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Arminius

Arminius

Titel: Arminius
Autoren: Sebastian Fleming
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Also gab er schweren Herzens das Zeichen zum Rückzug. Er hatte den Römern hohe Verluste beigebracht, sie aber nicht endgültig besiegt.
    Es gelang ihm auch nicht, Elda zu befreien. Nur die Burg des Segestes, der im Schutz der Römer über den Rhenus gezogen war, brannten er und seine Leute in blinder Wut nieder.
    Den ganzen Winter über gönnte sich Arminius wenig Schlaf und arbeitete verbissen daran, sein Heer zu vergrößern und seine Soldaten auszubilden und zu schulen. Wilde Stammeskrieger verwandelte er durch tägliche Waffenübung in eine Streitmacht, in der sich römische Fähigkeiten mit germanischen mischten. Mit Geld, Spitzeln und über seine Verbindungen versuchte er verzweifelt, Kontakt mit Elda aufzunehmen, die in der Stadt der Ubier festgehalten wurde, und einen Weg zu ihrer Befreiung zu finden. Aber alles Geld und alle Spitzel versagten, Elda wurde bewacht wie eine Staatsgefangene.
    Wenigstens hatte er seine Tochter immer bei sich. Jede freie Minute nutzte er, um sie in Latein und Griechisch, im Reiten und im Fechten zu unterrichten. Er wusste nicht, wie lange er leben würde, doch er wollte ihr so viel mitgeben, wie er nur konnte. Sollte es jemand wagen, sie als seine Erbin infrage zu stellen, würde er ihn eigenhändig erschlagen!
    Auch Elda suchte nach Wegen, ihr ungeborenes Kind und sich selbst aus der römischen Gefangenschaft zu befreien. Sie war zwar bereit, ihr Leben hinzugeben, damit ihr Kind zu Arminius kam. Doch nur Feinde umgaben sie. Zuweilen fühlte sie sich so verzweifelt, dass sie statt an Flucht daran dachte, wie sie sich selbst und damit auch ihrem Kind den Tod geben konnte. Doch dann riet ihr eine innere Stimme abzuwarten. Ihre Chance würde kommen. So schwankte sie lange zwischen Hoffnung und Niedergeschlagenheit. Und niemand war da, mit dem sie hätte reden können.
    Eines Tages wechselte der Prätorianeroffizier, der für ihre Bewachung zuständig war. Der neue Kerkermeister stellte sich vor. Sein Schopf leuchtete blond, er trug eine Klappe über dem linken Auge, das er verloren hatte, und irgendwie kam er ihr bekannt vor.
    »Wie heißt du?«, fragte sie nachdenklich.
    »Flavus.«
    »Kenne ich dich? Du scheinst germanischer Abstammung zu sein.«
    »Wer kann schon sagen, dass er jemanden kennt«, winkte der Mann ab.
    Weshalb sollte sie über einen Verräter nachdenken, über einen Lumpen, wie ihr Vater einer war. Elda wandte sich unwillig ab, verlor dabei das Gleichgewicht und wäre gefallen, wenn der römische Offizier sie nicht geistesgegenwärtig aufgefangen hätte.
    »Sei doch vorsichtig, du trägst meinen Neffen im Bauch!«
    Jetzt erinnerte sie sich. Mit einem Mal wusste sie, wer vor ihr stand, und Hoffnung stieg in ihr auf. »Germir?«, fragte sie zögernd.
    »Das war ich einmal.«
    »Und wer bist du jetzt?«
    »Der Prätorianeroberst Flavus. Weißt du, ich hatte ein sehr schönes Leben in Rom, in dieser wunderbaren Stadt.«
    Elda wollte etwas einwenden, doch er hob die Hand. »Sag nichts, du kennst die Stadt nicht. Ich hatte es sogar zum Chef der germanischen Leibwache des Kaisers gebracht. Aber mein Brüderchen musste ja dann den Varus verhauen. Aus Angst vor unserer Treulosigkeit löste Augustus die Truppe auf, verteilte die Männer im ganzen Reich, und ich wurde nach Germanien geschickt.«
    Elda sah den Zorn in seinen Augen, und die Hoffnung, die sie für einen kurzen, unendlich kostbaren Moment gehegt hatte, zerfiel. Dennoch, er war sein Bruder, vielleicht lebte unter der Wut noch ein Fünkchen Liebe zu Arminius. Sie durfte auch eine noch so kleine Chance nicht vertun.
    »Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts widerfährt, aber zur Flucht verhelfe ich dir nicht!«, sagte Flavus bestimmt.
    Ihre Klugheit riet ihr, ihr Ziel nicht geradewegs anzugehen, sondern sich Zeit zu lassen. Ihre gemeinsame Kindheit musste in ihm zurückkehren, die Liebe zu seinen Eltern in seinem Herzen wachsen. Erst dann konnte es ihr vielleicht gelingen, ihn auf ihre Seite zu ziehen.

    Seit Stunden tobte die Schlacht. Diesmal musste die Entscheidung fallen, denn Germanicus lief die Zeit davon. Tiberius hatte ihm befohlen, den Krieg einzustellen und nach Rom zurückzukehren. Dort erwarte ihn, so ließ ihn der Kaiser wissen, wegen seiner Siege im Barbarenland der Triumphzug und das Konsulat. Schlau wie immer, dachte Germanicus, Tiberius erzählt den Römern, dass ich die Barbaren besiegt hätte. Und die Ehrungen sollen Rom und mich darüber hinwegtrösten, dass ich Arminius immer noch nicht
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