefgeht?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Werden wir dann sehen.«
    »Kein Plan B?«
    »Nur wenn’s was bringt, einen zu haben. Wenn heute Abend irgendwas schiefgeht, dann etwas aus der Kategorie völlig unerwartet. Da hilft mir auch kein B-Plan weiter.«
    »Wer ist der Käufer?«
    »Ein sehr seriöser, gut betuchter Sammler. Von dem haben wir nichts zu befürchten. Er ist brav wie ein Lamm. Ein mit Euroscheinen gestopftes.«
    »Und dann?«
    »Sind wir reich. Wir teilen die Marie und jeder geht seiner Wege.«
    Während sie nachdachte, kaute sie wieder auf ihrer Unterlippe herum. Der Kellner brachte unsere Bestellung und ich trank vom heißen Kaffee. Mila schenkte sich ein.
    »Willst mich loswerden?«
    »Nein, ich kann mir nur nicht vorstellen, dass wir zwei auf die Dauer miteinander glücklich werden. Eine freundschaftliche Trennung scheint mir bei unserer gemeinsamen Vorgeschichte ebenfalls unwahrscheinlich. Die Versuchung, dem anderen eins auszuwischen, wäre zu groß. Warum nicht einfach in Freundschaft
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