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Arminius

Arminius

Titel: Arminius
Autoren: Sebastian Fleming
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große Feldherr braucht Legionen, nur um sich einer einzelnen, dazu noch wehrlosen Frau zu nähern?«
    Germanicus verzog keine Miene, sondern starrte nur auf ihren Bauch. »Glück für das Kind, dass es in römischen Verhältnissen aufwachsen wird, Pech allerdings, dass es als Waise zur Welt kommen wird.«
    »Wo ist Lenia?«, fragte sie hart, bemüht, ihre Angst um das Kind zu verbergen. Segestes grinste, als amüsiere ihn ein trefflicher Scherz. »Bei ihrem Vater, hoffe ich.«
    »Bei Arminius?«
    »Was meinst du, was dein lieber Mann unternehmen wird, wenn er erfährt, dass ich euch entführt habe.« Segestes genoss das Wort ›entführt‹. Jetzt begriff sie: Die Schande, dass Arminius in seinen Augen seine Tochter geraubt hatte, endete für den harten alten Mann mit dem heutigen Tag, da er sie zurückholte. Er schien ihre Gedanken zu lesen. »Er wird mit ein paar Reitern hier herkommen, um dich zu befreien und mich endlich zu töten. Denn jetzt bin ich zu weit gegangen. Was er nicht weiß, ist, dass sich Germanicus Legionäre im Wald versteckt halten. Und wenn er es bemerkt, wird es bereits zu spät sein.«
    »Ich freue mich auf das Wiedersehen mit meinem Bruder, Julius Cäsar Arminius«, sagte der Germanicus mit unangebrachter Liebenswürdigkeit, »nach all den Jahren, in denen er mich nicht besucht hat, was gewiss nicht recht von ihm war.«
    Eine Falle, dachte Elda, eine dämonische Falle.

    Rasend vor Wut sprengte Arminius seinem Gefolge voran. Dafür würde Segestes bezahlen – niemand würde ihn mehr davon abhalten können, Rache zu nehmen! Doch sein Zorn legte sein Denken nicht lahm, und er fragte sich, weshalb Segestes das Verbrechen gewagt hatte. Er mochte ein Verräter sein, aber er war nicht dumm. Ohne Rückendeckung würde er sich nicht mit ihm anlegen. Und wer konnte ihm gegen den König der Krieger Schutz gewähren, zumal er aus germanischer Sicht frevelte? Nur einer – Germanicus! Arminius riss so heftig an den Zügeln, dass sein Rappe fast ins Straucheln kam und seine Gefolgschaft erst einmal an ihm vorbeizog, bevor die Pferde zum Stehen kamen und seine Krieger ihn verdutzt umringten.
    »Das Ganze riecht nach einer Falle!«, rief Arminius. Er suchte ein paar seiner besten Leute aus, die Weg und Gelände erkunden sollten, dann stellte er Wachen auf und beschloss zu warten. Ausharren, wo man angreifen wollte, Geduld zeigen, wo jeder Gedanke nach der Tat verlangte. Auch wenn es Arminius wie eine Ewigkeit vorkam, dauerte es in Wirklichkeit nur kurze Zeit, bis seine Späher zurückkehrten. Sie berichteten ihm, dass sich überall im Wald Legionäre versteckt hielten. Überdies standen nicht weit von Segestes’ Burg die Legionen und die Einheiten der Reiterei kampfbereit und erwarteten sie.
    Arminius spuckte aus. »Da können sie lange warten.« Dann ritt er mit seiner Gefolgschaft davon. Der Feind hatte seine schwangere Frau in seiner Gewalt, und sein Entschluss stand fest: Er würde die Römer auf ihrem Rückweg stellen, aber dort, wo er es wollte, und nicht, wo Germanicus es wünschte. Es sollten quälend lange Monate ins Land gehen, in denen er die Züge des Römers geduldig mit ansehen musste. Dann war es endlich soweit.
    Obwohl der Mittag anbrach, wollte der Dunst in der feuchten Talsenke nicht weichen. Die Nässe dampfte. Mit zweihundert Reitern ritt Arminius dem Feind entgegen. Wie er es vorausgesehen hatte, erteilte Germanicus, der die Entscheidungsschlacht herbeisehnte, seiner Reiterei den Befehl zum Angriff. Die Fußsoldaten bildeten ihre Schildkröten.
    Arminius konnte nicht wissen, dass Tiberius seinem Adoptivsohn dringend von der Fortführung des Krieges abgeraten hatte, weil die Verluste die Vorteile nicht ausglichen, nicht einmal dann, wenn die Römer siegen würden.
    Als Arminius die Gesichter der angreifenden Reiter schon erkennen konnte, wandte er sich scheinbar zur Flucht. Siegesgewiss verfolgten ihn die Römer. Dann hielt Arminius plötzlich an, wendete und griff die Feinde nun von vorn an. Von allen Seiten fielen die Germanen über sie her und vernichteten alle bis auf ein paar Reiter, die entkommen konnten. Dann stürmten die Leute des Arminius gegen die Legionen an.
    Doch bald erkannte dieser, dass es mehr als fraglich war, ob er Germanicus hier besiegen konnte. Ohne Zweifel würde die Schlacht auch zu viele Kämpfer das Leben kosten, und er durfte seine Streitmacht nicht aufs Spiel setzen. Er war ja nicht nur Ehemann und Vater, sondern auch Feldherr und der König der Krieger.
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