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Arcanum – Das Geheimnis

Arcanum – Das Geheimnis

Titel: Arcanum – Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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und Liebesbeziehungen, die er bei anderen neidvoll beobachtete, nur allzu oft ebenfalls in drogenartigen Abhängigkeiten endeten.
    Als er dann seinen ersten Bandscheibenvorfall im Alter von zwanzig Jahren erlitt -eine Folge seiner schlechten Haltung, die ein Spiegelbild der Verspannungen seiner Seele war- wurde er für kurze Zeit an den Rollstuhl gefesselt. Die Erfahrung, behindert und vollkommen abhängig von Menschen zu sein, die ihm mit Fürsorge und Geduld begegneten, stürzte seine emotionsfeindliche Welt in ein neues Chaos. Dennoch öffnete sich dadurch eine Türe für ihn. Er lernte Carolin kennen. Sie war Krankengymnastin und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das Unmögliche zu wagen:
    Zum einen ihn wieder gehen zu lehren und, was viel schwieriger war, ihm ein positives Lebensgefühl zu vermitteln.
    Sie schaffte das Wunder und ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung heirateten sie. Nach achtzehn Jahren Ehe kam die letzte der vier Töchter, Klara, zur Welt.
    Das Leben hatte es schlussendlich gut mit ihm gemeint. Er war in seinem Beruf erfolgreich und hatte alles erreicht, was in der Gesellschaft als erstrebenswert galt, und er glaubte, glücklich zu sein.
    Bis zu diesem Moment. War er auf der Suche nach etwas gewesen, das er noch nicht gefunden hatte?
    Midlife-Crisis! Was sollte es sonst sein. Alles passte. Er war 45 Jahre alt und das geworden, was er in der Arroganz seiner Jugend immer abgelehnt hatte: angepasst. Establishment.
    Doch diese Erklärung griff zu kurz. Es war eher so, als hätte etwas eine Saite in ihm angeschlagen, die immer da gewesen, deren Klang ihm aber fremd war.
    Er berührte ehrfürchtig das goldene Relief, von dem eine Magie ausging, die wie ein schleichendes Gift seine Wirkung in ihm zu entfalten begann. Er zeichnete mit den Fingern behutsam die geheimnisvollen Zeichen nach.
    Christopher schüttelte das Unbehagen ab. Was war nur in ihn gefahren?
    Er musste seiner Frau Bescheid geben, dass es später würde.
    Sollte er sie einweihen? Als sie sich am Telefon meldete, log er, dass er noch Schreibkram erledigen müsse. Carolin gab schließlich nach.
    Warum hatte er gelogen? Durfte sie nicht wissen, was er tat? Er betrog sie nicht mit einer anderen, also was sollte die Geheimniskrämerei?
    Er war sich nicht im Klaren, ob er zulassen sollte, was mit ihm geschah. Noch konnte er zurück, die goldene Scheibe in seinen Tresor legen, sie vergessen und später dem Stadtarchivar übergeben.
    Seine Frau hatte wenig Verständnis dafür, dass er nach dem Praxisalltag Zeit mit der Identifizierung alter Bilder von irgendwelchen Dachböden verplemperte, und eine goldfarbene Scheibe aus dem Wald würde da keinen Unterschied machen.
    Irgendwie hatte er Angst, sie könnte ihm seinen Plan ausreden, wobei er noch nicht einmal wusste, wie dieser aussah.
    Für ihn gab es einen Unterschied zu allem, was er je vorher in Händen gehalten hatte. Er war aus irgendeinem Grund sicher, dass die Geschichte, die sie erzählen würde, jenseits seiner Vorstellungskraft läge. Sie war ein Kunstwerk von erlesener Schönheit, und sie war aus purem Gold. Christopher war sich sicher, denn das Metall, das nun während der Reinigung mit einem Gemisch aus Wasser und Alkohol zum Vorschein kam, war nicht korrodiert. Er war überwältigt.
    Gold war in höchstem Maße geeignet, Botschaften über Jahrtausende zu bewahren. Das hatte nicht zuletzt die NASA erkannt, die auf den Voyagersatelliten goldene Platten mit einer kurzen Zusammenfassung der Menschheitsgeschichte in Comicform ins Weltall geschickt hatte.
    Für ihn war es eine typisch amerikanische Annahme, Comics seien jene universelle Sprache, in der eine interstellare Verständigung stattfinden müsse.
    War es erstrebenswert mit Außerirdischen Kontakt aufzunehmen, die gerne Comics lasen? Hätte man Christopher gefragt, dann wäre der Zauberberg von Thomas Mann ins All gereist.
    Ihm persönlich wären Spezies sympathisch, die nach intellektuellem Ringen mit einem endlosen deutschen Schachtelsatz eine andere Spezies für ausreichend interessant hielten, um mit ihr Kontakt aufzunehmen.
    Per aspera ad astra war immer seine Devise gewesen, doch die NASA hatte ihn nicht gefragt.
    Er widmete sich wieder konzentriert dem ungewöhnlichen Artefakt, das vor ihm auf dem Arbeitsplatz seines zahntechnischen Labors lag. Nach mehreren Waschgängen, die er durch weiche Bürsten unterstützte, traten die Details zutage. Schon als Herr Wallinger die Scheibe ausgepackt hatte, war ihm das ungewöhnliche

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